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Applebys Arche

Applebys Arche

Titel: Applebys Arche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Innes
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Naturkräfte nicht ganz unbeteiligt; sie hatte guten
Grund, wenn sie sich als Racheengel mit dem Flammenschwert sah. »Die Flammen«,
sagte sie, »sind golden, mit Giftgrün und Zinnoberrot.«
    »Zinnober?« entgegnete Hoppo. »Also das würde ich ja nun nicht
sagen. Für mich ist es vor allem Glutweiß im Mittelpunkt, zum Rand hin gefleckt
in Violett und Blau.«
    »Gold«, erklärte Miss Curricle, »und Giftgrün. Und wenn eine Farbe vorherrscht, dann ist es Zinnoberrot.«
    Diana blickte mit großen runden Augen zurück. »Ungeheuer
eindrucksvoll ist das. Genau wie – genau wie ein großes Buschfeuer zu Hause.«
Sie stieß einen Seufzer aus, plötzlich genauso vom Heimweh gepackt wie Miss
Busst. »Ich habe ja überhaupt nicht gewußt, wie schön der Yarra ist oder der
alte Murray mit seinem trüben Wasser, bevor ich das Meer gesehen habe, so
unfreundlich und so gräßlich langweilig.«
    Sanft hob und senkte die Barkasse sich auf den Wellen. Die Sonne
stand am Himmel. Nun wo sich alle im gnadenlosen Licht des Tages sahen, setzte
ein großes Pudern und Kämmen in der Kajüte ein. Das Feuer wütete nach wie vor,
und eine mächtige Säule aus schwarzem Qualm stand darüber; massiv, aufrecht,
verjüngte sie sich nach oben zu einem schmalen Kapitell wie die letzte
stehengebliebene Säule eines gigantischen dorischen Tempels, der ein Raub der
Flammen wird.
    Auch an Bord roch es verbrannt; Mr.   Rumsby kam aus der Kabine, noch
von seinem Abenteuer als Meisterbrandstifter angesengt.
    Er kam nach achtern und starrte lange hinaus zu dem Leichentuch, das
über dem zerstörten Depot hing, über den Wracks der so kunstvoll konstruierten
Schiffe, den Seeleuten, die ihr Leben gelassen hatten. Dann drehte er sich um,
und die Mühe des Nachdenkens stand ihm ins Gesicht geschrieben. »Hören Sie«,
sagte er, »ich habe eine Dose Sardinen gefunden. Meinen Sie, wir können die zum
Frühstück essen? Oder« – sein Blick wanderte finster zurück zum Ufer – »oder
besser nicht?« Keiner antwortete. Er schüttelte den Kopf – traurig, als
bekümmere ihn tief im Inneren die eigene maßlose Dummheit – und schlurfte
davon. Allmählich wurde es warm auf Deck; Sir Mervyn Poulish sprang mutig über
Bord und badete; Mudge improvisierte ein Sonnensegel. Die Sonne stieg
unaufhaltsam.
    Es war Mittag. Die Insel war nun hinter dem Horizont verschwunden,
und Flammen waren keine mehr zu sehen. Nur die große Rauchsäule stieg immer
weiter in die Höhe und verzweigte und verästelte sich wie ein aufblühender
Baum. Zwei Mahlzeiten aus Schiffszwieback und Wasser waren ausgegeben worden;
jemand hatte das Grammophon angeworfen und Miss Curricle hatte darauf
bestanden, daß es wieder verstummte; allen war zu Bewußtsein gekommen, daß auf
dieser Barkasse entschieden zu viele Leute waren. Unbequemlichkeit drohte – und
mit der Unbequemlichkeit der Streit. Appleby blickte hinaus zu der mächtigen,
nun an den Rändern zerfließenden Säule. Nach wie vor war sie ein wunderbares
Signal. Aber Stunden waren vergangen, ohne daß – Diana rief etwas, Leute
zeigten mit dem Finger, liefen an die Reling. Etwas war am Horizont
aufgetaucht, eine Feder, eine winzige Rauchwolke; sie wurde größer, nach und
nach nahm darunter eine Form Gestalt an; es war ein Schiff. Ein flaches, graues
Schiff – und es hielt in vollem Tempo, neugierig, auf die Insel zu, bahnte sich
seinen Weg zwischen zwei Schaumwällen, die in der Sonne glitzerten. Wenn es den
Kurs hielt, mußte es in Rufweite vorbeikommen; es war keine zwei Meilen mehr
entfernt, und gewiß hatte jemand an Bord sie mit einem Feldstecher bereits
erspäht. Juchzer wurden laut, und George erhob sich und wedelte mit dem
Schwanz.
    »Ein Zerstörer«, sagte Glover; »kann jemand die Flagge erkennen?«
    »Die Flagge ist ein White Ensign.«
    »Eine britische Kriegsflagge? Ich habe eher das Gefühl, es ist ein
Sternenbanner.«
    »Die Flagge ist ein White Ensign.«
    Diana tätschelte George. »Na jedenfalls ist es ein Zerstörer«, sagte
sie. »Das ist doch knorke.«
    Und Appleby seufzte.

Nachwort
    Als der junge Anglist und Literaturwissenschaftler John Innes
Mackintosh Stewart (1906   –   1994) mit dreißig Jahren einen Ruf an die University
of Adelaide erhielt, hatte die lange Seereise von Liverpool nach Australien
ungeahnte Folgen für seine Karriere, die sich sozusagen spaltete: Stewart
nutzte die erzwungene Muße einer damaligen interkontinentalen Reise, um seinen
ersten Detektivroman zu schreiben. Held ist

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