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Aprilgewitter

Titel: Aprilgewitter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lorentz Iny
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Gespött der Leute! Als Vizedirektor des Bankhauses Grünfelder konnte er sich keine Frau erlauben, die den ihrem Geschlecht auferlegten Regeln Hohn sprach und die für andere Leute arbeitete.
    Noch immer schlecht gelaunt erreichte Fridolin die repräsentable Villa des Bankiers in der Rankestraße, bezahlte den Droschkenkutscher und schlug den Türklopfer an. Sofort öffnete ihm ein Diener. Ein weiterer nahm ihm Zylinder und Gehstock ab und ein dritter bat ihn, ihm zu folgen.
    Dies war ein Leben, wie Fridolin es sich erträumte. Auch wenn August Grünfelder nicht zum Adel zählte, konnte er sich einen Herrn aus besten Kreisen nennen. Und es würde der Tag kommen, an dem König Wilhelm, der deutsche Kaiser, seine Unterschrift unter das Adelsprädikat setzen würde, welches dem bürgerlichen Herrn Grünfelder das so heiß ersehnte »von« im Namen verlieh.
    Anders als früher empörte Fridolin sich nicht mehr darüber, dass das Geld der Bankiers und Industriebarone in vieler Hinsicht mehr zählte als die Abkunft aus einem adeligen Haus. Immerhin sah er sich nun selbst auf einer Stufe, die ihn ohne Neid auf den Reichtum anderer blicken ließ. Mit diesem Gefühl trat er in den mit prachtvollen Sofas ausgestatteten Empfangssalon, wo sich bereits etliche Gäste versammelt hatten.
    August Grünfelder sprach gerade mit einem schneidigen Offizier, entschuldigte sich aber, als er Fridolin sah, und trat auf diesen zu. »Herzlich willkommen, Herr von Trettin! Ich freue mich, dass Sie meiner Einladung gefolgt sind.«
    »Aber das war doch selbstverständlich.« Fridolin deutete eine Verbeugung an, doch da streckte der Bankier ihm die Hand entgegen. Geschmeichelt ergriff er sie und sah sich dann der Dame des Hauses gegenüber.
    Juliane Grünfelder war eine kleine, übergewichtige Frau um die sechzig und, was keiner wissen durfte, drei Jahre älter als ihr Ehemann, der den Grundstein zu seinem Bankhaus mit ihrem Vermögen gelegt hatte. Das war ganz in ihrem Sinne gewesen, denn sie ging in der Rolle einer angesehenen Bankiersgattin völlig auf. Damit waren fast alle ihre Träume Wirklichkeit geworden, und mit Fridolin von Trettin als Schwiegersohn hoffte sie sich noch den letzten verbliebenen Wunsch erfüllen zu können.
    Sie schenkte ihm ein freundliches Lächeln und reichte ihm die Hand, die er mit Nonchalance küsste. »Ich freue mich sehr, Sie zu sehen, Herr von Trettin. Meine Wilhelmine hat schon den ganzen Tag gebangt, ob Sie kommen würden.« Juliane Grünfelder streifte ihre Tochter mit einem stolzen Blick.
    Fridolin hielt Wilhelmine Grünfelder für ein eher blasses Geschöpf, das zudem die stämmige Figur von Vater und Mutter geerbt hatte. Ihr Gesicht war rundlich, die Augen blau und ihr Haar von einem Farbton, den Emil Dohnke, sein nächster Untergebener in der Bank, einmal spöttisch als mausgrau bezeichnet hatte. Emil Dohnke zählte im Übrigen nicht zu den Eingeladenen, die sich im Wesentlichen aus Geschäftsfreunden des Bankiers und Offizieren zusammensetzten, darunter auch zwei, die bereit waren, ihrem Familienstammbaum eine Wilhelmine Grünfelder zuzumuten, um sich mit deren Geld ein gutes Leben machen zu können.
    Fridolin bedachte diese Herren mit einem leicht spöttischen Kopfnicken. Dabei vergaß er ganz, dass er vor wenigen Jahren wohl ebenso eifrig um die junge Dame geworben hätte, weil sie August Grünfelders gesamtes Vermögen erben würde.
    Nun kam Wilhelmine auf ihn zu und senkte schamhaft den Blick. »Herr von Trettin, welche Freude, Sie zu sehen.«
    Fridolin überlegte, ob die Grünfelders diesen Satz vorher abgesprochen hatten, verbeugte sich jedoch galant vor der jungen Dame und küsste ihr die Hand. »Die Freude ist ganz meinerseits, gnädiges Fräulein.«
    »Oh, tatsächlich?« Wilhelmine wurde rot.
    Während Fridolin das kaum wahrnahm, traten zwei Herren in schmucken Uniformen unruhig von einem Fuß auf den anderen. Zwar wussten sie, dass der junge Mann verheiratet war, hielten ihn aber dennoch für einen Störenfried. Er sah zu gut aus, um ohne Wirkung auf ein Mädchenherz zu bleiben, und er hatte ein weltmännisches Auftreten, gegen das sie mit all ihrer militärischen Zackigkeit nicht ankamen.
    »Hallo, Trettin! Sehe, Sie sind auch heute solo. Wollte Ihre Gattin nicht mitkommen?« Diesen Stich konnte Rittmeister von Campe sich nicht verkneifen. Zudem wollte er Wilhelmine Grünfelder daran erinnern, dass Fridolin ein verheirateter Mann war, für den sie höchstens ein kurzzeitiges Vergnügen

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