Aprilgewitter
fühlte er sich zeit seines Lebens mehr mit seinem Preußen als dem von Bismarck geschaffenen neuen Reich verbunden. Nichtsdestotrotz regierte er noch neunzehn Jahre, überlebte dabei mehrere Attentate und starb hochbetagt im Jahr 1888.
Ihm folgte sein Sohn Friedrich III . (nach preußischer, nicht nach deutscher Zählung) auf den Thron. Friedrich, im Unterschied zu seinem Vater liberal eingestellt, war jedoch bereits bei seiner Thronbesteigung schwerkrank und starb nach nur drei Monaten seiner Regentschaft als Deutscher Kaiser.
Nun war der Weg frei für Friedrichs Sohn Wilhelm II . Jung, ehrgeizig und mit dem Widerspruch aufgewachsen, von Gott für den Thron bestimmt und gleichzeitig körperbehindert zu sein, setzte er alles daran, mit forschem Auftreten seinen fast unbrauchbaren linken Arm vergessen zu machen. Bereits zu Lebzeiten seines Vaters hatte er im scharfen Gegensatz zu diesem und seiner englischen Mutter Viktoria, der ältesten Tochter Queen Victorias, gestanden und sich durch markige Sprüche das Wohlwollen des Militärs und der Großindustrie gesichert.
War Preußen einige Generationen vorher noch ein verhältnismäßig moderner Staat gewesen, zählte es mittlerweile mit seinem Wahlrecht, das nur wohlhabende Bürger ausüben durften, und seinen Gesetzen zu den Schlusslichtern in Sachen Menschenrechte und Demokratie. Studenten konnten wegen geringer Vergehen der Universität verwiesen und vom Studium ausgeschlossen werden. Ebenso konnten missliebige Untertanen aus politischen Gründen in die Provinz verbannt werden. Preußen wurde immer mehr zum Militärstaat, in der die Uniform alles und der Mensch nichts galt.
Die zweite Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts war auch eine Epoche überkochender politischer Leidenschaften. Immer wieder wurden Attentate verübt, die gegen Politiker und gekrönte Häupter gerichtet waren. Abraham Lincoln fiel in den USA einem Attentäter zum Opfer, Kaiserin Elisabeth von Österreich in Genf. Auch auf Kaiser Wilhelm I. und Bismarck wurden Attentate verübt, die sie jedoch alle überlebten.
Eine besonders perfide Art des Attentats war das mit Hilfe einer »Höllenmaschine«, also ein Sprengstoffattentat, da diesem nicht nur die Zielperson, sondern auch unbeteiligte Passanten zum Opfer fielen. Bei solchen Anschlägen wurden Schiffe versenkt, Eisenbahnen und Brücken gesprengt und Häuser zerstört. Ein Attentat wie das von unseren fiktiven Personen geplante hätte in jener Zeit durchaus stattfinden können.
Auch war Frankreich nach der Niederlage 1871 sehr um Revanche bemüht und tat alles, um die Beziehungen zwischen Deutschland und dem Russischen Reich zu torpedieren. Bismarck gelang es noch, dies zu verhindern, doch als Wilhelm II . an die Macht kam, wandelten sich die Bündnisse in Europa rasch, und drei Jahrzehnte nach den Ereignissen in diesem Roman kam es zur großen europäischen Katastrophe des Ersten Weltkriegs.
Iny und Elmar Lorentz, 2010
Die Personen
Anton:
Türsteher im
Le Plaisir
Benecke, Konrad:
ehemaliger Seemann
Benecke, Mary, geb. Penn:
Besitzerin des Modesalons Penn, Konrad Beneckes Ehefrau
von Bucher:
Staatsanwalt in Berlin
Busz, Inge:
Haushälterin im Palais Retzmann
von Campe, Hasso:
Rittmeister bei den Zweiten Garde-Ulanen
Delaroux, Pierre:
französischer Agent
Dohnke, Emil:
Bankangestellter bei Grünfelder
Fiene:
Dienstmädchen Caroline von Trepkows
Granzow:
Caroline von Trepkows Hauswirtin
Grünfelder, August:
Bankier
Grünfelder, Juliane:
August Grünfelders Ehefrau
Grünfelder, Wilhelmine:
August und Juliane Grünfelders Tochter
Hanna:
Hure im
Le Plaisir
Hilgemann, Gregor:
Student in Berlin
Jean:
Diener bei Lore und Fridolin
Jutta:
Lores Dienstmädchen und Zofe
Kowalczyk, Krysztof:
Wachtmeister bei den Zweiten Garde-Ulanen
Lenka:
Hure im
Le Plaisir
Nele:
Dienstmädchen bei Lore und Fridolin
von Palkow, Heinrich:
Major, Ausbilder an einer Militärakademie
Pfefferkorn, Hede:
Besitzerin des
Le Plaisir
von Retzmann, Nathalia:
Lores jugendliche Freundin
Röttgers, Elsa, gen. Elsie:
Lores früheres Dienstmädchen, Hure im
Le Plaisir
Simmern, Dorothea:
Thomas Simmerns Ehefrau
Simmern, Thomas:
Repräsentant des Norddeutschen Lloyd
von Scholten:
Kommandeur des Zweiten Garde-Ulanen-Regiments
von Stenik, Heilgard:
Dame der Berliner Gesellschaft
Tirassow, Fjodor Michailowitsch:
russischer Fürst und General
von Trepkow, Caroline:
junge Adelige
Frau von Trepkow:
Carolines und Friedrichs Mutter
von Trepkow,
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