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Aprilwetter

Aprilwetter

Titel: Aprilwetter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thommie Bayer
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in einer Universitätsstadt mit chronischem Wohnungsmangel schwierig. Obwohl sie ohne Weiteres zweitausend Mark Miete bezahlen konnten. Aber es musste ein Haus sein. Mit Abstand zu den Nachbarn, weil sie immer nachts Musik machten. Eine Wohnung kam nicht infrage.
    Schließlich fand Benno einen Bungalow aus den Sechzigerjahren in einem Vorort. Die Umgebung war dörflich und bieder. Weiße Häuser, gepflegte Vorgärten mit Stiefmütterchen, Cotoneaster und Rosenbüschen und kein Fenster ohne Gardinen. Christine begleitete ihn zur Besichtigung. Es war nur eine Notlösung. Im Garten stand ein Hasenstall, Bohnenstangen lehnten an einer gelb geklinkerten Pergola, das Haus war als einziges in der ganzen Straße grün gestrichen, die Farbe war so hässlich, dass sie ein sehr günstiges Sonderangebot gewesen sein musste, und in Bad und Dusche klebten PVC-Fliesen an den Wänden.
    »So richtig schön ist das nicht«, sagte Christine.
    Daniel sollte nichts davon wissen. Er war noch immer voller Wut auf Benno und würde sich nicht darauf einlassen, mit ihm umzuziehen. Aber Christine bestärkte Benno in der Hoffnung, Daniel würde diese Wut vergessen, sobald es ihm wieder gut ginge. »Er hört auf mich«, sagte sie, »ich kann ihm erklären, dass du sein Freund bist und alles für ihn tust.«
    Sie hatte recht. Benno tat alles, doch er wusste nicht mehr, wo ihm der Kopf stand, fühlte sich selbst langsam einem Zusammenbruch nahe, aber er konnte jetzt nicht aufgeben. Wenn Daniel wieder fit war, musste er einen Platz haben, an dem sein altes Leben auf ihn wartete. Die Musik, das Studio, seine CD-Sammlung und Benno.
    Christine half ihm. Sie kam jeden Abend nach ihrer Schicht, und sie packten ein, was Benno am Tag ausgeräumt, sortiert und in seine Einzelteile zerlegt hatte. In vier Tagen war alles außer einem Paar Jeans und Wäsche von Benno in Kartons verstaut.
    —
    Er hatte damals zwei Freundinnen, eine in Osnabrück und eine in Landsberg am Lech. Und mit beiden machte er Schluss. Er rief sie an und erklärte, er habe sich verliebt. Eine weinte, und die andere legte wortlos auf. Er glaubte, das mit dem Verliebtsein sei eine Notlüge, zu der er gegriffen hatte, um lange Diskussionen zu umgehen – alles war so durcheinander und so anders als bisher, dass er sich einfach nicht vorstellen konnte, mit irgendjemandem außerhalb dieses Chaos’ zusammen zu sein. Alles drehte sich um Daniel, den Umzug, ihre auf einmal unsichere Zukunft, darum, dass es Benno gelang, ihr Leben zusammenzuhalten oder wieder zusammenzufügen, aber es war keine Lüge. Er dachte immerzu an Christine.
    Und es fühlte sich anders an, als das, was er kannte. Er hätte es nicht beschreiben können, und vielleicht wusste er nicht einmal, dass er es wusste: Was er bisher für Verliebtheit gehalten hatte, war etwas gewesen, das er an- und ausschalten konnte, wie es ihm in den Kram und ins Leben passte, eine Art Freizeitvergnügen, das kitzlige Gefühl der Lust auf einen fremden Körper, Gelegenheit, dieser Lust nachzugehen, ein Stimulans, ein Spiel, bei dem es nicht um alles ging, nur darum, eine Zeit lang zu schweben. Mit alldem hatte das nichts zu tun, was er für Christine empfand: Sehnsucht nach ihr, wenn sie da war.
    Ihr musste das nicht auffallen. Sie kannte Benno nicht anders als schüchtern und zurückhaltend, sie hatte sicher keine Ahnung davon, dass er sich beherrschte, um nicht den Boden abzulecken, auf dem sie gegangen war.
    —
    Es wird allmählich eng und laut, wie immer gegen Mittag, und Benno hat alle Hände voll zu tun damit, einen Kaffee nach dem anderen zu machen, Souad und Valerio erledigen den Rest, bedienen, kassieren, reichen Sandwiches, Wasser, Säfte über die Theke, räumen die Tische ab und wischen sie sauber. Vor einer halben Stunde waren zwei Möbelpacker da und wollten Bier. Das hat er nicht. Sie nahmen murrend einen Cappuccino und einen Grappa.
    Jetzt gerade lassen die beiden draußen vor der Tür ein Möbelstück zu Boden krachen. Einen Moment ist es still, dann bricht Johlen und Applaus los, die Leute drängen sich am Fenster, um den Schaden zu begutachten und einander mit witzigen Kommentaren zu übertrumpfen. Und da steht Christine.
    Sie ist weder hennarot noch strassbestickt noch spießig noch fad, sie ist wie damals, nur nicht mehr Anfang zwanzig sondern Mitte dreißig. Alles an ihr ist klar und deutlich geworden. Und ihr Anblick tut ihm immer noch weh.
    Es ist eine Biedermeierkommode, deren Beine abgebrochen sind, und Christine

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