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Die Bräute des Satans

Die Bräute des Satans

Titel: Die Bräute des Satans Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Klausner
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Komplet
     
    [19:50 h]
     
     
    Worin die Geschehnisse, worüber im Folgenden berichtet werden soll, am Rossweiher zu Maulbronn ihren Anfang nehmen.
     
    »Na los – worauf warten wir noch?«
    Walpurgis umklammerte die Zügel und schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht so recht …«, murmelte sie, während Korbinian, der Zugochse, ein ungehaltenes Schnauben von sich gab. »Und wenn uns jemand sieht?«
    »Du mit deiner ewigen Vorsicht!«, maulte ihre Schwägerin, und bevor Walpurgis sie davon abhalten konnte, sprang Grete vom Kutschbock, zog sich aus und rannte jauchzend auf den Rossweiher zu.
    Walpurgis sah ihr kopfschüttelnd hinterher. So war die Grete eben. Resolut, temperamentvoll und immer für eine Überraschung gut. Einfach zu beneiden. Weniger aufgrund der zwei Zentner, die sie mit sich herumschleppte, sondern wegen ihrer Keckheit. Diesbezüglich konnte man sich eine Scheibe von ihr abschneiden.
    Die Zügel immer noch in der Hand, blickte sich die neunundzwanzigjährige, strohblonde und mit Sommersprossen besprenkelte Magd argwöhnisch um. Daheim auf dem Schafhof würden sie sich bestimmt schon Sorgen machen. Allen voran Amalrich, ihr Mann. Und außerdem war da noch ihr Kleiner. Er musste gebadet, gefüttert und zu Bett gebracht werden und wartete bestimmt sehnsüchtig auf sie. Aber andererseits war da dieses Verlangen, es ihrer Schwägerin gleichzutun, und so ließ sie fünf gerade sein, die Zügel aus der Hand gleiten und Korbinian und den mit Feldsteinen beladenen Karren einfach stehen.
    Die Augen hinter der Brombeerhecke, die jede ihrer Bewegungen verfolgten, sah sie jedoch nicht.
    Es war ein herrlicher Abend, der erste warme Tag in diesem Jahr. Vom Dachreiter der Klosterkirche, deren Umrisse mit der Abenddämmerung verschmolzen, war das Vesperläuten zu hören, und als sei dies ein Zeichen für sie, streifte Walpurgis ihre Kleider ab, rannte ihrer Schwägerin hinterher und tauchte kurz darauf in den mondbeschienenen Rossweiher ein. Ein, zwei Schwimmzüge, und sie hatte die Schinderei auf dem Schafhof, ihren Mann Amalrich und sogar ihr Neugeborenes vergessen. In diesem Moment gab es nur noch sie, den im Mondlicht glänzenden See und das Wohlgefühl, das sie mit Macht durchströmte.
    »Heda, ihr beiden – wartet auf mich!«
    Die Ziegen-Vroni, wie konnte es anders sein. Walpurgis drehte sich auf den Rücken, strampelte mit den Füßen und winkte. »Lust auf ein Bad?«, rief sie zum Ufer hinüber, und Grete ergänzte keck: »Oder hast du etwa Angst?«
    Die brünette Endzwanzigerin mit den üppigen Proportionen lachte unbeschwert auf, band den Ziegenbock, nach dem sie auf der Suche gewesen war, an einen Strauch und entkleidete sich. Ein kurzes Jauchzen, dann tauchte auch sie in die Fluten ein.
    Dass sie beobachtet wurde, wäre auch ihr nicht im Traum eingefallen.
     
    *
     
    Eine Viertelstunde später, im Licht des Vollmondes, der ihre nackte Haut wie ein nimmermüder Buhle liebkoste, kletterten die drei Frauen aus dem See, zogen sich an und verzehrten den Rest von Vronis Proviant. Sie taten dies mit großem Appetit, und nur wenige Augenblicke später war vom Ziegenkäse, der Schwarzbrotrinde und dem Dörrobst nichts mehr übrig.
    An sich wäre es jetzt an der Zeit gewesen, sich auf den Nachhauseweg zu machen. Die drei Frauen, allesamt Bedienstete auf dem Schafhof, dachten allerdings nicht daran. Schuld daran war nicht etwa Pflichtvergessenheit, sondern die Tatsache, dass sie sich viel zu erzählen hatten. Erst als Vroni den Vorschlag machte, zum Abschluss noch ein Tänzchen zu riskieren, begehrte Walpurgis auf. Doch wie immer, wenn sie dies tat, erstickte Grete sämtliche Bedenken im Keim, nahm ihre Hand und zog sie lachend mit sich fort.
    Keine vierundzwanzig Stunden später, als sich der Tag der heiligen Walpurgis, ihrer Namenspatronin, seinem Ende zuneigte, sollte die neunundzwanzigjährige Magd erkennen, dass sie einen unverzeihlichen Fehler gemacht hatte.
    Um ihr Schicksal abzuwenden, kam ihre Erkenntnis jedoch zu spät.

Erster Tag
     
    Siebenundzwanzig Jahre später
    (Sonntag, 14. November 1417)

Terz
     
    [Skriptorium, 9:20 h]
     
     
    Worin Bruder Hilpert , Bibliothekarius zu Maulbronn , mit einem ungewöhnlichen Vorfall konfrontiert wird.
     
    »Bruder Hilpert – auf ein Wort!«
    Nichts Gutes ahnend, ließ der siebenunddreißigjährige Bibliothekarius den Gänsekiel in den Federhalter fallen und legte das Messer, mit dem er ihn hatte schärfen wollen, wieder auf seinen Platz. Dann wandte er

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