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Aprilwetter

Aprilwetter

Titel: Aprilwetter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thommie Bayer
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weiterging. Benno hatte Angst, Daniel könnte deshalb so hartnäckig darauf bestehen, weil die Schraube in seinem Kopf noch locker war, weil er glaubte, den Bühnensound irgendwie abhörsicher machen zu müssen. Aber er sagte nichts Seltsames und tat nichts Unvernünftiges, deshalb gewöhnte sich Benno daran, und sie stellten sich nach und nach auf Daniels Trödelei ein, indem sie eben früher losfuhren.
    Nun, da – bis auf die kleinen Veränderungen in Daniels Verhalten – alles wieder so war wie früher, erfasste Benno erst das Ausmaß der Angst, die er gehabt hatte. Nicht nur um Daniel, nicht nur davor, dass er vielleicht übergeschnappt bliebe, sondern um sein eigenes Leben. Das beste denkbare Leben. Dieser privilegierte Zustand, in dem er tat, was ihm das Liebste war, musizieren, in Musik verschwinden, ein glückliches Irgendwas ohne Konturen in einem größeren Zusammenhang, aufgelöst wie Aspirin in Wasser, und überall willkommen. Sie reisten an, es wartete jemand, der sie mochte, weil sie den Saal vollmachten, der Saal, das Publikum, mochte sie erst recht, weil sie Schönheit, Wärme, Musik austeilten, es fühlte sich wieder so an wie schon die letzten Jahre hindurch: Es würde so weitergehen, sie konnten weiterträumen, mussten nicht aufwachen, noch nicht. Sie wurden geliebt, ohne lieben zu müssen. Und hinterher die weiche Landung in der Hotelbar mit Whisky, Komplimenten, schönen Augen und irgendwann der richtigen Sorte Müdigkeit, die einen das öde Hotelzimmer übersehen oder gar zu schätzen wissen ließ.
    Benno genoss diese kleine Tour mehr als die früheren, weil er begriffen hatte, dass das alles nur geliehen war. Es konnte jeden Tag wieder vorbei sein. Daniel konnte wieder überschnappen.
    —
    Frau Wernke hat ihn nicht versetzt. Alles blitzt und glänzt, wie es soll. Er lässt den Vormittag an sich vorbeiklappern und wartet darauf, dass Christine sich zeigt.
    Ein paar Schlipsdynamiker machen ihm zu viel Lärm. Sie sind jung, vielleicht Wirtschafts- oder Jurastudenten, vielleicht nach einer wichtigen Prüfung, jedenfalls so aufgekratzt und stolz auf sich selbst, dass das ganze Café ihrem Lachgebrüll und Sprüchewettbewerb lauschen muss. Wenn er Musik hier hätte, könnte er sie lauter drehen und hoffen, dass der Jungstierpulk was merkt, aber er hat keine. Hier geht es um Originalgeräusche. Zum Glück ist Souad heute nicht da. Diese Sorte Mann dreht noch mehr auf, wenn sich eine schöne Frau für sie interessieren soll.
    Benno muss sich zusammenreißen, um die Jungs nicht anzubrüllen: »Ja, wir haben’s mitgekriegt. Ihr werdet alle bei Daimler, Bosch und Porsche ins Topmanagement übernommen, ihr werdet Rotarier und Golfer und Poolbesitzer und fahrt einen Cayenne, aber das interessiert hier niemanden.« Das hier ist nicht sein Wohnzimmer. Es ist das Wohnzimmer der Gäste, und diese Adrenalin- und Testosterongeneratoren sind Gäste. Als der Wortführer die dritte Runde Prosecco bestellt und sich über den Qualm im Lokal beklagt, nimmt sich Benno eine Zigarette aus Valerios Packung und zündet sie scheinbar gedankenverloren an, während er die Gläser vollschenkt. Er nickt dem Mann zu und sagt: »Da hilft nur, dagegen anrauchen.« Es fällt ihm schwer, nicht zu husten, aber er schafft es.
    Elsa hat ihn bei dieser kleinen Demonstration beobachtet. Von ihrem Lieblingstisch am Fenster aus schickt sie ihm ein ebenso einvernehmliches wie irritiertes Lächeln herüber. Benno hält die Zigarette so, als hätte er sie nur für sie angezündet, und bietet sie ihr an. Sie kommt und nimmt sie. »BWL«, sagt sie leise, »Schlips von Tchibo, Anzug von H & M, aber glauben, man kommt rüber wie Tom Cruise.«
    Elsa leitet das Wertpapiergeschäft bei der Bank hier um die Ecke, in deren Schließfach Benno allabendlich seine Tageseinnahmen versenkt. Sie würde ihn nicht von der Bettkante stoßen, das hat sie in einem unbeherrschten Moment zwischen Tür und Angel verraten. Aber er sitzt nicht dort. Schon gar nicht jetzt, da Christine wieder hier ist.
    Sie taucht den ganzen Tag nicht auf.
    Aber am Abend hört er ihre Schritte über sich, als er zwei der übrig gebliebenen Tramezzini isst und sich auf einmal fragt, wie er die Zeit bis zum Müdewerden herumkriegen soll. Er hat keine Lust auf die Strat und keine Lust auf Fernsehen, und was anderes ist nicht im Angebot. Er langweilt sich. Den Zustand kannte er nicht bisher. In seinem Kopf läuft eine Endlosschleife von Help Me Make It Through The Night .
    —
    Er blieb

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