Aprilwetter
und legt die Gitarre zur Seite.
»Ja«, sagt Markus.
—
Auf der Wiese, mit Kaffee und Orangensaft vor sich auf dem Tisch, besprechen sie ein paar Vorschläge, die Benno für die Arrangements notiert hat – sie wollen alle ausprobieren und dann gemeinsam darüber entscheiden.
»Ich hab’s ja gesagt, Ihr braucht mich nicht«, wirft Benno ins Gespräch ein.
»Das ist jetzt schon widerlegt«, sagt der sonst so schweigsame William, »die These ist nicht haltbar.«
Meikes Handy klingelt, und sie gibt es nach ein paar Worten an Benno weiter. »Tante Chrissi für dich«, sagt sie, und Benno nimmt das Ding ans Ohr und steht auf.
»Wie ist es?«, fragt Christine.
Einen Moment muss er überlegen, dann sagt er: »Wie der erste Schluck nach einem langen Durst.«
»Ich wäre gern bei dir«, sagt Christine.
»Das bist du.«
Sie schweigt.
»Wenn ich die Augen zumache, seh ich dich. Und wenn ich sie aufhabe, spür ich dich.«
»Das geht mir auch so«, sagt sie leise, »und das mit dem ersten Schluck auch.«
»Wir haben Glück«, sagt Benno.
»Ja«, sagt sie.
—
Bis zum Abend haben sie zwei Songs als Groundtakes eingespielt und finden sich kurz vor zehn aufgeregt und erschöpft zugleich um den Tisch auf der Wiese zusammen, wo Carmen eine riesige Portion Pasta mit Petersilie, Frühlingszwiebeln und frischen Tomaten, Salat, Wein, Säfte und Bier aufgetragen hat. Diesmal hilft ihr eine Schulfreundin, ein blondes Mädchen mit Pferdeschwanz, das vor einer Stunde mit großen Augen in die Regie gekommen war und eine Zeit lang zugehört hatte. Die beiden setzen sich dazu, und es ist eng am Tisch, aber umso lebhafter geht das Gespräch hin und her, denn die Musiker sind aufgekratzt, und die beiden jungen Mädchen genießen den Platz im Mittelpunkt des Interesses erwachsener Männer. Meike ist wie gestern Abend in sich gekehrt, ohne abwesend zu wirken, Carlo ist still wie immer, und Benno spürt langsam die Erschöpfung in sich aufsteigen.
Vielleicht weil er am Vormittag gegenüber Christine das Bild vom ersten Schluck nach langem Durst gebraucht und sich damit selbst auf die Idee gebracht hat, fühlt Benno zum ersten Mal seit über zwei Jahren eine unbändige Lust auf ein Glas Wein, stellt sich vor, wie es wäre, die erste Berührung mit der Flüssigkeit zusammen mit der Säure zuerst auf der Zunge, dann am Gaumen, dann im Hals zu spüren, dann das Ausbreiten der Erleichterung im ganzen Körper, das Ausstrahlen der langsamen Explosion bis in die kleinste Zelle, den letzten Nerv, das Glück, das noch den Schmutz unterm Fingernagel erreicht. Er bleibt beim Wasser. Es wäre zu riskant. Muss auch so gehen.
Noch vor zwölf geht er auf sein Zimmer, schaut sich durchs Fenster eine Zeit lang den Zickzackflug der Fledermäuse an und lauscht den Grillen, fühlt sich von Christine umarmt und legt sich nackt ins Bett. Er hört noch Musik im Kopf, während er einschläft, und aus der Band unten im Studio wird nach und nach die Band in der Carson Lounge.
—
Er überquerte gerade die zweite Kreuzung Richtung downtown, als Phoebes gelber Toyota neben ihm hielt. Sie stieß die Tür auf, und er setzte sich wortlos auf den Beifahrersitz, nachdem er die Strat zwischen den beiden Kopfstützen hindurch auf den Rücksitz bugsiert hatte.
»Wasn’t really a supergood thing we did«, sagte sie.
»I’m sorry«, sagte er. Weiter nichts.
Als irgendwann an der Straße ein Motel auftauchte, bat er sie, anzuhalten, und sie bog in die Zufahrt und setzte ihn vor dem Eingang ab.
»Do you want me to come in with you?«, fragte sie, ohne die Hände vom Steuer zu nehmen.
»Do you?«, fragte er zurück.
»Maybe not«, sagte sie, ohne den Blick zu heben, sodass sie sein zustimmendes Nicken nicht sah.
»Thanks«, sagte er und schlug die Tür zu. Sie startete, rollte fast geräuschlos die Auffahrt hinunter und glitt aus dem Bild.
Im Zimmer stellte er den Fernseher an, packte die Strat aus und spielte.
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»You’re an asshole«, sagte Nick am folgenden Montagabend, als Benno seine Gitarre in den Ständer auf der Bühne stellte. Benno nickte nur und schwieg. Nick hatte recht.
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Ein paar Tage später kaufte er den halb toten Camper mit geliehenem Geld und lebte wie abgeschaltet tagsüber, zog mal neue Saiten auf, ging mal zum Waschsalon und mal zum Winn Dixie, um Dosensuppen und Brot, oder zum Liquor Store, um Bourbon zu kaufen, den er erst nachts nach dem Gig aufschraubte, er spielte und lebte von acht bis zwölf, von Montag bis Donnerstag,
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