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Arbeit und Struktur - Der Blog

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Titel: Arbeit und Struktur - Der Blog Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Herrndorf
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vollbekleidet in den See, legt sie rücklings ins Wasser, Jesus liebe sie, Jesus liebe uns alle, er habe sich kreuzigen lassen, seine Arme seien weit geöffnet, es sei nie zu spät. Dabei sieht er die ganze Zeit mich an. Lars bietet mir zwei Euro, wenn ich mich taufen lasse. Am Ende klatscht die Menge, und der Massige ruft: Das war … spitze!

    17.6. 2011 12:34

    Meine Eltern haben ihren ersten Computer. Über Skype Blick in mein altes Kinderzimmer.

    Lektüre: Arthur Gordon Pym in der Arno-Schmidt-Übersetzung. Unglaubliche Freude wieder über die Liste: Partei des Maats, Partei des Kochs. Man sollte keine Bücher schreiben ohne Listen drin.

    18.6. 2011 20:11

    Den ganzen Abend mit C. zusammen Briefe von Schülern einer Frankfurter Schule gelesen, die als Hausaufgabe ein eigenes Tschick-Kapitel schreiben mußten und einen Brief an den Autor. Wie ich das gehaßt hätte in der Neunten. Und in jeder anderen Klasse auch. Briefe an irgendwelche Idioten schreiben, glücklicherweise thematisieren das einige auch. Aber alle ziehen sich wie ohne Mühe aus der Affäre, auch die beiden Rüpel aus der letzten Reihe, einwandfrei, hätte ich nicht gekonnt in dem Alter. Montessori-Schule, wahrscheinlich mit eingebauter Sozialkompetenz.

    Und stellen natürlich auch tausend Fragen. Aber bitte um Verzeihung, zum Antworten fehlt die Zeit.

    19.6. 2011 13:56

    Tschick-Fortsetzung aus Isas Perspektive angefangen. Mach ich aber nicht. Mach ich nicht. Nachwehen der Briefe.

    24.6. 2011 8:45

    Dieser rätselhafte See. Mitten in Berlin, herrlich baumumstanden, Graureiher, Haubentaucher, Blessen und ihre Jungen, klares, erfrischendes Wasser. Und nie ein Mensch.

    29.6. 2011 22:08

    Gestern kurzentschlossen die Sachen gepackt, zwanzig Minuten später sitze ich im Zug nach Hamburg. Auf der Terrasse im Dämmerlicht, im Haus meiner Jugend, umgeben von Sauberkeit, blühendem Phlox und alten Gerüchen kann ich mir nicht vorstellen, sterblich zu sein.

    2.7. 2011 15:29

    “Ein Bulldozer rollte rückwärts darüber hin. Er hob seine Schaufel hoch wie ein Priester die Bundeslade, zeigte sie den Ungläubigen und schob den ganzen Schamott den Hügel hinab.” Der letzte Satz. Im Grunde müßte ich jetzt alles nochmal von Anfang durcharbeiten. Keine Lust mehr. Erschöpft.

    5.7. 2011 18:58

    Mittags MRT, nachmittags Plötzensee. An Heydrich vorbei, an Todt, an Udet und Mölders, an Richthofen, Scharnhorst, Seeckt und Schlieffen. Warum wäre ich lieber ein toter Militär als ein toter Schriftsteller?

    Marga Wolff von Etzdorf (1907-1933): “Der Flug ist das Leben wert.” Selbstmord mit 25 in der Nähe von Aleppo.

    5.7. 2011 20:26

    Warten. Wenn man stirbt, stirbt das Bewußtsein. Was ist das Bewußtsein? Man spürt es nicht. Um es zu spüren, fehlt das Organ. Ein paar Gedanken, die sich vergeblich selbst untersuchen, ein paar Ideen vielleicht, zu weiten Teilen ein Ramschladen, das meiste Second-Hand. Irgendwo ein Buchhalter, der die Inventarliste schreibt, die immer wieder angefangene und nie vollendete Sicherungskopie des ganzen Unternehmens, flüchtigen Medien, Tagebüchern, Freunden, Floppy-Discs und Papierstößen anvertraut in der Hoffnung, sie könne eines Tages auf einem ähnlich fragwürdigen Betriebssystem wie dem eigenen unter Rauschen und Knistern noch einmal abgespielt werden. Der Versuch, sich selbst zu verwalten, sich fortzuschreiben, der Kampf gegen die Zeit, der Kampf gegen den Tod, der sinnlose Kampf gegen die Sinnlosigkeit eines idiotischen, bewußtlosen Kosmos, und mit einem Faustkeil in der erhobenen Hand steht man da auf der Spitze des Berges, um dem herabstürzenden Asteroiden noch mal richtig die Meinung zu sagen.

    5.7. 2011 21:10

    Garefrekes, yeah.

    6.7. 2011 13:30

    Befund wie immer undurchsichtig, gliöses Wachstum, Verdacht auf Niedergradiges, sagt der Radiologe, kein Behandlungsbedarf, der Onkologe.

Siebzehn : 

    10.7. 2011 5:56

    Beim Erwachen spüren, wie man vor einer Zehntelsekunde noch nicht wach gewesen war, und sich wünschen, nicht wach geworden zu sein, danach schlaflos. Stundenlang über die Steuererklärung nachgedacht. Ich habe keine Angst vor dem Tod, aber ein panische Angst vor der Steuererklärung. Auch vor anderen Kleinigkeiten, die gemacht werden müssen. Die eigentlich nicht gemacht werden müssen, aber die nicht zu machen einen solchen Schritt aus der Richtung des Lebens heraus bedeutet, daß man gleich aufhören könnte.

    11.7. 2011 15:06

    Feststellung: Der Grad der Behinderung (GdB) beträgt

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