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Arche Noah, Touristenklasse

Arche Noah, Touristenklasse

Titel: Arche Noah, Touristenklasse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ephraim Kishon
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Fauteuil saß. Ekelerregend. Daß ein so junges Ding sich nicht geniert, in aller
    Öffentlichkeit mit diesem alten Lüstling aufzutreten. Als gäbe es im ganzen Land keine netten jungen Männer, wie ich einer bin.
    »Hallo, Ephraim!«
    Ich drehe mich um. Der ältere der beiden Brüder Schleißner, flüchtige Bekannte von mir, lümmelt in einer Ecke, winkt mir zu und macht eine Geste, die so viel bedeutet wie »Alle Achtung!« Er soll sich hüten. Gewiß, meine Frau kann sich sehen lassen - aber gleich »Alle Achtung«? Was fällt ihm eigentlich ein?
    Das Abendessen im großen Speisesaal war ein einziger Albtraum. Während wir bescheiden zwischen den Tischen hindurchgingen, drangen von allen Seiten Gesprächsfetzen an unser Ohr: »Hat das Baby zu Hause bei seiner Frau gelassen ... Ein bißchen mollig, aber man weiß ja, daß er ... Wohnen in einem Zimmer zusammen, als wären sie ... Kenne seine Frau seit Jahren. Ein Prachtgeschöpf. Und er bringt es über sich, mit so einer...«
    Schleißner sprang auf, als wir uns seinem Tisch näherten, und zog seine Begleiterin hinter sich her, deren Ringfinger deutlich von einem Ehering geziert war. Er stellte sie uns als seine Schwester vor. Geschmacklos. Einfach geschmacklos. Ich machte die beiden mit meiner Frau bekannt. Schleißner küßte ihr die Hand und ließ ein provokant verständnisvolles Lachen hören. Dann nahm er mich beiseite.
    »Zu Hause alles in Ordnung?« fragte er. »Wie geht's deiner Frau?«
    »Du hast doch gerade mit ihr gesprochen!«
    »Schon gut, schon gut.« Er faßte mich verschwörerisch am Arm und zerrte mich zur Bar, wo er sofort einen doppelten Wodka für mich bestellte. Ich müßte mir diese altmodischen Hemmungen abgewöhnen, erklärte er mir gönnerhaft. Und was heißt denn da überhaupt »betrügen«? Es ist Sommer, es ist heiß, wir alle sind müde und erholungsbedürftig, derlei kleine Eskapaden helfen dem geplagten Gatten bei der Oberwindung der Schwierigkeiten, die ihm die Gattin macht, jeder versteht das, alle machen es so, was ist schon dabei. Und er sei überzeugt, daß meine Frau, falls sie davon erfährt, mir verzeihen würde.
    »Aber ich bin doch mit meiner Frau hier!« stöhnte ich.
    »Warum so verschämt, mein Junge? Gar kein Anlaß ...«
    Es war zwecklos. Ich kehrte zu meiner Frau zurück und er zu seiner »Schwester«. Langsam und zögernd zerstreuten sich die männlichen Bestien, die in der Zwischenzeit den Tisch meiner Frau umlagert hatten. Zu meinem Befremden mußte ich feststellen, daß sie an solcherlei Umlagerung Gefallen fand. Sie war von einer fast unnatürlichen Lebhaftigkeit, und in ihren Augen funkelte es verräterisch. Einer der Männer, so erzählte sie mir - übrigens ein sehr gut aussehender -, hätte sie rundheraus aufgefordert, »diesen lächerlichen Zwerg stehenzulassen und in sein Zimmer zu übersiedeln«.
    »Natürlich habe ich ihn abgewiesen«, fügte sie beruhigend hinzu. »Ich würde niemals ein Zimmer mit ihm teilen. Er hat viel zu große Ohren.«
    »Und daß du mit mir verheiratet bist, spielt keine Rolle?«
    »Ach ja, richtig«, besann sich mein Eheweib. »Ich bin schon ganz verwirrt.«
    Etwas später kam der Glatzkopf aus der Import-Export-Branche auf uns zu und stellte uns sein blondes Wunder vor. »Gestatten Sie - meine Tochter«, sagte er.
    Ich verspürte Lust, ihm die Faust ins schmierige Gesicht zu schlagen. Meine Tochter! Wirklich eine Unverschämtheit. Sie sah ihm überhaupt nicht ähnlich. Nicht einmal eine Glatze hatte sie. Langsam wurde es mir zu dumm.
    »Gestatten Sie - meine Freundin.« Und ich deutete mit eleganter Handbewegung auf meine Frau. »Fräulein Erna Spitz.«
    Das war der erste Schritt zu einer fundamentalen Umwertung unserer ehelichen Beziehungen. Meine Frau veränderte sich mit bewundernswerter Geschwindigkeit. Wollte ich vor Leuten nach ihrer Hand fassen oder sie auf die Wange küssen, entwand sie sich mir mit der Bemerkung, daß sie auf ihren Ruf achten müsse. Einmal, beim Abendessen, versetzte sie mir sogar einen schmerzhaften Klaps über die Hand.
    »Bist du verrückt geworden?« zischte sie. »Was sollen sich die Leute denken? Vergiß nicht, daß du ein verheirateter Mann bist. Es wird sowieso schon genug über uns getratscht.«
    Damit hatte sie recht. Beispielsweise war uns zu Ohren gekommen, daß wir in einer Vollmondnacht nackt im Meer gebadet hätten. Anderen Gerüchten zufolge konsumierten wir gemeinsam Rauschgift. Schleißners »Schwester« wußte sogar, daß wir nur

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