Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Arche Noah, Touristenklasse

Arche Noah, Touristenklasse

Titel: Arche Noah, Touristenklasse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ephraim Kishon
Vom Netzwerk:
entspannte mich und wartete auf die fällige Erleuchtung.
    Sie kam nicht. Der einzige Straßenname, der mir einfiel, war Schmarjahu Levin (an den ich mich bis dahin niemals hatte erinnern können, weiß der Teufel warum). Nun wußte ich aber, daß der Name, den ich suchte, nicht Schmarjahu Levin war. Es war ein ausländischer Name, das schon, und er begann mit einem L. Aber weiter kam ich nicht.
    Also läutete ich nochmals bei Sulzbaum an.
    »Hallo«, sagte ich. »Ich bin bereits unterwegs. Könnten Sie mir sagen, wie ich am schnellsten zu Ihrem Haus komme?«
    »Wo sind Sie jetzt?«
    »Ben Jehuda-Straße.«
    »Da sind Sie schon ganz in der Nähe. Lassen Sie sich's von irgendeinem Passanten zeigen.«
    »Mach ich. Und wie buchstabiert man den Straßennamen?«
    »So wie man ihn ausspricht. Warum?«
    »Ich habe den Eindruck, daß die Leute hier den Namen nicht recht kennen. Es scheint eine neue Straße zu sein.«
    »Gar so neu ist sie nicht.«
    »Trotzdem. Ein so langer Straßenname ...«
    »Wieso? Da gibt es noch viel längere. Die Hohepriester- Matitjahu-Straße zum Beispiel. Oder die Straße der Tore von Nikanor. Oder die Akiba-Kolnomicerko-Straße.«
    »Gewiß, gewiß. Aber bei Ihrer Straße verstaucht man sich die Zunge.«
    »Kann ich nicht finden. Man gewöhnt sich. Und überhaupt: warum machen Sie sich plötzlich so viel Sorgen über einen Straßennamen? Ich warte auf Sie. Kommen Sie oder nicht?«
    »Natürlich. In fünf Minuten.«
    »Gut.«
    Sulzbaum legte den Hörer auf, und ich stand in der Zelle.
    Es waren vielleicht die schwierigsten Augenblicke meines bisherigen Lebens. Die Namen »Hohepriester Matitjahu«, »Tore von Nikanor« und »Akiba Kolnomicerko« hatten sich unauslöschlich in mein Gedächtnis eingegraben, ohne daß ich die geringste Verwendung für sie gehabt hätte.
    Eine Weile verstrich, ehe ich mich entschloß, den Hörer abzuheben und meinen Finger an die Drehscheibe zu setzen.
    »Sulzbaum«, flüsterte ich, »lieber Sulzbaum. Wie heißt Ihre Straße?«
    Sulzbaums Stimme kam mit eisigem Zischen:
    »Helsingfors. Vielleicht schreiben Sie sich's auf!«
    Ich griff in die Tasche, um meinen Kugelschreiber hervorzuholen, fand aber keinen.
    Und bevor ich Sulzbaum noch informieren konnte, daß ich in fünf Minuten bei ihm sein würde, hatte er schon abgehängt.
    Diesmal würde ich die Fehler der Vergangenheit nicht wiederholen. Diesmal machte ich's mit der Mnemotechnik. Ich analysierte den Namen Helsingfors. Der erste Teil erinnert an die finnische Hauptstadt Helsinki. Der zweite Teil ist nahezu identisch mit der bekannten amerikanischen Automarke Ford. Und die beiden sind durch ein »g«, den siebenten Buchstaben im
    Alphabet, miteinander verbunden.
    Ganz einfach. Helsin(ki)-g-for(d)-s Nummer 5.
    Schon war ein Taxi zur Stelle. Ich warf dem Fahrer ein gleichgültiges »Helsingforsstraße 5« hin.
    »Helsingforsstraße 5«, wiederholte er und gab Gas.
    Ich lehnte mich in die Kissen zurück und sinnierte, wie seltsam es doch war, daß ein Mann meines geistigen Kalibers, der sich noch an die entlegensten Antworten längst vergangener Mittelschulprüfungen erinnert, zum Beispiel:
    »Die Hauptstadt von Dazien hieß Sarmisegetuza« - daß ein solcher Mann, der fast schon ein Elektronenhirn sein eigen nennt, einen so kindisch einfachen Straßennamen vergessen konnte wie... wie...
    »Entschuldigen Sie.« Der Fahrer wandte sich zu mir um.
    »Wie heißt die Straße?«
    Graue Schleier senkten sich über meine Augen. Alles, was mir einfiel, war »Sarmisegetuza«, aber so hieß sie bestimmt nicht. Ich tat das Nächstliegende und verfluchte den Fahrer. Er schwor, daß er den Namen an der Ecke der Frischmannstraße noch gewußt hatte.
    »Na schön.« Ich fand die Ruhe wieder, die meiner intellektuellen Überlegenheit angemessen war. »Wir wollen versuchen, den Namen zu rekonstruieren. Gehen wir systematisch vor. An was erinnern Sie sich?«
    »An nichts«, lautete die unverschämte Antwort des motorisierten Wegelagerers. »Höchstens an die Hausnummer 173.«
    »Konzentrieren Sie sich, Mann! Denken Sie!«
    »Seeligbergstraße ... Salmanowskistraße ... irgend sowas ...«
    Plötzlich fiel mir die Mnemotechnik ein. Ich war gerettet.
    Die Hauptstadt von Norwegen heißt Oslo - in der Mitte kommt ein »g« - und dann der erste Teil dieser berühmten englischen Automarke.
    »Oslogrolls-Straße, Sie Vollkretin«, sagte ich mit schneidendem Hohn.
    Der Fahrer nickte dankbar, machte eine scharfe Kehrtwendung und sauste nach

Weitere Kostenlose Bücher