Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Archer Jeffrey

Archer Jeffrey

Titel: Archer Jeffrey Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Kandidaten
Vom Netzwerk:
meine Abhandlung über Invalidenrenten gelesen?«, fragte Nat und holte ihn ein.
»Nein«, erwiderte Fletcher. »Ich beschäftige mich nie mit unpraktischen Ideen, die es niemals in die Gesetzesbücher schaffen werden.«
»Weißt du, ich werde nur eines bedauern«, sagte Nat, sobald sie allein im Flur waren und von Dr. Renwick nicht mehr gehört werden konnten.
»Lass mich raten«, sagte Fletcher und wartete auf den nächsten frechen Spruch.
»Ich denke, es wäre wirklich prima gewesen, mit dir als Bruder aufzuwachsen.«

52
    DR. RENWICKS VORHERSAGE erwies sich als korrekt. Senator Davenport entließ sich am Wochenende aus St Patrick und vierzehn Tage später hätte niemand mehr geglaubt, dass er nur einen Monat zuvor an der Schwelle des Todes gestanden hatte.
    Es waren nur noch wenige Tage bis zur Wahl. Clinton führte weiter die nationalen Umfragen an und Perot warb weitere Anhänger von Bush ab. Sowohl Nat als auch Fletcher reisten in einem Tempo durch den Bundesstaat, das jeden Olympioniken beeindruckt hätte. Keiner wollte den anderen zu einem Rededuell herausfordern, doch als ein örtlicher Fernsehsender vorschlug, sie sollten einander bei drei Begegnungen gegenübertreten, akzeptierten beide ohne viel Federlesens.
    Man war allgemein der Ansicht, dass Fletcher im ersten Duell besser abgeschnitten hatte und die Umfragen bestätigten diesen Eindruck, denn er ging zum ersten Mal in Führung. Nat schränkte umgehend seine Reisen ein und verbrachte mehrere Stunden in einer Fernsehstudioattrappe, wo er sich von seinem Team coachen ließ. Das zahlte sich aus, denn selbst die Demokraten vor Ort mussten einräumen, dass er die zweite Runde für sich entschied. Auch in den Umfragen ging Nat wieder in Führung.
    Vom letzten Rededuell hing so viel ab, dass beide Männer überängstlich versuchten, ja keinen Fehler zu machen, und es endete in einer Patt-Situation oder, wie Lucy es nannte, in einem ›Langweiler-Gleichstand‹. Keiner der Kandidaten war deshalb verstimmt, als sie erfuhren, dass ein konkurrierender Fernsehsender ein Footballspiel ausgestrahlt hatte, das zehn Mal so viele Zuschauer anlockte wie ihr Rededuell. Die Umfragen am folgenden Tag wiesen für beide Kandidaten sechsundvierzig Prozent aus, acht Prozent der Wähler waren noch unentschlossen.
    »Was haben die in den letzten sechs Monaten gemacht?«, verlangte Fletcher zu wissen, als er von den acht Prozent las.
»Nicht jeder ist von Politik so fasziniert wie du«, meinte Annie an diesem Morgen beim Frühstück. Lucy nickte zustimmend.
Fletcher mietete einen Hubschrauber und Nat charterte den kleinen Jet der Bank, damit sie in den letzten sieben Tagen durch den Bundesstaat fliegen konnten. Die Unentschiedenen machten nur noch sechs Prozent aus, was den beiden Rivalen je einen Punkt einbrachte. Am Ende der Woche fragten sich die beiden, ob es irgendwo noch ein Einkaufszentrum, eine Fabrik, einen Bahnhof, ein Rathaus, ein Krankenhaus oder auch nur eine Straßenecke gab, die sie noch nicht aufgesucht hatten, und beide akzeptierten, dass am Ende derjenige gewinnen würde, der am Wahltag über die am besten geölte Maschinerie verfügte. Das war niemandem klarer als Tom und Jimmy, aber sie wussten nicht, was sie nicht schon getan oder vorbereitet hatten, und man konnte nur mutmaßen, was in letzter Minute noch alles schief laufen mochte.
Für Nat war der Wahltag eine verschwommene Erinnerung aus Flughäfen und Hauptstraßen, da er versuchte, jede Stadt mit eigenem Flughafen zu besuchen, bevor um 20 Uhr die Wahllokale schlossen. Kaum war sein Jet gelandet, rannte er zum zweiten Fahrzeug in der wartenden Wagenkolonne und mit siebzig Meilen pro Stunde ging es dann zur Stadtgrenze, wo er auf zehn Meilen pro Stunde verlangsamen ließ und allen zuwinkte, die auch nur das geringste Interesse zeigten.
Fletcher verbrachte den Wahlmorgen in Hartford, wo er versuchte, sich die Unterstützung seiner Stammwähler zu sichern, bevor er mit dem Hubschrauber in die am dichtesten bevölkerten Hochburgen der Demokraten flog. Beide Männer landeten kurz nach Schließung der Wahllokale auf Hartfords Brainard Airport.
Normalerweise sind die Kandidaten unter solchen Umständen bemüht, jeden Kontakt mit dem Rivalen zu vermeiden, aber als sich die beiden Teams auf der Rollbahn entdeckten, stürmten die Kandidaten wie Ritter bei einem Turnier direkt aufeinander zu.
»Herr Senator«, rief Nat, »ich möchte Sie gleich morgen früh sprechen, da ich mehrere Veränderungen durchzuführen

Weitere Kostenlose Bücher