Archer Jeffrey
selbstsicher. »Da ich mich schon um ein paar Minuten verspätet hatte, bin ich einfach das Risiko eingegangen.«
»Sie sind einfach das Risiko eingegangen«, wiederholte Sir Humphrey langsam. »Offensichtlich sind Sie überhaupt ein Mann, der Risiken eingeht, Mr. Menzies. Würden Sie freundlicherweise einen Blick auf den fraglichen Strafzettel werfen?«
Der Gerichtsschreiber reichte ihn zu Menzies hinauf.
»Wären Sie so liebenswürdig, dem Gericht vorzulesen, welche Uhrzeit, einschließlich der Minuten, der Verkehrspolizist in die kleinen Kästchen eingetragen hat, um festzuhalten, wann genau das Delikt begangen wurde?«
Abermals dauerte es lange, bis Menzies antwortete.
»Vier Uhr sechzehn bis vier Uhr dreißig«, sagte er schließlich.
»Ich habe Sie nicht verstanden«, sagte der Richter.
»Würden Sie das freundlicherweise für den Richter noch einmal wiederholen?« fragte Sir Humphrey.
Menzies wiederholte die verhängnisvollen Zahlen.
»Damit ist also jetzt nachgewiesen, daß Sie tatsächlich bereits einige Zeit vor vier Uhr sechzehn bei Miss Moorland waren und nicht etwa, wie Sie später – so behaupte ich – in Ihren Terminkalender eintrugen, erst um fünf. Das war lediglich eine weitere Lüge, nicht wahr?«
»Nein«, sagte Menzies. »Ich muß etwas früher dort eingetroffen sein, als ich annahm.«
»Mindestens eine Stunde früher, scheint es. Und ich behaupte außerdem, daß Sie so früh dort eingetroffen sind, weil Ihr Interesse an Carla Moorland nicht ein rein geschäftliches war!«
»Das ist nicht wahr.«
»Dann hatten Sie also nicht die Absicht, sie zu Ihrer Geliebten zu machen?«
Menzies zögerte so lange, daß Sir Humphrey seine Frage selbst beantworten konnte. »Denn der geschäftliche Teil Ihrer Verabredung war in der üblichen halben Stunde erledigt, nicht wahr, Mr. Menzies?« Er wartete auf eine Antwort, aber es erfolgte immer noch keine.
»Welche Blutgruppe haben Sie, Mr. Menzies?«
»Ich habe keine Ahnung.«
Sir Humphrey änderte ohne Vorwarnung seine Angriffstaktik.
»Haben Sie zufällig schon einmal von DNS gehört?«
»Nein«, kam die überraschte Antwort.
»Der Desoxyribonukleinsäure-Test ist ein bewährtes Verfahren, um zu beweisen, daß die genetischen Informationen für jedes Individuum einmalig sein können. Blut- oder Samenproben sind vergleichbar. Samen, Mr. Menzies, ist so unverwechselbar wie jeder Fingerabdruck. Durch eine solche Probe würden wir sofort wissen, ob Sie Miss Moorland vergewaltigt haben.«
»Ich habe sie nicht vergewaltigt«, sagte Menzies entrüstet.
»Nichtsdestoweniger hat Geschlechtsverkehr stattgefunden, nicht wahr?« sagte Sir Humphrey ruhig.
»Soll ich den Gerichtsmediziner noch einmal aufrufen und ihn bitten, einen DNS-Test vorzunehmen?«
Menzies gab noch immer keine Antwort.
»Und Ihre Blutgruppe feststellen?« Sir Humphrey machte eine Pause. »Ich frage Sie jetzt noch einmal, Mr. Menzies: Hat an jenem Donnerstagnachmittag zwischen Ihnen und der Ermordeten Geschlechtsverkehr stattgefunden?«
»Ja, Sir«, sagte Menzies flüsternd.
»Ja, Sir«, wiederholte Sir Humphrey, damit der ganze Gerichtssaal es hören konnte.
»Aber es war keine Vergewaltigung!« schrie Menzies Sir Humphrey an.
»War es das nicht?« sagte Sir Humphrey.
»Und ich schwöre, ich habe sie nicht getötet.«
Ich muß die einzige Person im Saal gewesen sein, die wußte, daß er die Wahrheit sagte. Alles, was Sir Humphrey von sich gab, war:
»Keine weiteren Fragen, Euer Ehren.«
Im Verlauf des nun folgenden abermaligen Verhörs versuchte Mr. Scott mannhaft, die Glaubwürdigkeit seines Klienten wiederherzustellen, aber die Tatsache, daß Menzies’ Lügen über seine Beziehung zu Carla an den Tag gekommen waren, ließ alles, was er vorher gesagt hatte, zweifelhaft erscheinen.
Wenn Menzies nicht geleugnet hätte, Carlas Liebhaber gewesen zu sein, dann wäre seine Geschichte wohl akzeptiert worden. Ich fragte mich, warum er das ganze Versteckspiel so beharrlich weiter betrieben hatte. Um seine Frau zu schützen? Was immer der Grund gewesen war, es hatte lediglich dazu geführt, ihn an einem Verbrechen schuldig erscheinen zu lassen, das er nicht begangen hatte.
Ich ging an diesem Abend heim und aß so ausgiebig wie seit Tagen nicht mehr.
Am darauffolgenden Morgen rief Mr. Scott zwei weitere Zeugen auf. Der erste entpuppte sich als Vikar von St. Peter’s in Sutton, der hier beweisen sollte, was für eine Säule der Gemeinde Menzies darstellte. Nach Sir Humphreys Kreuzverhör blieb von ihm nichts
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