Arktis-Plan
anderen Mitglieder des Stoßtrupps lagen in gleichmäßigen Abständen auf dem Waldboden hinter dem Baumstamm.
»Rühren Sie sich nicht vom Fleck«, erwiderte Smith unwirsch. »Es ist sinnlos, dass außer mir noch jemand aus der Deckung hervorkommt.«
»Wie Sie meinen, Sir.«
Smith schlängelte sich über den Baumstamm. Er hatte sein Gewehr quer auf den Unterarmen liegen, als er sich bäuchlings den Hang zum Kamm hinaufzuwinden begann. Den Pfad, auf dem er durch das offene Gelände kriechen würde, hatte er sich bereits genau zurecht gelegt, einen gewundenen Weg, der die dichtesten Büsche und die dicksten umgestürzten Baumstämme für einen maximalen Sichtschutz nutzen würde.
Smith ließ sich Zeit und plante genau, wie er sich kriechend Zentimeter um Zentimeter vorantasten würde, bis hin zu den Auswirkungen, die seine Bewegungen auf jeden einzelnen der abstehenden kleinen Zweige des Gestrüpps haben würden. Eine Python auf der Jagd wäre auffälliger gewesen.
Vorhaben ausgeführt. Er bezog Stellung auf dem Gipfel, und die andere Seite des Berghangs erstreckte sich unter ihm. Weiteres wirres Gestrüpp, weitere umgestürzte Baumstämme, von denen der Sturm die Rinde abgeschält hatte, und eine weitere Baumgrenze. Die tief angesetzten Äste der Nadelbäume warfen im Sonnenlicht dichte Schatten. Smith presste sich flach auf den Boden und schob die SR-25 behutsam nach vorn. Er schnippte die Schutzkappen vom Zielfernrohr, robbte noch einen letzten halben Meter voran und machte sein Gewehr gefechtsklar.
Seine Waffe war eine Neuheit, die bei seinem letzten Sondereinsatz noch nicht auf dem Markt gewesen war. Die SR-25 war von Eugene Stoner entwickelt worden, einem meisterlichen Waffenschmied. Es handelte sich um ein taktisches Scharfschützengewehr,
eine halbautomatische Waffe, die mit einem Zielfernrohr ausgerüstet war und der aus einem 20-Patronen-Stangenmagazin NATO-Patronen vom Kaliber 7.62 zugeführt wurden. Die SR besaß nicht nur eine beträchtlich größere Reichweite, Treffsicherheit und Feuerkraft als das herkömmliche Sturmgewehr, sondern sie war auch noch leicht und handlich genug, um sie als Primärwaffe mit sich herumzutragen, zumindest dann, wenn man ein Mann von Jon Smiths Statur war.
Im Lauf der vergangenen zwei Wochen hatte Smith das leistungsfähige Ungetüm ins Herz geschlossen und war bereit gewesen, die zusätzliche Last zu tragen und sich bei Manövern mit der Länge des sperrigen Laufs abzufinden. Gemeinsam mit den anderen Kursteilnehmern hatte er die Feinheiten der SR erörtert und ihre Vorzüge gepriesen. Jetzt hatte er die Absicht, sich ihre Qualitäten zunutze zu machen.
Langsam ließ Smith das Fadenkreuz im Zielfernrohr über die Baumgrenze am unteren Ende des Hangs gleiten. Jedes potentielle Ziel würde vermutlich ebenso großen Wert wie er darauf legen, in Deckung zu bleiben und sich verborgen zu halten.
In ritterlicheren Zeiten, die längst der Vergangenheit angehörten, waren Krankenträger, Sanitäter und Militärärzte als Zivilisten eingestuft worden. Das Tragen von Waffen und die Teilnahme am aktiven Kampfgeschehen war ihnen untersagt gewesen, doch sie waren auch durch die Richtlinien der Kriegsführung geschützt, die sie auf dem Schlachtfeld zu unzulässigen Zielen erklärten. Aber mit dem Aufkommen der asymmetrischen Kriegsführung hatten sich auch die Feinde verändert; sie gehorchten nur den Gesetzen der Barbarei. In jemandem, der die Armbinde des Roten Kreuzes trug, sahen sie lediglich ein hervorragendes Ziel. In einer solchen Umgebung wurde das Motto der Marine »Jeder Mann ein Schütze« zur Notwendigkeit und zu einer Frage des gesunden Menschenverstands.
Smith schloss die erste Peilung mit dem Zielfernrohr ergebnislos ab. Irgendwo dort unten mussten diese Mistkerle doch stecken.
Da! Eine kaum wahrnehmbare Bewegung unter dieser Zeder. Jemand hatte seinen Kopf zurückgeworfen, vielleicht um eine der allgegenwärtigen Wespen zu verscheuchen. Jetzt konnte Smith mit Mühe und Not eine Gesichtshälfte mit Tarnfarbe erkennen, die um den Baumstamm herum lugte.
Wenige Meter entfernt trat ihm plötzlich der Umriss einer zweiten gut getarnten Gestalt, die sich im Unterholz flach ausgestreckt hatte, klar vor Augen. Dort mussten sich mehrere Mitglieder des Stoßtrupps verbergen, aber er würde sich mit diesen beiden begnügen. Er hatte sich ohnehin schon zu lange nicht vom Fleck gerührt. Sie würden Jagd auf ihn machen, wie er Jagd auf sie gemacht hatte. Höchste Zeit,
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