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Arktis-Plan

Arktis-Plan

Titel: Arktis-Plan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Ludlum
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durch die Einschnitte zwischen den Gipfeln. Wenn er den Kopf noch etwas weiter drehte, rückte der ferne zertrümmerte Kegel von Mount St. Helens in sein Gesichtsfeld, in dessen klaffenden Vulkankrater sich ein dünner Schleier aus Dampf schmiegte.
    Das erinnerte Smith an lange zurückliegende Sommer in Yellowstone und an den kindlichen Stolz und die Begeisterung darüber, erstmals mit seinem Vater und seinem Onkel Ian in die Wildnis aufzubrechen, alle mit ihren Rucksäcken bepackt.
    Insbesondere die Luft, kühl, lieblich und ungemein belebend. Er atmete ein letztes Mal tief ein, genoss den Augenblick und trat rückwärts über den Rand des jähen Abgrunds.
    Sein Horizont drehte sich um glatte neunzig Grad, und der Klettergurt umschloss ihn beruhigend, als das grüne Nylonseil, das durch seine Karabinerhaken gefädelt war, sich spannte. Sein Gewicht wurde von der Abseilbremse gehalten, und die Sohlen seiner Stollenstiefel von Danner, Modell »Fort Lewis«, stemmten sich gegen
den mit Flechten gesprenkelten schwarzen Basalt, als er auf der vertikalen Felswand stand. Die Erfahrung war noch so neu und erfrischend, dass er vor Begeisterung strahlte. Das war bei Gott besser als die Arbeit im Labor!
    »Okay, Colonel«, hallte die durch ein Megafon verstärkte Stimme des Ausbilders vom Fuß der Klippe herauf, »stoßen Sie sich ab, und immer mit der Ruhe.«
    Über ihm lugten die anderen Kursteilnehmer über den Rand des Abgrunds. Sie trugen dieselbe grüne Tarnkleidung wie er. Das war der große Absprung, das Abseilmanöver aus hundertfünfzig Fuß Höhe. Das lose Ende des Seils schleifte unter ihm an der Wand, und Smith gab ihm einen letzten Ruck, um es zu befreien. Dann drückte er die Knie durch, stieß sich von dem Felsen ab und ließ das Seil durch die Bremse laufen.
    In seinem fortwährenden Bestreben, die enorm unterschiedlichen Aspekte seines Lebens auszubalancieren – das eines Soldaten, Wissenschaftlers, Arztes und Spions –, war dieser Kurs für Gebirgsjäger ein nachhaltiger Erfolg gewesen.
    Im Lauf der letzten drei Wochen hatte er sich mit wachsender Begeisterung den Herausforderungen des knochenbrecherischen Wildnistrainingsprogramms gestellt und dabei seinen Körper abgehärtet und seinen Kopf frei geräumt, nachdem er zu viele Tage in Fort Detrick verbracht und sich dort in den Laboratorien des US Army Medical Research Institute of Infectious Diseases, oder kurz USAMRIID, vergraben hatte, dem medizinischen Forschungsinstitut der Army für ansteckende Krankheiten.
    Er hatte eingerostete Fertigkeiten wieder aufgefrischt und neue erworben: Orientierung in unwegsamem Gelände, Überleben unter widrigen klimatischen Bedingungen, Tarnung, Treffsicherheit beim Steilfeuer. Und er war in die Kunst des Bergsteigens eingeführt worden. Smith hatte gelernt, wie man Steigeisen, Kletterhaken und einen Felshammer benutzt und, was noch entscheidender war, wie man sich dem Seil und dem Gurt anvertraut und die
instinktiven menschlichen Ängste vor dem Fall und der Höhe zeitweilig außer Kraft setzt.
    Das Seil lief durch die Stahlschlaufen, Smiths dicker Handschuh wurde auf der Handfläche warm, und seine Stiefel trafen zwanzig Fuß tiefer mit einem Ruck wieder auf die Felswand. Seine Augen verengten sich und sein Gesicht spannte sich an, als sein Adrenalinspiegel in die Höhe schoss, und er stieß sich ein weiteres Mal ab und bretterte diesmal volle vierzig Fuß an der Felswand hinunter.
    »Langsam, Sir«, warnte ihn die Stimme von unten.
    Er stieß sich ein drittes Mal kraftvoll ab und ließ sich lotrecht hinabstürzen. Das Seil pfiff und die Bremse rauchte.
    »Immer mit der Ruhe, Colonel … langsam … LANGSAM! … LANGSAM, HABE ICH GESAGT, VERDAMMT NOCHMAL!«
    Smith bremste heftig und fing seinen Fall ab. Er zog sich in eine aufrechte Haltung und ließ sich mit den Stiefeln voran das kurze letzte Stück auf den humusartigen Waldboden mit der dichten Fichtennadeldecke am Fuß der Klippe fallen. Er trat vom unteren Ende des Seils zurück und rieb seinen glühend heißen Handschuh an seiner Drillichhose.
    Ein stämmiger Sergeant von den Rangers mit einem sandfarbenen Barett kam von hinten auf ihn zu und blieb stehen. »Ich bitte um Verzeihung, Sir«, sagte er verdrossen, »aber ich hoffe, Ihnen ist klar, dass sich ein Offizier hier oben genauso leicht das Genick brechen kann wie ein Unteroffizier oder einer aus den Mannschaften.«
    »Das glaube ich Ihnen aufs Wort, Sergeant«, sagte Smith grinsend.
    »Das heißt,

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