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Armageddon 01 - Die unbekannte Macht

Armageddon 01 - Die unbekannte Macht

Titel: Armageddon 01 - Die unbekannte Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter F. Hamilton
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erste Mal, als Horst eine Gigantea gesehen hatte, war er eine Stunde in stummer Betäubung davor stehengeblieben und hatte dieses Ding angestarrt, ein lebendes Ding, das bereits alt gewesen war, als Christus noch über die Erde wandelte. Doch die Gigantea war nichts im Vergleich zu dem hier. Der Baum war daneben ein bloßes Kind. Alter, wirkliches, richtiges Alter war eine furchterregende Sache.
    Horst glaubte nicht an die Existenz von Geistern. Außerdem war die Erscheinung dazu viel zu real. Sie schwächte den Raum, absorbierte das Wenige, was von göttlicher Aura zuvor existiert hatte.
    »Wer bist du?« flüsterte er der sanften Brise zu. Draußen wurde es dunkel. Schwankende Baumwipfel bildeten eine gezackte, pechschwarze Silhouette vor dem gold-rosafarbenen Himmel. Die Männer kehrten von den Feldern heim, durchschwitzt und müde, aber lächelnd. Ihre Stimmen hallten über die Lichtung. Aberdale war so friedfertig, es sah aus wie alles, wonach er sich gesehnt hatte, als er von der Erde fortgegangen war.
    »Was bist du?« fragte Horst. »Das hier ist eine Kirche. Ein Haus Gottes. Ich dulde nicht, daß es entweiht wird. Nur die, die wirklich und wahrhaftig bereuen, sind in diesem Haus willkommen.«
    Für einen schwindelerregenden Augenblick taumelten seine Gedanken durch ein absolutes Vakuum. Die Geschwindigkeit war erschreckend. Er schrie vor Entsetzen auf, als nichts mehr um ihn herum war, kein Körper, keine Sterne. Genau so hatte er sich immer die Nulldimension vorgestellt, die draußen um ein Raumschiff herum existierte, das sich im Sprung durch ein Wurmloch befand.
    Unvermittelt war er in der Kirche zurück. Ein kleiner, rubinfarbener Stern brannte in der Luft, ein paar Meter von ihm entfernt.
    Er starrte in tödlichem Schrecken auf das namenlose Ding, dann kicherte er los. »Glitzer, glitzer, kleiner Stern; wer du bist, das wüßt’ ich gern.«
    Der Stern verschwand.
    Horsts Gelächter wich einem erstickten Wimmern. Er floh in die dunstige Lichtung hinaus und stolperte durch den weichen Lehm seines Gemüsegartens, ohne auf die Pflänzchen zu achten, die er zertrampelte.
    Einige Stunden später fanden ihn die Siedler. Sein Singen hatte sie angezogen. Er saß auf dem Landesteg und hielt eine Flasche selbstgebrauten Kartoffelschnaps in den Händen. Die Gruppe, die sich um ihn versammelte, blickte voller Verachtung auf den Geistlichen herab.
    »Dämonen!« kreischte Pater Horst Elwes, als Powel Manani und ein paar andere ihn gewaltsam auf die Füße zerren wollten. »Diese Kerle sind nur aus einem einzigen Grund hergekommen, nämlich um ihre verdammten Dämonen zu beschwören!«
    Ruth musterte ihn angewidert und stapfte in ihr Blockhaus zurück.
    Horst wurde in seine Hütte geschleift, wo sie ihm eins von seinen eigenen Beruhigungsmitteln einflößten. Er murmelte immer noch leise Warnungen vor sich hin, als er endlich in Schlaf fiel.
     
    Das Ly-Cilph verspürte Interesse an den Menschen. Von den hundertsiebzig Millionen bewußter Spezies, die es bisher gefunden hatte, waren lediglich dreihunderttausend imstande gewesen, seine Gegenwart zu entdecken, entweder durch ihre Technologie oder durch ihre eigenen paranormalen Fähigkeiten.
    Der Priester hatte seinen Identitätsfokus eindeutig bemerkt, obwohl er seine Natur nicht verstanden hatte. Menschen besaßen offensichtlich eine rudimentär entwickelte Abstimmfähigkeit auf ihre energistische Umgebung.
    Das Ly-Cilph suchte in den Aufzeichnungen, die es aus den wenigen Prozessorblocks und Speicherfleks kompiliert hatte, die es in Aberdale gab – hauptsächlich die didaktischen Kurse in Ruth Hiltons Gepäck.
    Sogenannte übernatürliche Begabungen wurde im allgemeinen als Halluzinationen oder Betrügereien abgetan, um sich finanzielle Vorteile zu verschaffen. Allerdings gab es in der Vergangenheit der Spezies eine ausgedehnte Geschichte von Zwischenfällen und mysteriösen Ereignissen.
    Und die alten, starken, noch heute praktizierten Religionen der Menschheit waren als unübersehbarer Hinweis darauf zu verstehen, wie weit verbreitet diese Fähigkeit war.
    Sie verliehen den ›übernatürlichen Ereignissen‹ einen festen Platz in ihrer Gesellschaft.
    Offensichtlich gab es ein beachtliches Potential für die Entwicklung energistischer Wahrnehmungsfähigkeiten, die nur durch die rational bestimmte Mentalität unterdrückt wurde. Der Konflikt war dem Ly-Cilph nicht unbekannt, obwohl es bisher keinerlei Aufzeichnungen über eine Rasse besaß, bei der die beiden

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