Armageddon 04 - Der Neutronium-Alchimist
Türen glitt auf und gab den Blick frei auf einen abgedunkelten Wohnbereich.
Dariat spürte etwas im Innern, ein dösendes Bewußtsein, die Gedanken friedfertig. Als er versuchte, auf die Beobachtungsroutinen des Schlafzimmers zuzugreifen, stellte er fest, daß es nicht ging. Rubra hatte sie einfach gelöscht.
– O nein, mein Junge. Du wirst dort hineingehen und deinem Schicksal gegenübertreten wie ein Mann.
Dariat zuckte zusammen. Aber … ein einzelner ahnungsloser Nicht-Besessener. Wie schlimm konnte es schon sein? Er marschierte in das Appartement und befahl den elektrophosphoreszierenden Zellen maximale Helligkeit. Glücklicherweise reagierten wenigstens sie.
Eine Frau lag in dem großen Bett. Die Decke war heruntergerutscht und hatte ihre Schultern entblößt. Ihre Haut war sehr dunkel, mit den winzigen Falten, die den Beginn des mittleren Alters verrieten und den Anfang von Gewichtsproblemen für jeden, dessen Gene nicht gründlich überarbeitet waren. Ein Gewirr kunstvoll geflochtener dünner Zöpfe aus schwarzen Haaren breitete sich über dem Kopfkissen aus; das Ende jeder Strähne verziert mit einer mondfarbenen Perle.
Sie stöhnte verschlafen, als das Licht anging, und drehte sich zur Seite. Ihr Gesicht war von Zellulitis aufgequollen, doch Dariat erkannte die kleine Nase.
NEIN! Einen Augenblick lang war sein Verstand von Schrecken erfüllt. Sie sah Anastasia ähnlich. Die Gesichtszüge, die Hautfarbe, selbst das Alter stimmte ungefähr. Vielleicht war ein Ärzteteam nach draußen gegangen und hatte den Leichnam reanimiert. Ein gutes Hospital hätte ausgiebige Gentherapie einsetzen können, um die toten Hirnzellen zu reanimieren. Es war möglich, für Persönlichkeiten wie den Präsidenten von GovCentral oder den Thronerben von Kulu würde man sicherlich keine Kosten und Mühen scheuen. Aber nicht ein unbedeutendes Starbridge-Mädchen, das von der Persönlichkeit des Habitats, in dem sie lebte, nur als Abschaum betrachtet wurde. Der kalte Schrecken verging.
Wer auch immer sie war – als sie die Augen aufschlug und ihn entdeckte, schrie sie angstvoll auf.
»Beruhigen Sie sich«, sagte Dariat. Er konnte seine Stimme nicht hören, so laut weinte sie.
»Rubra! Einer von ihnen ist hier! Rubra, helfen Sie mir!«
»Nein«, erwiderte Dariat. »Ich bin keiner … äh …«
»Rubra! RUBRA!«
»Bitte!« flehte Dariat.
Das brachte sie zum Schweigen.
»Ich will Ihnen nichts tun«, fuhr Dariat fort. »Ich verstecke mich selbst vor den Besessenen.«
»Oh.« Ihr gehetzter Blick richtete sich auf die Tür.
»Wirklich. Rubra hat mich hierher geführt.«
Sie zog die Bettdecke über ihre Schultern. Dünne silberne und bronzene Kettchen klimperten bei jeder Bewegung.
Dariat fröstelte erneut. Es waren die gleiche Sorte Schmuck, die auch Anastasia getragen hatte. »Gehören sie zu den Starbridge-Leuten?«
Sie nickte mit großen Augen.
– Falsche Frage, sagte Rubra. – Frag sie lieber, wie sie heißt.
Dariat haßte sich selbst, weil er nachgegeben, weil er sich den Regeln von Rubras Spiel gefügt hatte. »Wie heißen Sie?«
»Tatiana«, würgte sie hervor. »Tatiana Rigel.«
Rubras spöttisches, triumphierendes Lachen erfüllte Dariats Schädel. – Na, mein Junge? Fällt der Groschen? Darf ich dir Anastasia Rigels Schwester vorstellen?
Ein neuer Tag, eine weitere Pressekonferenz. Zumindest war diese neue Technologie über das Niveau von Blitzlichtbirnen hinausgewachsen. Al hatte die Blitzlichtgewitter immer gehaßt, damals in Chicago. Mehr als einmal war er auf den Photos zu sehen gewesen, wie er die Hand in die Höhe hielt, um die blendende Helligkeit abzuwehren – Photos, die die Zeitungen nur zu gerne abgedruckt hatten, weil er darauf aussah, als versuchte er etwas zu verbergen, was seine Schuld nur zu bestätigen schien.
Er hatte den großen Festsaal des Monterey Hilton ausgewählt, und er saß an einem langen Tisch mit dem Rücken zum Fenster. Die Idee war, daß die Reporter die Formation siegreicher Schiffe sehen konnten, die gerade erst von Arnstadt zurückgekehrt waren und fünf Kilometer über dem Asteroiden Position hielten. Leroy Octavius meinte, es wäre ein passender Hintergrund für die dramatischen Neuigkeiten.
Nur, daß die Raumschiffe nicht ganz an den richtigen Koordinaten standen; sie waren nur kurz sichtbar, während die Rotation des Asteroiden ihre Periode durchlief, und die Reporter mußten sich die Hälse verrenken, um sie zu sehen. Außerdem wußte inzwischen jeder,
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