Armageddon 04 - Der Neutronium-Alchimist
»Es gibt mehrere isolierte Asteroidensiedlungen, die von Besessenen übernommen wurden und noch nicht aus diesem Universum verschwunden sind. Wir könnten mit ihnen anfangen; ihnen eine Botschaft senden und fragen, ob sie bereit sind, mit uns zu reden.«
»Ein exzellenter Vorschlag«, sagte Haaker. »Es würde uns nur wenig kosten, und falls die Antwort positiv ausfällt, würde ich einem gemeinsamen Forschungsprojekt meine vollste Unterstützung gewähren.«
Die Sens-O-Vis-Konferenz endete, und Dr. Gilmore saß wieder allein in seinem Büro. Einige Minuten lang tat er überhaupt nichts, während er die letzten Augenblicke der Besprechung noch einmal durchging. Er war ein Mann, der stolz war auf seine methodische Natur, die Verkörperung der wissenschaftlichen Methode, und deswegen ärgerte er sich auch nicht über sich – höchstens ein klein wenig, weil er nicht früher auf diesen Gedanken verfallen war. Falls Laton recht hatte mit seiner Behauptung, daß die Seelen weiterzogen, dann war das Jenseits gewiß nicht die statische Umgebung, von der er bis jetzt ausgegangen war. Damit würde sich eine ganze Reihe neuer Optionen eröffnen.
Dr. Gilmore betrat den Untersuchungstrakt, in dem Jacqueline Couteur untergebracht war, und stellte fest, daß der Stab seiner Mitarbeiter die Arbeit unterbrochen hatte.
Die beiden Quantensignatur-Sensoren an den Waldo-Armen oben an der Decke fehlten. Das Elektroniklabor hatte sie demontiert, um Verbesserungen anzubringen, ein nahezu kontinuierlicher Prozeß auf der Suche nach dem schwer faßbaren Riß zwischen den Dimensionen.
Jacqueline Couteur wurde gefüttert. Man hatte einen Wagen hereingerollt und neben ihr Krankenbett gestellt, und ein dicker Schlauch baumelte bis dicht über ihren Mund. Das schwarze Band, das ihren Kopf fesselte, war ein wenig gelockert worden, so daß sie zwischen den beiden Nippeln wechseln konnte: eines für Wasser, das andere für einen Nährmittelbrei.
Dr. Gilmore trat zum Bett der Gefangenen. Ihre Augen verfolgten seine Bewegungen.
»Guten Morgen, Jacqueline. Wie geht es Ihnen heute?«
Ihre Augen verengten sich zu verächtlichen Schlitzen. Dünner Rauch stieg sich kräuselnd von den Elektroden auf, die auf ihrer Haut befestigt waren. Sie öffnete den Mund spuckte den Plastiknippel aus. »Gut, danke sehr, Dr. Mengele. Ich würde gerne mit meinem Anwalt sprechen.«
»Das ist interessant. Warum, Jacqueline?«
»Weil ich Sie auf jeden Fuseodollar verklagen werde, den Sie besitzen, und anschließend lasse ich Sie in einer Einwegkapsel auf eine Strafkolonie schießen. Folter ist innerhalb der Konföderation illegal. Lesen sie die Menschenrechtserklärung.«
»Falls Sie sich unwohl fühlen, können Sie jederzeit gehen. Wir wissen beide, daß Sie dazu imstande sind.«
»Es geht hier nicht um meine Optionen, Doktor, sondern Ihre Vorgehensweise. Dürfte ich jetzt meinen Anwalt anrufen?«
»Ich wußte gar nicht, daß eine unsterbliche Seele Menschenrechte besitzt. Ihren Opfern lassen Sie jedenfalls nicht viel Freiheit, oder?«
»Über meine Rechte entscheiden Gerichte. Indem Sie mir den Zugang zu einem gesetzlichen Vertreter und damit einem Prozeß verwehren, machen Sie sich strafbar. Und falls es Sie tatsächlich interessiert, darf ich Ihnen versichern, daß Kate Morley ihren Anwalt sehen möchte.«
»Kate Morley?«
»Die Mitbesitzerin dieses Körpers.«
Dr. Gilmore lächelte unsicher. Das verlief überhaupt nicht nach Plan.
»Das glaube ich Ihnen nicht.«
»Sehen Sie? Schon wieder nehmen Sie die Rolle des Richters in die eigene Hand. Glauben Sie wirklich, es macht Kate Morley Freude, festgeschnallt und mit Elektroschocks gefoltert zu werden? Sie verletzen ihre grundlegenden Menschenrechte.«
»Ich würde gerne von ihr selbst hören, daß sie um einen Anwalt bittet.«
»Das hat sie soeben getan. Wenn Sie mir nicht glauben, führen Sie eine Stimmanalyse durch. Es war Kate.«
»Das ist absurd.«
»Ich will meinen Anwalt sprechen!« Sie wurde lauter. »Sie, Soldat, Sie haben geschworen, die Rechte der Bürger der Konföderation zu schützen. Ich will einen Anwalt sprechen! Jetzt!«
Der Captain der Marines, die zur Bewachung der Gefangenen abgestellt waren, blickte Dr. Gilmore unsicher an.
Jeder auf der anderen Seite der Glaswand starrte in Jacquelines Gefängnis.
Dr. Gilmore entspannte sich und lächelte. »Also schön, Jacqueline. Sie kooperieren mit uns, und wir kooperieren mit Ihnen. Ich werde mit dem Stabsbüro des Leitenden
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