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Armageddon 06 - Der nackte Gott

Armageddon 06 - Der nackte Gott

Titel: Armageddon 06 - Der nackte Gott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter F. Hamilton
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wurde, verschwamm zu einem kontinuierlichen Grau.
    – Aufgepaßt, warnte die Persönlichkeit.
    Unvermittelt fand sie sich in freiem Fall wieder, während sie noch immer weiter nach oben schoß. Lose Schlaufen von Seil schwebten träge ringsum. Über ihr kam die Tür zur Lobby in Sicht, ein leeres weißes Rechteck, das sich mit erschreckender Geschwindigkeit ausdehnte. Dann wurde sie langsamer, erreichte den Höhepunkt ihrer Flugbahn, genau auf gleicher Höhe mit der Tür. Die Seilschlaufen rasten über ihr durch die Rollen des Flaschenzugs, und gerade als sie wieder zu fallen begann, straffte sich das Seil. Hände griffen nach ihr und zogen sie durch die Tür in die Lobby. Sie sank auf die schwarz-weißen Marmorfliesen und atmete hechelnd. Der Helm wurde abgenommen. Ärgerliches Stimmengewirr erfüllte die Luft.
    »Wo ist er?« fragte Tolton. »Wo ist Dariat?«
    »Noch dort unten«, ächzte sie elend. »Er ist noch dort unten.« Ihr Bewußtsein sandte einen verzweifelten Affinitätsruf zu dem Geist. Das einzige, was sie als Antwort empfangen konnte, war ein schwacher inkohärenter Schrei der Bestürzung.
    Aus der offenen Schachttür ertönte das brutale Kreischen von reißendem Metall und Polyp. Die gesamte Gruppe erstarrte, dann blickten sie wie ein Mann zur Tür.
    »Es kommt hier herauf!« stammelte Erentz. »Heilige Scheiße, es kommt hinter mir her!«
    Sie rannten los, in Richtung der Ausgänge und ihrer draußen geparkten Laster. Erentz war so erschöpft und der Anzug so sperrig, daß sie fast nicht mehr vorankam. Tolton packte ihren Arm und zerrte sie mit sich.
    Das Orgathé raste mit beinahe Schallgeschwindigkeit durch den Schacht, ein Komet aus Anti-Licht. Es brach durch das Dach der Lobby, ohne auch nur langsamer zu werden. Große tödliche Splitter von bernsteinfarbenem Kristall regneten herab und zersprangen auf den Marmorfliesen. Erentz und Tolton warfen sich hinter einer der umgeworfenen Couches in Deckung, bis das Schlimmste vorbei war.
    Die Persönlichkeit beobachtete den Besucher, der über der Lobby herumschwang und dabei flach wurde. Die Wahrnehmungszellen hatten Mühe, das Ding zu fokussieren: es war ein ungefähr dreieckiger Fleck aus flirrender Luft, umgeben von spektralen Lichtbrechungen wie Regenbögen oder eine hitzeflirrende Fata Morgana. Eisenhart gefrorene Hagelkörner hämmerten auf das Gras darunter. Einen Kilometer über der Parklandschaft begann es zu kurven und kehrte in Richtung der Lobby des Djerba-Sternenkratzers zurück. Tolton und Erentz hatten den Laster erreicht. Beide spähten hinauf in das rötliche Licht der Axialröhre in dem Versuch, den Besucher auszumachen. Tolton riß den Gashebel auf, soweit es ging, und das Gefährt rumpelte los. Mit weniger als zehn Stundenkilometern zockelten sie auf den Ring aus schäbigen Hütten zu.
    »Schneller!« gellte Erentz wild.
    Tolton drehte das Gas einmal zurück und wieder auf. Es machte keinen Unterschied in ihrer Geschwindigkeit. Ein zweiter Laster schaukelte neben ihnen über den aufgewühlten Boden. Er fuhr noch langsamer als sie. »Mehr Saft gibt es nicht!« bellte Tolton zurück.
    Erentz starrte auf die dünne Linie aus wabernder silberschwarzer Luft, die durch den Himmel auf sie zugeglitten kam. Unter dem Gebilde wurden jetzt transparente Ranken sichtbar, die wie Quallenfäden aussahen. Sie wußte genau, wozu sie dienten und wen sie packen wollten. »Das ist es. Ende der Fahnenstange.«
    – Nein, ist es nicht, widersprach die Habitat-Persönlichkeit. – Geht zwischen den Hütten in Deckung. Vergeßt die Laster, aber stellt verdammt noch mal sicher, daß jeder einen Laser oder einen Leuchtkugelwerfer bei sich hat.
    Während sich noch der Plan der Habitat-Persönlichkeit in Erentz’ Bewußtsein ausbreitete, rief sie Tolton zu: »Los, komm!«
    Er bremste den Wagen dicht vor der ersten verfallenden Hütte aus Plastikpaneelen und Kompositstäben. Sie rannten durch eine schmutzige Gasse zwischen windschiefen Wänden hindurch. Hoch über ihnen hatte der Besucher Kurs auf sie genommen. Überall ringsum gefror die Luftfeuchtigkeit und ging als dichter Hagel auf das darunterliegende Land.
    Erentz und ihre Verwandten fingen an, wild mit den Lasern um sich zu schießen. »Anzünden!« brüllte sie Tolton zu. »Stecken Sie die Hütten in Brand!« Hellrote Strahlenfinger erfaßten Wände und Dächer und hinterließen lange Brandmarken im Plastik. Die Ränder schmolzen und flammten auf, und brennende Tropfen regneten herab. Flammen schossen

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