Armageddon 06 - Der nackte Gott
Nährflüssigkeit? fragte Erentz. – Kannst du eine Veränderung spüren?
– Die Flüssigkeit wird stark heruntergekühlt, was angesichts der dem Besucher innewohnenden Fähigkeiten verständlich erscheint. Und mehr als neunzig Prozent der Blutkörperchen sind tot. Äußerst merkwürdig, die niedrige Temperatur reicht bei weitem nicht aus, um dafür verantwortlich zu sein.
– Als Dariat und ich es unten im Djerba gestört haben, war es auch in eine der Nährflüssigkeitsleitungen eingebrochen. Anscheinend ist es das, was es sucht. Es frißt deine Nährflüssigkeit.
– Eine ausgezeichnete Hypothese. Aber es nimmt keinerlei Flüssigkeit in sich auf. Wir hätten den Verlust an Volumen bemerkt. Außerdem zweifeln wir ernsthaft daran, daß es eine kompatible Biochemie besitzt.
– Aber es muß irgend etwas mit dem zu tun haben, was in der Nährflüssigkeit steckt. Kannst du die Flüssigkeit im Djerba und den anderen von Besuchern befallenen Sternenkratzern analysieren?
– Einen Augenblick.
Erentz spürte, wie sich die Hauptbewußtseinsroutine der Habitat-Persönlichkeit auf das ausgedehnte Netzwerk aus Röhren und Tubuli konzentrierte, die sich durch die gigantische Mitoseschicht von Valisk erstreckten, und nach Abweichungen suchte. Ein großer Teil des Problems bei der Suche nach Interferenzen war die Art und Weise, wie die Nährflüssigkeit in die Sternenkratzer und ihre nähere Umgebung gepumpt wurde. Außerdem gab es ganz verschiedene Typen. Einige fütterten ausschließlich die Mitoseschicht selbst und die Muskelmembranen, andere die Filterorgane der Lebenserhaltungssysteme in den untersten Stockwerken. Spezielle Flüssigkeiten waren für die Nahrungssyntheseorgane zuständig, die sich in jedem Appartement befanden. Und schließlich durchliefen alle eine gewaltige Strecke von den Verdauungsorganen in der südlichen Abschlußkappe bis zu den Sternenkratzern und wieder zurück und benötigten mehrere Tage für einen kompletten Kreislauf. Der gesamte Prozeß wurde autonom gesteuert, und regelnde Subroutinen wachten in Zusammenarbeit mit speziellen Sinneszellen im Innern der Röhrenwände über die Konzentration bekannter Toxine. Sie waren nicht darauf programmiert herauszufinden, welche Schäden die Besucher anrichteten.
Weil die BiTek-Systeme in den Sternenkratzern gegenwärtig bestenfalls erratisch arbeiteten, war der Rückfluß an Informationen ebenfalls unvollständig. Einige der Blutkörperchen waren auf natürliche Weise erschöpft worden durch die Organe, die sie versorgten, während ein großer Teil noch immer die frischen Moleküle und den Sauerstoff transportierte, mit dem er ursprünglich beladen worden war. Dadurch wurde eine Untersuchung der Flüssigkeiten, die aus den Sternenkratzern zurückkehrten, äußerst schwierig.
Nach einer ganzen Weile jedoch meldete die Persönlichkeit: – Wir sind darin übereingekommen, daß die Besucher irgend etwas aus den Nährflüssigkeiten extrahieren. Der Anteil toter Blutkörperchen in einigen der Tubuli beträgt beinahe neunzig Prozent. Die Natur dessen, was die Besucher extrahieren, ist zu diesem Zeitpunkt noch völlig unklar. Wir können nur schlußfolgern, daß es irgendwie mit ihrer Fähigkeit zusammenhängt, Hitze zu speichern. Eine physische Verdauung ist nicht nachzuweisen.
– Die Besucher sind Ghouls, sagte Erentz. – Dinosauriergroße Parasiten! Wir müssen einen Weg finden, um sie aufzuhalten.
– Feuer ist bisher die einzige effektive Methode, die wir kennen. Es dauert eine Weile, bis wir ausreichend Flammenwerfer hergestellt haben.
– Uns bleibt keine andere Möglichkeit. Sie fressen dich sonst bei lebendigem Leib auf.
– Ja. Und bis wir imstande sind, die entsprechenden Waffen zu bauen, werden wir die Nahrungszufuhr zu den Sternenkratzern unterbrechen.
– Eine gute Idee. Sie sah die Laster draußen in der Wüstensteppe wachsen, während sie über den Feldweg aus festgefahrener Erde näher kamen. – Vielleicht können wir sie daran hindern, sich zu vermehren. Wenn uns das nicht gelingt, entwickeln sich die Bastarde zu einer richtigen Seuche.
Fünfzig Lichtjahre von Hesperi-LN bewegten sich die Oenone und die Lady Macbeth zaghaft aufeinander zu. Joshua mußte Radar für das Manöver benutzen, während Syrinx das Raumverzerrungsfeld ihres Voidhawks einsetzte. So tief im interstellaren Raum gab es nicht einmal genügend Licht, um einen weißen Gasriesen zu beleuchten. Zwei winzige technische Artefakte, die noch dazu in
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