Armageddon 2 - Das Menü
tappte zum
Fenster, spähte hinaus und ergötzte sich an dem Anblick. Es
war ein weiterer wunderbarer Tag, und Rex setzte gnadenlos
Gewicht an. Nachdenklich betastete er seinen Bauch. Ent-
schieden auf der fülligen Seite, kein Zweifel möglich. Korpu-
lent, das war er. Und das war ganz und gar nicht paradiesisch.
Unter seinen Fingern spürte er, wie das Fett wegschmolz und
durch Waschbrettmuskeln ersetzt wurde. Das war ganz und
gar paradiesisch. Und es deprimierte ihn zutiefst.
Vor der Großen Erneuerung war er nichts Besonderes gewe-
sen. Nichts, über das zu reden sich gelohnt hätte. Er war schä-
big und heruntergekommen gewesen, aus unglaublicher Höhe
abgestürzt, hatte geschwankt und gezögert, war missbraucht
und geschlagen worden. Irgendwie hatte er es geschafft zu
überleben. Er hatte Erfolge gefeiert und letzten Endes trium-
phiert. Scheiße, er hatte sogar Gottes einzige Tochter geheira-
tet, und das war für sich allein genommen schon ein dicker
Hund. Aber wo war er nun? Schön, er war nicht tot, auch
wenn es hin und wieder auf das Gleiche herauszulaufen
schien. Zehn lange Jahre, in denen er ganz genau und aus-
schließlich das getan hatte, wonach ihm der Sinn stand – und
was war dabei herausgekommen? Nichts, erkannte Rex.
Vielleicht war der Mensch einfach nicht für das Paradies ge-
schaffen. Vielleicht war das Paradies niemals in seine Gene
kodiert worden. Die ganze Menschheit verbrachte schließlich
ihre Zeit mit dem kollektiven Streben nach Dingen, die sie
niemals erreichen oder finden konnte, und wenn es durch Zu-
fall doch einmal geschah, dann fand sie heraus, dass sie es ei-
gentlich von Anfang an gar nicht gewollt hatte. Im zwanzig-
sten Jahrhundert hatte es sogar ein Wort dafür gegeben. Rex
kramte in seinen Erinnerungen. O ja, Klischee, das war es.
Was er brauchte, das war eine Herausforderung, ein Kon-
flikt, eine Konfrontation. Irgendeine große Aufgabe. Irgen-
detwas. Egal was.
Rex starrte die nackte Göttin auf dem Steppfederbett an.
Christeen war ganz bestimmt die allerschönste Frau, die je-
mals gelebt hatte. »Komm zu mir, mein Liebster«, murmelte
sie.
Und Rex Mundi fühlte sich noch schlechter.
»Setzen Sie sich«, sagte der Dekan. Das Büro des Dekans war
ungefähr so groß wie ein kleines Fußballstadion. Irgendwo
hoch oben gab es vermutlich so etwas wie eine Decke. Vertika-
le Riesenflächen aus Wand waren durchbrochen von zahllosen
hellen Rechtecken. Viele der Marmorstatuen hatten ihre Sockel
genommen und wanderten umher. Die unbezahlbaren Teppi-
che hatten sich offensichtlich bezahlt gemacht. Jetzt war ganz
augenscheinlich nicht der Zeitpunkt, um das Thema einer Ge-
haltserhöhung anzusprechen.
»Sie wollen mich also entlassen?«, fragte Jack im Konversati-
onston.
»Nein, nein, Jack, nichts dergleichen. Sie haben noch eine
Menge wichtiger Arbeit zu erledigen.« Der Dekan lächelte
schwach, und Jack nahm es als das zur Kenntnis, was es war.
Er musterte seinen Vorgesetzten aufmerksam. Ein Mann in
ungefähr seinem Alter, auf die Vierzig zugehend, doch mit
einer unerträglichen Vitalität. Etwas, das Jack ganz und gar
abging. Der Dekan war einer jener quadratischen Typen. Qua-
dratisches Gesicht, quadratische Schultern, selbst die Finger-
nägel waren quadratisch. Alles an ihm sagte: »Ich habe die
Macht, und du hast nichts.« Der Dekan besaß mehr Haare als
Jack. Und er trug es kurz geschnitten und ordentlich geschei-
telt.
»Es ist dieses Memorandum«, sagte der Quadratische und
schob ein Papier über den Tisch. Der Schreibtisch besaß die
doppelte Größe eines Doppelbetts und diente häufiger als sol-
ches. Jack studierte das Papier, und nach einer ganzen Weile
sagte er: »Ich denke nicht, dass ich das richtig verstehe. Wer
hat das geschickt?«
Der Dekan tippte an einen seiner Nasenflügel. Er war zwar
nicht genau quadratisch, aber immerhin so, dass es keinen
wirklichen Unterschied machte. »Die da oben«, gestand der
Dekan, und Jack nahm ganz richtig an, dass sein Vorgesetzter
damit die nebulösen Gestalten meinte, welche die Universität
kontrollierten.
»Eine Sicherheitsangelegenheit, Jack«, sagte der Dekan.
»Dieses Memo ist auf jeden Schreibtisch im gesamten Land
gefallen. Die Regierung sorgt sich um die Sicherheit. Compu-
terpiraterie, das Hacken und Sabotieren von Systemen sind
inzwischen zu einem großen politischen Problem geworden.
Im Grunde genommen geht es in diesem Memorandum
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