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Arthur & George

Arthur & George

Titel: Arthur & George Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julian Barnes
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ermahnt sich George. Hör auf, vernünftig über solche Fragen nachzudenken. Oder vielmehr, hör auf, diese Leute in Schutz nehmen zu wollen. Ein geschickter Fehlalarm hat dir einen unangenehmen Schock versetzt, aber das ist kein Grund, jetzt außer den Nerven auch noch den Verstand zu verlieren. Er denkt auch: Aber wenn ich solche Angst hatte, wenn ich in Panik geraten bin, wenn ich glaubte sterben zu müssen, dann kann man sich vorstellen, wie so etwas auf ein schwächeres Gemüt und einen geringeren Verstand wirken kann. George fragt sich, ob das Gesetz über den Hexenzauber – das er zugegebenermaßen nicht kennt – nicht doch in Kraft bleiben sollte.
    Mrs Roberts hat nun etwa eine halbe Stunde lang Botschaften überbracht. George sieht, wie manche Leute in der Arena aufstehen. Aber sie wetteifern nicht um verlorene Angehörige und erheben sich auch nicht in Scharen, um die Geistwesen ihrer Lieben zu grüßen. Die Leute gehen. Vielleicht hat das Erscheinen von Emily Wilding Davison auch ihnen den Rest gegeben. Vielleicht sind sie als Bewunderer von Sir Arthurs Leben und Werk gekommen, wollen aber nichts weiter mit diesem öffentlichen Zaubertrick zu tun haben. Dreißig, vierzig, fünfzig Menschen sind aufgestanden und streben entschlossen den Ausgängen zu.
    »Ich kann nicht weitermachen, wenn so viele gehen«, verkündet Mrs Roberts. Sie klingt beleidigt, aber auch recht erschöpft. Sie tritt ein paar Schritte zurück. Irgendwo gibt jemand ein Zeichen, und plötzlich erschallt ein durchdringender Pfeifton aus der riesigen Orgel hinter der Bühne. Soll das den Lärm der gehenden Skeptiker übertönen oder anzeigen, dass die Versammlung sich ihrem Ende nähert? George schaut die Frau zu seiner Rechten fragend an. Sie runzelt die Stirn, gekränkt über die ungehörige Unterbrechung des Mediums. Mrs Roberts selbst lässt den Kopf hängen und hat die Arme um sich geschlungen, um sich gegen alle Störungen der fragilen Kommunikationswege abzuschotten, die sie zur Geisterwelt eröffnet hat.
    Und dann geschieht etwas, das George ganz und gar nicht erwartet hätte. Die Orgel hält mitten im Choral plötzlich inne, Mrs Roberts breitet die Arme aus, hebt den Kopf, tritt mit sicherem Schritt nach vorne ans Mikrophon und ruft mit schallender, leidenschaftlich bewegter Stimme:
    »Er ist hier!« Und dann noch einmal: »Er ist hier!«
    Die Hinausgehenden bleiben stehen; einige kehren zu ihren Plätzen zurück. Doch sie sind jetzt ohnehin vergessen. Alles schaut angestrengt zur Bühne, auf Mrs Roberts, auf den leeren Stuhl mit dem Schild. Vielleicht sollte das Orgelbrausen Aufmerksamkeit wecken, vielleicht war es der Auftakt zu ebendiesem Moment. Der ganze Saal ist verstummt, schaut, wartet.
    »Ich habe ihn«, sagt sie, »zuerst während der zwei Schweigeminuten gesehen.«
    »Er war hier, erst stand er hinter mir, aber getrennt von den anderen Geistwesen.«
    »Dann habe ich gesehen, wie er über die Bühne zu seinem leeren Stuhl ging.«
    »Ich habe ihn deutlich gesehen. Er trug einen Frack.«
    »Er sah genauso aus wie immer in den letzten Jahren.«
    »Es gibt keinen Zweifel. Er war sehr gut auf seinen Übergang vorbereitet.«
    In den Pausen zwischen ihren kurzen, dramatischen Verlautbarungen betrachtet George Sir Arthurs Familie auf der Bühne. Mit einer Ausnahme schauen alle zu Mrs Roberts, wie gebannt von dem, was sie verkündet. Nur Lady Conan Doyle hat sich ihr nicht zugewandt. George kann ihren Gesichtsausdruck aus der Entfernung nicht erkennen, doch ihre Hände sind im Schoß gefaltet, die Schultern gestrafft, sie sitzt aufrecht da; mit stolz erhobenem Kopf schaut sie über das Publikum hinweg in weite Ferne.
    »Er ist ein großer Streiter für unsere Sache, hier wie im Jenseits.«
    »Er kann schon recht gut in Erscheinung treten. Er ging friedlich hinüber und war gut darauf vorbereitet. Der Übergang verlief ohne Schmerzen und ohne Verwirrung des Geistes. Er ist bereits in der Lage, dort drüben mit seiner Arbeit für uns zu beginnen.«
    »Als ich ihn das erste Mal sah, während der Schweigeminuten, war es wie eine blitzartige Erscheinung.«
    »Beim Überbringen der Botschaften sah ich ihn zum ersten Mal klar und deutlich.«
    »Er kam und blieb hinter mir stehen und sprach mir Mut zu, während ich meine Arbeit tat.«
    »Ich erkannte seine schöne, klare Stimme wieder, die unverwechselbar ist. Er benahm sich wie immer als Gentleman.«
    »Er ist ständig bei uns, und die Schranke zwischen den beiden Welten ist nur etwas

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