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Arthur & George

Arthur & George

Titel: Arthur & George Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julian Barnes
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richtigen Briten finden?«
    »Er ist in Middlesbrough geboren, Arthur. Sein Vater ist Solicitor. Er wurde im Internat von Uppingham erzogen.«
    »Irgendetwas ist merkwürdig an ihm. Das rieche ich doch.«
    »Er hat drei Jahre in Australien gelebt. Seines Asthmas wegen. Vielleicht riechst du die Eukalyptusbäume.«
    Arthur unterdrückte ein Lachen. Connie war die Schwester, die ihm am ehesten Paroli bot; Lottie hatte er lieber, aber Connie wies ihn gern in seine Schranken und war immer für eine Überraschung gut. Gott sei Dank hatte sie nicht Waller geheiratet. Und das galt, a fortiori , auch für Lottie.
    »Und was macht er, dieser Bursche aus Middlesbrough?«
    »Er ist Schriftsteller. Genau wie du, Arthur.«
    »Nie von ihm gehört.«
    »Er hat ein Dutzend Romane geschrieben.«
    »Ein Dutzend! Aber er ist doch noch ein junger Spund.« Ein fleißiger junger Spund, immerhin.
    »Ich kann dir ein Buch von ihm borgen, wenn du ihn danach beurteilen willst. Ich habe Under Two Skies und The Boss of Taroomba . Seine Romane spielen oft in Australien, und ich finde sie sehr gelungen.«
    »So, findest du, Connie?«
    »Aber er weiß auch, dass man mit Romanen nur schwer seinen Lebensunterhalt verdienen kann, darum arbeitet er außerdem noch als Journalist.«
    »Einen einprägsamen Namen hat er jedenfalls«, grummelte Arthur. Er erlaubte Connie, den Burschen bei der Familie einzuführen. Einstweilen wollte er ihn nicht vorschnell verurteilen und las daher keines seiner Bücher.
    Der Frühling kam in jenem Jahr rasch, und schon Ende April wurde der Tennisplatz hergerichtet. Von seinem Arbeitszimmer aus hörte Arthur das ferne »Plop«, wenn ein Schläger den Ball traf, und den vertrauten, unerquicklichen Aufschrei eines weiblichen Wesens, das einen leichten Ball verfehlt hatte. Später schlenderte er dann hinaus und fand Connie im wehenden Rock und Willie Hornung in weißen Flanellhosen und mit einem Strohhut auf dem Kopf. Ihm fiel auf, dass Hornung seiner Schwester keine Punkte schenkte, aber auch nicht alle Kraft in seine Schläge legte. Das fand seinen Beifall: So sollte ein Mann gegen ein Mädchen spielen.
    Touie saß abseits in einem Liegestuhl und wärmte sich weniger an der schwachen Frühsommersonne als an der Hitze junger Liebe. Das fröhliche Geplapper der jungen Leute über das Netz hinweg und ihre Schüchternheit nach dem Spiel bereitete Touie offenbar Vergnügen, darum beschloss Arthur, dem jungen Paar seinen Segen zu geben. In Wirklichkeit gefiel er sich recht gut in der Rolle des grollenden Familienvaters. Und Hornung erwies sich bisweilen als geistreicher Bursche. Ein wenig zu geistreich vielleicht, aber das konnte man seiner Jugend zugute halten. Was war sein erster schlagfertiger Spruch gewesen? Ach ja, Arthur hatte die Sportnachrichten gelesen und eine Bemerkung zu einem Artikel gemacht, in dem es hieß, ein Läufer habe die hundert Meter in nur zehn Sekunden zurückgelegt.
    »Was sagen Sie dazu, Mr Hornung?«
    Und Hornung hatte wie aus der Pistole geschossen geantwortet: »Der muss gerannt sein, als wäre der Druckfehlerteufel hinter ihm her.«
    Im August jenes Jahres wurde Arthur zu Vorträgen in die Schweiz eingeladen; Touie begleitete ihn selbstverständlich, obwohl sie von Kingsleys Geburt noch etwas geschwächt war. Sie besichtigten die Reichenbachfälle, die ebenso prachtvoll wie furchterregend waren und ein würdiges Grab für Sherlock Holmes abgeben würden. Dieser entwickelte sich immer schneller zu einem Buckelgeist, der Arthur im Nacken saß. Nun wollte er die Last mit Hilfe eines Erzschurken abschütteln.
    Ende September führte Arthur Connie zum Altar, wobei sie ihn am Arm zupfte, weil er einen gar zu militärischen Schritt vorlegte. Als er sie symbolisch an ihren Ehemann übergab, hätte er eigentlich stolz und glücklich für sie sein sollen. Doch all die Orangenblüten, das freundliche Schulterklopfen und die Scherze über Glück in der Liebe und Glück auf dem Cricketplatz konnten ihm nicht das Gefühl nehmen, dass sein Traum, eine stetig wachsende Familie um sich zu scharen, einen Tiefschlag erlitten hatte.
    Zehn Tage darauf erfuhr er, dass sein Vater in einem Irrenhaus in Dumfries gestorben war. Als Todesursache wurde Epilepsie angegeben. Arthur hatte ihn seit Jahren nicht mehr besucht und fuhr nicht zur Beerdigung; niemand aus der Familie nahm daran teil. Charles Doyle hatte die Mama im Stich gelassen und seine Kinder zu einem Leben in gutbürgerlicher Armut verdammt. Er war schwach und

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