Ascalon – Das magische Pferd, Band 2: Ascalon – Das magische Pferd. Das Geheimnis der Maya (German Edition)
und Renate Vollmer, Muriels Mutter, zeigte sich zuversichtlich, dass die Straße bis zum Ende der Ferien geräumt sein würde. Und wie immer behielt sie recht. Zwei Tage vor dem Ferienende hatte sich die Schneefräse der Stadtreinigung rumorend und brummend einen Weg durch die weißen Massen gebahnt und die Familie aus ihrem eisigen Gefängnis befreit. Endlich konnte Muriels Mutter wieder einkaufen fahren und der Hof war nicht länger von der Außenwelt abgeschnitten.
Muriel war sofort zum Telefon gelaufen, um ihre beste Freundin Nadine anzurufen. Nadine hatte Fanny, eine weiße Connemarastute, auf dem Birkenhof untergestellt. Fanny war ihr Ein und Alles und sie hatte sich furchtbare Sorgen um ihr Pony gemacht. Sie war sehr erleichtert, dass es allen Pferden gut ging, und kam nun wieder fast jeden Nachmittag auf den Birkenhof, um nachzusehen, wie es Fanny bei der klirrenden Kälte erging. Ausritte, wie Muriel und Nadine sie im Sommer häufig machten, waren in diesen Wochen zum Leidwesen der Mädchen allerdings nicht möglich. Die Straßen waren zu glatt und auf den Feldern lag der Schnee zu hoch.
»Der Winter macht echt keinen Spaß mehr«, sagte Nadine eines Nachmittags zu Muriel, als sie über den Hof zum Haus liefen, um ihre kalten Hände und Füße am Kachelofen im Wohnzimmer zu wärmen. Sie hatten die letzten Geschirre gesäubert, das Leder gefettet und die Sättel ausgebessert. Nun gab es im Stall kaum noch etwas zu tun.
»Mir frieren gleich die Finger ab.« Nadine holte tief Luft und ließ mit dem Atem eine weiße Wolke aus ihrem Mund aufsteigen.
»Ja, ein paar warme Sonnenstrahlen wären schön.« Muriel hauchte ihre kalten Hände an.
»Hör bloß auf.« Nadine seufzte. »Fanny tut mir richtig leid. In diesem Winter ist es aber auch besonders eisig.«
»Ich habe auch immer ein schlechtes Gewissen, wenn ich mich in meine Daunendecke kuschle«, sagte Muriel. »Aber Ascalon macht die Kälte nichts aus.«
»Ach wirklich?« Nadine schaute Muriel von der Seite an. »Woher willst du das wissen? Spricht er mit dir oder kannst du jetzt auch schon wie deine Mutter die Gedanken der Pferde lesen?«
»Quatsch!« Muriel schüttelte lachend den Kopf. Mit dem Gedankenlesen kam Nadine der Sache zwar schon sehr nahe, aber das musste sie ja nicht wissen. »Ich finde nur, dass er nicht leidend aussieht. Die Pferde bekommen abends ihre Decken und sooo bitterkalt wie draußen ist es im Stall schließlich auch nicht.« Sie öffnete die Tür zur Küche und genoss den Schwall warmer Luft, der ihr entgegenströmte. »Aber natürlich nicht ganz so warm wie im Haus.«
»Eben.« Hastig zwängte Nadine sich hinter Muriel in die warme Küche und seufzte. »Wir können die Pferde ja schlecht mit ins Haus nehmen. So wie die Mongolen.«
»Die Mongolen halten Pferde in ihren Häusern?« Muriel zog die Stirn kraus. »Das glaube ich nicht.«
»Na ja, nicht die ausgewachsenen. Aber die Fohlen, die noch klein und schwach sind, dürfen schon mal mit ins Haus, oder besser in die Jurte* (Alle mit * gekennzeichneten Begriffe werden im Glossar am Ende des Buches erklärt) , wenn es dort kalt ist.« Nadine zog ihre Jacke aus und hängte sie über einen Küchenstuhl. »Das habe ich gestern im Fernsehen gesehen, bei einer Sondersendung. Du weißt schon, wegen des Films, der bald in die Kinos kommen soll.«
»Davon weiß ich nichts.« Muriel schüttelte den Kopf und nahm zwei große Tassen aus dem Küchenschrank. »Ich hab dir doch erzählt, dass wir hier eine Zeit lang keinen Empfang hatten, weil der Frost irgendwas an der Satellitenanlage kaputt gemacht hatte. Da konnte ich nicht fernsehen. Willst du heißen Kakao?«
»Gern.« Nadine nickte. »Ach so, schade. Ich wollte dich nämlich eigentlich fragen, ob wir uns den zusammen ansehen wollen.«
»Ist er spannend?«
»Das weiß ich nicht, aber es kommen viele Pferde darin vor«, sagte Nadine und grinste. »Und lernen kann man auch was. Wie die Mongolen früher gelebt haben und so …«
»Aha.« Muriel war nicht wirklich begeistert, aber sie spürte, dass Nadine den Film sehr gerne sehen würde, und wollte ihre Freundin nicht enttäuschen. »Wann läuft er denn?«, fragte sie, während sie zwei Tassen mit Kakao aus einer Thermoskanne füllte.
»Mitte Februar.« Nadine nippte vorsichtig an dem dampfenden Getränk. »Kommst du mit?«
»Meinetwegen.« Muriel nickte. »Ein Film mit Pferden klingt gut. Ich lass mich überraschen.«
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