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Ascheträume

Ascheträume

Titel: Ascheträume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maurizio Temporin
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Dunkelheit tauchten erst seine Hände auf. Er hielt sie gefaltet. Sie waren schmal und weiß.
    »Ich habe keine Kinder«, hörte ich ihn sagen, bevor ich sein Gesicht sah.
    Mit einem weiteren Schritt stand er im Licht.
    Er trug einen schwarzen Anzug mit dicken Eisenknöpfen. Ein Gesicht, das blass und eingefallen war, früher aber attraktiv gewesen sein musste, sah mich unsäglich traurig an.
    Er war es. Kolor.
    Der Vampir, den ich Vater genannt hatte, blickte mich unsicher an. Er stand reglos da, dann runzelte er die Stirn.
    Ich sah, wie er sich elegant, zugleich aber auch spröde vorbeugte. Ich lächelte ihm zu.
    Er schob den Kopf vor mein Gesicht und war erstaunt, dass ich nicht erschrak. Klar, ich hatte Herzklopfen, aber ein Wesen wie er merkte sicherlich den Unterschied zwischen Angst und Aufregung.
    »Das kann nicht sein …«, flüsterte er, während er mich betrachtete. »Du riechst genau wie sie …«
    Fast dieselben Worte hatte Ludkar bei unserer ersten Begegnung zu mir gesagt, nun aber hatten sie eine völlig andere Bedeutung: Kolor meinte den Geruch meiner Mutter.
    Er hob eine Hand, spreizte die Finger, als wären es Vogelflügel, und strich mir durchs Haar.
    »Das kann nicht sein!«, sagte er wieder.
    In diesem Moment überkam mich ein wundervolles Gefühl, und ich konnte einfach nicht anders, als ihn zu umarmen. Ich warf mich in seine Arme und drückte ihn, dabei brach ich in Tränen aus.
    »Dad! Ich kann nicht glauben, dass ich dich gefunden habe! Du hast mir gefehlt, du hast mir so gefehlt!«
    Als ich seinen mageren, kalten Körper im Arm hielt, spürte ich, wie sich seine Hände sanft auf meinen Rücken legten.
    Er hatte begriffen. Er hatte begriffen und glaubte mir. Ich hätte nicht gedacht, dass ein Vampir gerührt sein konnte, aber als ich mich von ihm löste und ihm ins Gesicht sah, rannen Tränen aus seinen Augen.
    »Ich … ich habe eine Tochter«, murmelte er und streichelte mir die Stirn.
    »Ich heiße Thara«, sagte ich und legte eine Wange an seine Brust. »Ich werde dich nie wieder verlassen.«
    Christine und Leonard hielten sich im Hintergrund, während mein Vater und ich uns ansahen und anlächelten und es gar nicht fassen konnten.
    »Aber wie kann das sein?«, sagte Kolor. »Sie hat mich doch verlassen.«
    »Ja«, sagte ich in der Hoffnung, ihn nicht allzu sehr zu verletzen. »Sie hat dich verlassen, weil ich unterwegs war und sie Angst hatte.«
    Kolor ließ seinen Blick über die Stalaktiten der Grotte wandern.
    »Sie hat mir nie etwas gesagt … Sie ist nie gekommen, um mich zu besuchen.«
    Er drehte sich wieder zu mir um.
    »Ich habe sie geliebt. Und ich liebe sie noch immer.«
    Ich drückte fest seine Hand.
    »Sie wollte ja, aber als sie herausgefunden hat, dass du … dass du Nate getötet hast, hielt sie es für besser, wenn ich dich nicht kennenlerne.«
    Kolor sah mich verdutzt an.
    »Ich soll Nate getötet haben? Nein! Das war nicht ich. Ludkar war es!«, sagte er und deutete auf den Körper des anderen Vampirs.
    Ich wusste es. Ich hatte es immer gewusst!
    »Erzähl mir bitte, was passiert ist.«
    Kolor holte tief Luft.
    »Es tut weh, sich an diese Zeit zurückzuerinnern … Mein Kopf ist so leer, alles ist so konfus.« Er legte die Hand auf seine Stirn. »Ludkar und ich waren Freunde, als wir noch in Europa lebten. Wir wurden als Monster verschrien und verfolgt, dabei ernährten wir uns nur von Tieren. Die Leute dachten, wir würden Menschen töten, und jagten uns.« Er suchte Verständnis in meinem Blick. »Ich zog es vor, die Flucht zu ergreifen, Ludkar hingegen … Er wählte die Rache und wurde zum Mörder.«
    Kolor umschlang seine Schultern.
    »Ich konnte mich viele Jahre lang vor ihm verstecken, unendlich viele Jahre lang, aber schließlich hat er mich doch gefunden. Und wie es das Unglück wollte, hat Julia mich wenige Tage darauf verlassen. Ludkar verlangte von mir, mit ihm zusammen seine angeblichen Feinde zu bekämpfen. Aber ich wusste, dass er nur jemanden suchte, mit dem er sich ein Vergnügen daraus machen konnte, Böses zu tun. Ich weigerte mich kategorisch, Menschen zu töten, und sagte ihm, dass er sich in mir geirrt habe … Und genau in diesem Moment kam Nate.«
    »Ja. Erzähl mir von ihm«, bat ich ihn.
    »Nate. Ein wunderbarer Junge! Er war in das Schloss gekommen, in dem ich Zuflucht gesucht hatte, um mir ein paar Andenken zu bringen.« Ich sah, wie sich sein weißes Gesicht vor Schmerz verzerrte. »Ludkar befahl mir, ihn zu töten. Ich weigerte mich, und

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