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Ascheträume

Ascheträume

Titel: Ascheträume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maurizio Temporin
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Zeit hatten ihn fast zur Gänze unleserlich gemacht, aber als wir genau hinsahen, stand dort zu lesen, dass das Feriendorf nach einem Einsturz in der Grotte geschlossen worden war. Die Sicherheitsbehörden hatten wohl beschlossen, den Tourismus hier zu stoppen, bevor noch Schlimmeres passierte.
    »Das heißt dann also, dass wir in eine Grotte runtersteigen müssen, die uns auf die Köpfe fallen kann«, sagte Leo zu sich selbst. »Ich seh mal nach, ob eine Taschenlampe im Wagen ist.«
    Wir gingen mit ihm und fanden tatsächlich eine Lampe im Kofferraum, aber als wir das Licht anknipsen wollten, brannte es nur wenige Augenblicke und wurde immer schwächer.
    »Verdammter Mist! So viel zu vollen Batterien!«, brummte Christine.
    »Die nächste Stadt ist sechzig Kilometer entfernt. Ich weiß nicht mal, ob das Benzin so lange reicht«, fügte Leo hinzu.
    »Benzin …«, wiederholte ich. »Wir müssen einen dicken Stock suchen.«
    »Was willst du denn machen? Eine Fackel?«, fragte Christine, während ich mich umsah.
    »Ja, na klar! Durch eine Fackel kann Ludkar nicht zu uns gelangen! Es sei denn, er hätte sich durch seine Angst massiv verkleinert!«, gab ich zurück.
    Sie stemmte die Hände in die Hüften.
    »Ich finde, das ist eine blöde Idee.«
    »Aber Thara hat recht«, kam Leo mir zu Hilfe. »Wir dürfen keine Zeit verlieren.«
    Er zog ein T -Shirt aus dem Rucksack.
    Christine schnaubte, beschloss aber, uns nicht an unserem Vorhaben zu hindern. Sie lehnte sich an den Wagen und sah zu, wie wir den Stoff um den Stock wickelten und ihn mit Benzin aus dem Ersatzkanister tränkten.
    »Gehen wir«, sagte ich, als wir fertig waren.
    Wir kletterten über den Bretterzaun des Feriendorfs und folgten ein paar versprengten Hinweisschildern.
    Hinter den Häuschen führte ein Weg den Hang hinab. Die Bäume standen dicht, und das Gras war so gewuchert, dass man kaum sah, wo er entlangführte. Doch hin und wieder konnten wir einen Pfeil entdecken, der uns die richtige Richtung wies.
    Wir gingen immer weiter und gelangten schließlich ans Ufer eines Flüsschens. Das Wasser war ruhig und klar. Das Flussbett war wohl nur ein paar Meter tief, und an der Oberfläche reflektierte das Morgenlicht wie in einem alten Spiegel. Wir beschlossen, am Ufer entlangzugehen, und fanden an seinem Ende die Grotte. Die Mondgrotte.
    Wir blieben stehen und betrachteten verblüfft das Loch.
    Der Eingang war breit und niedrig, er sah aus wie ein verzerrter Mund mit Stalaktiten als Zähnen. Und genauso wie ein Schlund verschlang die Grotte den Fluss.
    Innen war es so dunkel, dass man nicht sehen konnte, wohin das Wasser floss. Es war, als würde der Fluss von der Erde verschluckt und fiele in bodenlose Tiefen ab.
    Vor uns lagen drei kleine Ruderboote an Pfählen vertäut, die aus der Erde ragten. Ein Boot war vollständig gesunken, beim anderen war der Kiel gebrochen, doch das dritte war noch seetauglich und hatte sogar ein Ruder.
    Ich setzte als Erste den Fuß hinein. Ich drehte mich um und machte meinen Freunden ein Zeichen, an Bord zu kommen. »Los! Keine Angst vor einem Bad!«
    »Solange wir noch am Wasser sind, brauchen wir ja keine Angst zu haben«, sagte Christine und stieg ins Boot.
    Auch Leo sprang herein, und wir setzten uns auf die Bänke, die unter unserem Gewicht knarrten.
    »Also dann, Leinen los!«, sagte Leo leise und wollte das Tau lösen, aber es riss ihm in der Hand. »Na ganz toll …«
    »Mal sehen, ob ich noch weiß, wie das geht.« Christine nahm die Ruder und tauchte sie ins Wasser. »Als ich klein war, war ich immer mit meinem Großvater rudern.«
    Sie begann, die Riemen langsam durchs Wasser zu ziehen, und allmählich entfernten wir uns vom Ufer.
    Das Boot schaukelte gefährlich. Leo und ich lehnten uns über Bord, um es im Gleichgewicht zu halten.
    Ich saß im Heck und sah Christine mit dem Rücken zur Grotte rudern. Bei jeder Armbewegung kam der große, schwarze Schlund näher. Irgendwann schlug uns ein kalter, feuchter Wind entgegen, der Atem des Steins.
    Leo sah, dass nun der Moment gekommen war, die Fackel zu entzünden. Er zog ein Feuerzeug aus der Hosentasche und hielt es vorsichtig an den Stoff. Unmittelbar darauf schlugen die Flammen empor, und wir hatten ein sicheres Licht in der Dunkelheit.
    Wir kamen unserem Ziel immer näher.
    Mit einem letzten Ruderschlag trieb Christine uns ins Unbekannte. Das Boot driftete in die Grotte hinein, und drin waren wir, im Angst einflößenden Bauch der Berge.
    Dunkelheit umgab uns, und

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