Asharas Rückkehr - 19
»Wieder leben? Wer bist du?«
»Ich bin Ashara, und ich habe dein Kommen vorausgesehen. Du kannst mich nicht zerstören. Ich werde zurückkehren und meine Macht wiedererlangen!« Der Hunger in diesen Worten schien sie verschlingen zu wollen, und die leeren grauen Augen wurden größer und größer.
»Lass mich los!«
Margaret entzog sich dem Griff, den Augen, die wie dunkle Spiegel waren und sie einschließen wollten, und spürte, wie die Klauen ihre Arme losließen. Ihr Abbild in den übrigen Steinen schrumpfte, und das Ding namens Ashara wurde unscharf und war weniger präsent. Das Geheimnis lag in den Steinen und in den Augen! Wenn sie nur wüsste, was sie tun konnte! Sie keuchte, und kalter Schweiß lief an ihr hinab. Sie blickte über die Ebene auf die anderen Türme in der Ferne. Die Zeit verlangsamte sich, blieb fast stehen. Sie bewegte sich nicht, und sie spürte, dass jemand neben ihr war, sie beschützte und ihr Kraft einflößte. Langsam, widerwillig schaute sie ein weiteres Mal in den Spiegelturm und sah sich selbst, blass und zitternd, viele Male. Die kleine Frau starrte sie aus einem einzigen Spiegel in der Frontseite des Gebäudes an, ihre grauen Augen waren hungrig, und ihre Hände griffen umher, als wäre sie ebenfalls eingeschlossen in den Myriaden von Spiegelungen. Margaret bewegte abwehrend die Hände und stellte fest, dass ihre rechte in einem geisterhaften Griff festgehalten wurde. Mit quälender Langsamkeit hob sie die linke Hand und streckte sie nach den Spiegeln aus.
Sie griff ins Leere und streckte sich vor, bis sie spürte, dass sich ihre Finger um den einzelnen Stein mit dem Abbild Asharas schlossen. Margaret drückte die Handfläche auf das Gesicht und grub ihre Geisterfinger in die leeren Augenhöhlen und den Daumen in den scheußlichen Mund. Sie spürte Widerstand, fühlte aber weder Fleisch noch Knochen. Es gab ein Geräusch, einen blassen Schrei, als sich ihre Finger fest um den einzelnen Stein schlossen und ihn zusammendrückten. Sie spürte nichts in ihrer Hand, und doch wusste Margaret, dass sie etwas festhielt und nicht loslassen durfte.
Und nun? Sie konnte nicht einfach ewig den Stein festhalten. Sie war sehr müde und spürte, wie ihre Finger langsam erschlafften, und sie nahm ein triumphierendes Schnurren unter ihrer Handfläche wahr. Ihr eigenes Gesicht, das sich blass und schwitzend überall spiegelte, schien sich über sie lustig zu machen. Sie bot ihre ganze Kraft auf und begann an dem Stein zu ziehen. Er widerstand, und sie wusste, sie konnte ihn nicht allein herausziehen. Sie war allein, und sie würde von dem schrecklichen Ding aufgefressen werden, wie andere vor ihr -wie ihr plötzlich bewusst wurde. Verzweiflung nagte an ihr und entzog ihr Energie. Der Stein schrie in ihrer Hand.
Dann spürte Margaret einen plötzlichen Zuwachs von Kraft. Es war ein sehr merkwürdiges Gefühl, fremdartig, ganz anders als Istvanas Anwesenheit. Etwas Männliches lag in dieser Erscheinung, härtete ihre Muskeln, wärmte ihre Hände und eiskalten Glieder.
»Zieh, verdammt noch mal, zieh!« Sie erkannte die Stimme nicht, aber es war nicht Istvanas.
Sie zerrte an dem Stein in ihrer Hand und bemerkte, dass er ein klein wenig nachgab. Der Schrei in ihrem Innern schwoll an, während sie den Stein aus der Wand des Spiegelturms zog. Sie hatte entsetzliche Angst, dass sie nicht durchhalten könnte, und beschloss, dass sie es musste. Es war, als würde sie et
was durch eine dichte Flüssigkeit ziehen, etwas, das schwer wie ein Berg war.
NEIN! NEIN!
Schmerz fuhr in ihre Hand, den Arm hinauf, in ihre Brust. Ihr Herz tat weh, und sie wollte loslassen. Der Schmerz war wie ein kaltes Messer, in ihrer Handfläche und in ihrem Herzen. Ihr Mund öffnete sich zu einem Schrei, der das verspiegelte Gebäude und die dunstige Ebene zu erschüttern schien. Dann löste sich der Stein in ihrer Hand plötzlich, und sie taumelte nach hinten. »Halt! Halt! Ich bin A … Ash … ar… ah.«
Sie taumelte rückwärts, und plötzlich war sie nicht mehr bei dem Spiegelturm, sondern auf der Plattform und hielt den Stein mit einer Hand umklammert, während die andere von einer Geisterhand festgehalten wurde. Sie war schwach und erschöpft, aber sie wagte weder den Stein noch die Hand loszulassen. »Du existierst nicht!« Die Worte flossen wie ein mächtiger Wind von ihren zerbissenen Lippen, und der Stein brannte sich kalt in ihr Fleisch. Sie war verzweifelt und zu Tode erschrocken, sie keuchte und zitterte.
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