Asharas Rückkehr - 19
Sie drückte den Stein mit aller verbliebenen Kraft zusammen. Er schien nicht nachgeben zu wollen, aber nach einer Ewigkeit brach sein Widerstand, und er zersprang. In diesem Augenblick erhob sich ein Getöse, ein grelles Licht blitzte auf, und der Rest des funkelnden Turms schoss hinauf in den leeren Raum, wo er in einer Explosion von Weiß zerbarst, die Margarets Augen blendete. Und irgendwo weit weg, an einem Ort, den sie nicht benennen konnte, erbebte ein anderer Turm in seinen Fundamenten.
Margaret stürzte abwärts, weg von der Ruine dieses seltsamen Turms, von einer Geisterhand festgehalten. »Braves Mädchen!«, dröhnte die unbekannte männliche Stimme in ihr, und dann war auch die verschwunden.
Sie befand sich wieder in Lady Manilas Zimmer; sie war schweißgebadet, Tränen liefen ihr über die Wangen, und jeder Muskel ihres erschöpften Körpers zitterte. Istvana Ridenow war ihr gegenüber zusammengesackt und schien kaum zu atmen, das silberne Haar klebte ihr an der Stirn.
Die Tür ging auf, und Lady Marilla stürzte herein, Entsetzen im Blick, stoßweise atmend. Sie beugte sich vorsichtig über die Leronis, ohne sie zu berühren. »Ich hätte niemals zulassen dürfen, dass sie das tut!« Sie starrte Margaret für einen Moment zornig an, dann wurde ihr Blick weicher.
Margaret hätte sich am liebsten vor diesem Blick verkrochen, aber sie war so müde, dass sie sich kaum rühren, geschweige denn ihre Unschuld beteuern konnte. Sie hatte das Gefühl, dass ihr Kopf gequetscht war und ihre Gedanken im Kreis wirbelten. Dessen ungeachtet hatte sie tausend Fragen. Wahrscheinlich würden sie mir ohnehin keine Antworten geben. Und wer war dieser Mann in mir?
Nicht heute Abend, Chiya. Hab noch ein wenig Geduld. »Was hättest du mich nicht tun lassen dürfen, Mari?« Istvanas Stimme war dünn, aber erstaunlich fest. »Besorg mir was zu essen!« Lady Marilla schaute von einer zur anderen, schüttelte den Kopf und rief: »Julian, weck den Koch auf! Sofort!«
Die Leronis strich sich das Haar aus der breiten Stirn und holte einige Male tief Luft. »Bei allen Göttern, mir tut jeder Leid, der heute Nacht in der Oberwelt war.«
»Was ist geschehen?«, fragte Margaret kraftlos.
»Du hast den Spiegel zerbrochen, Chiya, du hast den Spiegel zerbrochen.« Istvana und Marilla sahen sie an, Fassungslosigkeit und Erschöpfung standen in ihren Gesichtern. Warum?
Margaret sah auf ihre Hände hinab und fand sie so, wie sie ihr ganzes Leben lang gewesen waren. In ihrer rechten Hand
fläche waren noch die Kratzer zu sehen, die sie sich mit den Fingernägeln beigebracht hatte, aber die linke war glatt, als hätte irgendetwas die Wunden weggeätzt. Sie hob die Hand gegen das Feuer, damit sie besser sehen konnte, und entdeckte die Umrisse eines facettenreichen Steins, die in ihre Haut gemeißelt waren.
14
Margaret erinnerte sich nicht daran, wie sie ins Bett gekommen war. Sie konnte nur ein paar Bruchstücke rekapitulieren: starke Männerarme, die sie hochhoben, Stimmen, viele Stimmen, von denen sie keine erkannte. Sie war zutiefst erschöpft und fühlte sich verkatert, ohne getrunken zu haben.
Sie glitt abwechselnd aus ihrem normalen Bewusstsein in einen schlaflosen Zustand, wie sie ihn nie zuvor erlebt hatte, und wieder zurück. Wenn sie »wach« war, hatte sie physische Schmerzen, als würde jede Zelle ihres Körpers sich gegen etwas auflehnen. Das hätte sie ausgehalten, wenn die schreckliche Angst nicht gewesen wäre. Sie fürchtete sich vor etwas, das sie nicht benennen konnte.
Zeit wurde bedeutungslos, und nichts als Angst und Qual blieben zurück. Es gab einige lichte Momente, in denen ihr Geist klar zu sein schien und die Ängste wichen. In diesen Augenblicken wusste sie, dass sie Fieber und Schüttelfrost hatte und sich erneut im Griff der Schwellenkrankheit befand und dass die Leute um sie herum ihr zu helfen versuchten. Sie bemühte sich, mitzuhelfen, aber das widerliche Gebräu, das sie ihr einflößten, kam ihr immer wieder hoch, und sie spürte die Angst der Umstehenden, die ihre eigene Angst nährte. Sie wusste, sie hatte neue Anfälle, die alle Anwesenden beunruhigten, und sie war nicht fähig, ihnen mitzuteilen, dass die Anfälle ein kleiner Segen waren, denn wenn sie stattfanden, existierte keine Angst und kein Schmerz, nur Leere - ihr Körper schien dann auszuruhen.
Wenn sie im Zustand des beinahe Wachseins war, tat ihr alles weh, und sie vergrub sich in die durchnässten Kissen. Manchmal wusste sie, dass sie sich im
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