Asharas Rückkehr - 19
in ihre Hand verschränkt war. Als sie die Hand betrachtete, verschwand die Angst, sie könnte ins Nichts davon fliegen, eine Angst, die ihr gar nicht bewusst gewesen war.
Dann kam sie zu einer konturlosen Ebene, gewaltig dehnte sich die Leere um sie herum aus, und sie hielt an. Sie schien auf einer unsichtbaren Plattform zu stehen, von der man in alle Richtungen schauen konnte, und es war kalt. Sie begann zu zittern, und dann drang eine Wärme in ihre Glieder, und sie schaute sich noch einmal um. Die Ebene war nicht leer, wie sie zunächst gedacht hatte, sondern voller hoher Gebilde aus Sternenlicht Leuchttürme in der Nacht.
Einer zog ihren Blick an. Er war alt, und die Sternensteine, aus denen er gebaut war, zerbröckelten bereits und wurden kaum noch vom Mörtel zusammengehalten. Aber trotz seines äußerlichen Zerfalls, war er voller Energie und Kraft. Er lockte sie und machte ihr gleichzeitig Angst, und sie zwang sich, stillzustehen, obwohl es sie verlangte, zu dem Turm hinzustürzen. Er beherbergte eine Erscheinung, die sie spüren konnte, alt und schwach, aber immer noch stark genug, um ihr gefährlich zu werden. Und als wüsste der Turm, dass sie ihn betrachtete, schien er aufzuleben. Die Steine wurden größer, und der Mörtel verdickte sich.
»Komm!«
Der Befehl klang streng und gebieterisch in ihrer Seele nach, und sie kämpfte mit aller Kraß, damit sie blieb, wo sie war. Doch obwohl sie sich nicht rührte, bewegte sich das ferne Gebäude auf sie zu, seine Steine sandten ein unheimliches Licht aus, das ihren Augen schmerzte. Sie waren wie Spiegel! Ihr Herz geriet ins Straucheln, und ihre Kehle wurde eng. Polternd kam der Turm näher und näher durch die endlosen Weiten von Raum und Zeit. Dann war er neben ihr, überragte sie drohend, zog sie zu den leuchtenden Steinen hin. Seine Kraft pulsierte durch ihre Adern, hielt ihren Herzschlag an und schnürte ihr die Luft ab, und es schien eine Ewigkeit zu dauern. Er würde sie vernichten! Sie war so klein und der Turm so gewaltig.
Sie spürte, wie ihre rechte Hand fester umschlossen wurde, und die Todesangst ebbte für einen Augenblick ab. Sie wartete. Es erforderte ihre ganze Willenskraft, sich nicht zu bewegen, und sie spürte, wie sie die Zähne vor Anstrengung zusammenbiss. Der Turm begann sich zu ihr hinabzubeugen, er bog sich wie eine Schlange.
»Komm!«
»Nein!« Es schien ewig zu dauern, bis sie die Weigerung
herausbrachte, und es war eine Kinderstimme, die sie aussprach. Zu ihrer Verwunderung erstarrte der Turm. »Du existierst nicht!« »Schau in den Spiegel, Marja!«
Die Steine des Turms reflektierten, und sie sah tausendfach ihr Spiegelbild. So viele Marjas blickten auf sie herab, dass sie sich zwischen ihnen verloren vorkam. Sie wünschte, sie könnte die Augen schließen und die endlose Vervielfältigung ihres Bildes aussperren. Es musste noch etwas anderes zu sehen geben als sie selbst!
Was war mit diesem Turm, und wer oder was hielt ihn besetzt? Er war so alt und existierte vermutlich länger als alles andere in diesem seltsamen Reich. Sie konnte das Alter dieser Steine spüren und wusste, sie besaßen etwas, das der Stimme, die ihr befehlen wollte, Macht verlieh. Das Geheimnis liegt in den Steinen, flüsterte es in ihrem Geist.
Das Flüstern verschwand, bevor sie darüber nachdenken konnte, so dass sie es beinahe für Einbildung hielt. Sie spürte Panik in einem Teil von ihr aufsteigen, und eine kalte Ruhe in einem anderen, als hätte sie sich in zwei Personen aufgespalten. Der ängstliche Teil war nahe dran, die Kontrolle zu übernehmen, und sie hielt ihn mit Mühe in Schach. Der andere Teil, der kalte, suchte wie verrückt nach einem Schlüssel zu den Steinen selbst. Als sie schließlich den einen Stein fand, der in seinen Facetten nicht ihr Gesicht zeigte, war sie erstaunt und fürchtete sich mehr, als sie für möglich gehalten hätte. Ein Antlitz leuchtete auf seiner Oberfläche, ein kleines rundes Mondgesicht mit Augen wie leere Brunnen. Abgesehen von den Augen, hatte das Gesicht nichts Auffälliges oder gar Erschreckendes an sich, aber Margaret hätte dennoch am liebsten geschrien vor Angst. Sie versuchte, ihre Augen von dem Gesicht abzuwenden, von dem rötlichen Haar, das es umgab, und dem klei
nen Mund, der sie angrinste. Dieses Lächeln enthielt keine Wärme und nichts Menschliches. Kleine Hände streckten sich Margaret entgegen, alte Hände, die wie Klauen waren.
»Jetzt habe ich dich! Nun werde ich wieder leben!«
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