Assassine - Hüterin des Drachenbaums (German Edition)
Orientierungssinn ihr eigen nannte. Als sie um eine Ecke bogen, standen die beiden Hammerträger wieder an ihrem Platz. Im Vorbeigehen versuchte Ari einen Blick zu erhaschen, ob es dieselben waren wie am Abend zuvor. Es gelang ihr aber ob der mächtigen Rüstungen nicht.
Der Baron stand bereits am Kamin und sah in das prasselnde Feuer. Der Raum hatte sich verändert, er sah aufgeräumter aus und ein zweiter Lehnstuhl mit einem kleinen Beistelltischchen war neben dem des Vampirs aufgestellt worden. Sai versteifte sich. »Herr Baron, die Assassine, wie Ihr befohlen habt!«
Mit warmer, freundlicher Stimme kam die Antwort. »Danke mein Freund, du kannst dich zurückziehen. Sorge bitte dafür, dass wir nicht gestört werden.« Mit einem knappen Nicken entfernte sich Sai lautlos.
Der Baron kam mit einer einladenden Geste auf Ari zu und bedeutete ihr, in einem der bequem aussehenden Sessel Platz zu nehmen. Er goss ihr nach dunklen Beeren duftenden Rotwein in einen Kristallpokal und lächelte sie an. »Meine Liebe, ich hoffe, Ihr habt wohl geruht.«
»Danke, ich kann nicht klagen. Aber lassen wir doch die Höflichkeiten, wer seid Ihr und was hat das alles zu bedeuten? Ich verübe einen Anschlag auf Euer … Leben – oder sollte ich besser ›Unleben‹ sagen? Und Ihr behandelt mich wie einen Gast, oder beinahe wie eine alte Freundin.«
Ein Raubtierlächeln huschte über das Gesicht des alten Vampirs. »Das ist richtig, Ari, und ob Ihr es glaubt oder nicht, aber das seid Ihr auch, obwohl wir uns noch nie vorher begegnet sind. Ihr seid auf der Suche nach etwas, das weiß ich, weil Arobar es mir lange vor seiner letzten Schlacht berichtete, und er bat mich einst, Eure Gedächtnis- und Wissenslücken zu füllen. Nun, das werde ich mit Freuden tun. Ich bitte Euch nur um eines: Hört Euch erst die ganze Geschichte an und unterbrecht mich nicht. Fragen können wir hinterher klären und glaubt mir, Ihr werdet sehr viele haben.«
Ari nickte und nippte an dem Wein. Er schmeckte süß und schwer. Sie musste aufpassen, dass sie sich diesem herrlichen Trunk nicht vollends ergab. Das bemerkte der Baron und sein Lächeln wurde breiter. »Ja, unser Wein ist einer der besten, er wird aus Trauben gewonnen, die aus der Eistundra kommen und in wenigen Höhlen wachsen, die nur die Frostelfen kennen. Aber ich plappere schon wieder. Lasst mich mit meiner Geschichte am Anfang beginnen.
Die Verfälschung der Historie Eures Volkes liegt ungefähr zweitausend Winter zurück und begann mit dem Verschwinden des Ordens der Rubinfalken. Diese Organisation ist nicht, wie alle früher dachten, die Idee nur eines Volkes, vielmehr ist es so, dass der Orden aus Mitgliedern aller Völker besteht. Er wurde damals geschaffen, um sich um das Gleichgewicht der Kräfte zu kümmern. Immer wenn ein Volk zu mächtig wurde, griff der Orden ein und unternahm etwas, um die Waagschalen wieder auszugleichen. Meist geschah das durch Assassinen. Die meisten dieser Attentäter wurden aus Eurem Volk rekrutiert, denn von Natur aus bringen die Enrai die besten hervor, aber ich schweife ab. In einem schweren Kampf mit dem Nekromantenkönig Xarax wurde gut die Hälfte der Tapferen mit der Nachtkrankheit – dem Vampirismus – infiziert. Das war ein harter Schlag für den Orden und wir mussten uns aufteilen, da wir, die den Samen der Dunkelheit in uns trugen, noch nicht gelernt hatten, wie man mit diesem vermeintlichen Fluch umgeht. Deshalbkonnten die Rubinfalken in den letzten zwei Millennien auch keine große Rolle mehr spielen und das Chaos brach los. Dunkle Götter und Kulte rissen die Macht an sich, einst gute Herrscher wurden wahnsinnig und stürzten ihre Völker ins Verderben.
Wir haben zu lange zugesehen und nichts getan, weil wir uns vor dem fürchteten, was aus uns geworden war. Die Drakter, die du sahst, sind auch Mitglieder des Ordens, sie dienen ihm treu. Einst hatten wir sogar Drachen in unseren Reihen. Du siehst also, in jedem Volk gibt es Individuen, die nach etwas anderem streben als nur nach Macht und Gold, die das Richtige tun wollen und wissen, dass man für den Frieden hart arbeiten und Opfer bringen muss.
Jetzt ist es an mir, Euch zu erklären, was es mit Eurer Person und dem Orden auf sich hat. Eigentlich ist es sehr simpel. Ihr seid die beste und auch gleichzeitig die letzte Assassine aus dem Volke der Enrai. Es wird Eure Aufgabe sein, durch Eure Fähigkeiten das Gleichgewicht wieder herzustellen.« Stundenlang noch referierte der Vampir über
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