Assassine - Hüterin des Drachenbaums (German Edition)
protzigen Ringe an seinen Händen stachen Ari ins Auge. Große Edelsteine waren darin gefasst, die in der Winternacht glitzerten. Hemd und Beinkleider waren aus Samt und Brokat genäht, eine Edelpelzjacke war lässig über die Schultern geworfen. Der Gürtel wurde von einer großen goldenen Schließe zusammengehalten, die mit verschieden schillernden Juwelen besetzt war. Auf dem Kopf trug er eine dieser neumodischen Pelzmützen, deren Form denen der Steppenreiter aus dem Westen nachempfunden war. Die protzige Gestalt steckte in kniehohen Schaftstiefeln aus feinstem Glanzleder.
Ari überlegte, was sie tun sollte. Entkommen konnte sie ohnehin nicht, weil diese Bluthunde ganz Donnerstein auf den Kopf stellen würden, um sie zu fangen, und dann wären auch die anderen Hüter in Gefahr. Sie musste etwas unternehmen, und wenn es ihr Leben kostete. Der bittere Geschmack verstärkte sich ob der Wahrscheinlichkeit, dass sie diese Nacht nicht überleben würde, aber sie musste versuchen, ihr Ziel zu treffen und diesen Wahnsinnigen aufzuhalten, bevor Tiro wieder in Gefahr geriet. Sie stand auf und rief dem Adligen zu: »Sucht Ihr mich? Ihr wollt Tiro beherrschen und seid nicht einmal in der Lage, eine einzelne Frau aufzuspüren! Kommt und holt mich, dann werden wires beenden.« Um ihre Worte zu unterstreichen, feuerte sie ein Bolzenmagazin auf den Aristokraten ab. Zwei seiner Wächter warfen sich in die Flugbahn der Geschosse und bezahlten ihre blinde Treue mit dem Leben. Vor Wut kochend schrie der verbrecherische Neureiche wilde Befehle und seine Söldner fächerten aus, um die Assassine zu jagen. Ari verschwand laut lachend über das Dach. Sie raste die Straßen entlang und bog scharf nach links in eine kleine Gasse ab. Nach hundert Schritt stand sie schwer atmend in einem Hinterhof. Die Wände der umstehenden Häuser ragten steil auf. »Kein Entkommen mehr«, raste es durch ihr Gehirn. Hinter ihr waren bereits die genagelten Stiefel ihrer Verfolger zu hören. Langsam drehte sie sich um und zog ihren Dolch aus der Rückenscheide. So stand sie da und erwartete ihre Häscher.
Die Assassine war eingekreist und sechzehn Hellebarden waren auf ihren Hals gerichtet. Klirrend fiel ihr Dolch zu Boden. Nach einiger Zeit teilte sich die Menge der Söldner und der Adlige kam mit einem arroganten Grinsen auf sie zu. »Du hattest nie wirklich die Möglichkeit, mich zu töten, dafür habe ich gesorgt. Im Gegenteil, du bist in meine Falle getappt wie eine Anfängerin. Ich wusste, dass die Hüter des Drachenbaums hinter mir her waren, aber ich wollte dich – ihre Meisterin – vernichten. Dann habe ich Zeit, meine Pläne in die Tat umzusetzen, während sich dein Zirkel erst wieder neu ordnen muss. Das ist mir nun gelungen. Jetzt wirst du sterben, Ari Schattenherz.« Ari sah das erste Mal überrascht aus und das bemerkte der falsche Aristokrat. Mit einer theatralischen Geste fuhr er mit seinem Monolog fort: »Ja, ich weiß sogar deinen Namen, der laut dem niederen Volk das größte Geheimnis Tiros ist. Du wirst verstehen, dass ich mich nun verabschiede, ich muss mich auf meine neue Aufgabe als Dämonenkönig vorbereiten.« Er drehte sich auf dem Absatz um und ging davon. Im Vorbeigehen sagte er zu einem seiner Söldner: »Lasst sie leiden, aber verschont ihren Kopf. Ich will, dass man sie noch erkennt, wenn man ihre Überreste findet.« Mit einem Nicken zeigte der Mann an, dass er verstanden hatte.
Breit grinsend kam der unrasierte, bullige Soldat auf Ari zu. Sie konnte bereits von Weitem seine Fahne riechen. Er stank nach billigem Fusel und die Überreste seiner Zähne funkelten im Fackellicht. Ari lächelte ihn eiskalt an, sodass man die Unsicherheit in seinen dümmlichen Schweinsaugen wachsen sehen konnte. »Jetzt!«, schrie Ari und auf den umliegenden Hausdächern erhoben sich schwarz gekleidete Gestalten, die mit Bögen und Armbrüsten bewaffnet waren. Augenblicke später war die Luft vom Sirren der Pfeile und Bolzen erfüllt. Todesschreie erfüllten die Nacht und sechzehn Leichen lagen auf der Straße.
Nara war als Erste bei Ari und fragte, ob sie verletzt wäre. Diese schütteltenur leicht den Kopf und antwortete: »Aber gut, dass ihr da seid. Es ist einiges schiefgelaufen und beinahe wäre unsere Falle am falschen Ende zugeschnappt. Für künftige Unternehmungen dieser Art sollten wir Eriel bitten, ob er uns nicht ein paar Schutzamulette gegen magische Entdeckung zukommen lassen kann. Die geplante Verfolgung lief zu unkontrolliert
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