Assassine - Hüterin des Drachenbaums (German Edition)
diese Emporkömmlinge sich immer wieder mächtige Tiere wie Bären, Löwen oder Drachen aussuchten, wusste Ari auch nicht so recht, aber es spiegelte deren Selbstüberschätzung wider. Laut den Informationen des Zirkels hatte er sein Vermögen »verdient«, indem er sich beim Besitzer einer Goldmine eingeschmeichelt und dann diesen und seine Familie kurzerhand ermordet hatte. Natürlich erst, nachdem dieser ihn wohlwollend in seinem Testament als seinen Nachfolger bedacht hatte.
Das war bereits der Zeitpunkt, an dem er von der Gier und der Korruption übermannt war. Seine Konkurrenten schaltete er nach und nach aus und erwarb deren Besitz für einen lächerlichen Bruchteil des eigentlichen Wertes. Dabei hatte er Unterstützung von einem bestechlichen Minister gehabt, der bereits von den Hütern für seine Taten zur Rechenschaft gezogen worden war.
Mitten im Lichtkegel eines Fensters blieben die Söldner stehen und ein berobter Mann drängte sich nach vorne. Ari fuhr der Schreck in die Glieder – ein Magier. Sie schalt sich im Stillen für ihre Dummheit, nicht an diese Möglichkeit gedacht und sich nicht vor magischer Entdeckung geschützt zu haben. Es war zu spät, der Zauberer deutete bereits in ihre Richtung. Sie musste nun schnell handeln und zog eine ihrer Handarmbrüste. Mit wenigen Handgriffen war die Waffe bereit und sie sprang aus ihrer Deckung. Der Mechanismus arbeitete, bis das Magazin leer war. Zwei Bolzen trafen den ersten Söldner ins Gesicht, ein weiterer wurde vom Schild eines großen Nordmannes abgefangen. Doch die letzten beiden trafen den Magier in Brust und Kopf und holten ihn unsanft von den Beinen. Ari nutzte die Verwirrung und rannte los. Wildes Geschrei verfolgte sie, als sie die Gassen entlangjagte. Ihr fiel auf, dass noch weitere kleinere Gruppen Bewaffneter in den Straßen nach ihr suchten, denn die Geräusche der genagelten Stiefel hallten ihr von überall entgegen. Immer weiter hetzte sie durch kleine Seitenstraßen, um nicht im Licht von Laternen oder Fenstern flüchten zu müssen. Ihr Atem ging bereits schwer, aber die Verfolger waren hartnäckig und sie spürte, dass sie langsam eingekreist wurde.
Langsam keimte in der Assassine die Angst, dass ihr Plan gescheitert war und sie in ernsten Schwierigkeiten steckte. Es waren einfach zu viele Gruppen, die sie jagten. Als Ari um eine Hausecke hetzte, prallte sie gegen einen alten Mann, den sie umriss. Durch die Wucht des Zusammenstoßes kam sie ins Straucheln und knallte gegen ein Fass, das an einer heruntergekommenen Mauer stand. Sie rappelte sich hoch und warf dem fluchenden Alten eine Goldmünze zu. »Nichts für ungut, Gevatter!«, schrie sie ihm zu, während sie weiterrannte. Die Gerüche der Stadt drangen nun intensiver in ihre Nase,durch die Gefahr waren ihre Sinne geschärft worden. Es stank nach fauligen Essenresten und Fäkalien. »Der Duft der großen Stadt«, schoss es ihr durch den Kopf. Sie hatte sich mittlerweile an die Gerüche der Menschen und der anderen Völker gewöhnt und fand nichts Außergewöhnliches mehr daran.
Ein metallener Geschmack machte sich in ihrem Mund breit. Bei dem Zusammenstoß mit dem Fass hatte sie sich auf die Innenseite ihrer Wange gebissen. Langsam spürte sie, wie ihre Kräfte schwanden. Ein Versteck musste her. An einer Hauswand sah sie einen Stapel mit Kisten stehen. Behände wie ein Berglöwe sprang sie mit deren Hilfe auf das Dach, dort kauerte sie sich zusammen und versuchte, sich zu beruhigen. Ihr Puls raste und der Schweiß lief ihr, trotz der Kälte, den Rücken hinunter. Ihre Atmung ging heftig und ihre Hände zitterten. Gehetzt versuchte sie, sich einen Überblick zu verschaffen. Von Weitem hörte sie bereits ihre Verfolger heraneilen. Es mussten mindesten drei Gruppen sein, die aus verschiedenen Richtungen kamen. In Gedanken schalt sie sich selbst, wie ihr die Kontrolle über die Situation so hatte entgleiten können. Alles war anders geplant gewesen, ruhiger, schneller und weniger Aufsehen erregend.
Langsam beruhigte sie sich und warf einen Blick auf den kleinen Platz, der schräg unter ihr lag. Sie nickte langsam, als sie von allen Seiten Bewaffnete auf die freie Fläche drängen sah. Ihr geübtes Auge verriet ihr, dass es sich um sechzehn Söldner handelte, die alle ratlos dreinblickten. Ein großer Mann mit einem kleinen Bauchansatz wühlte sich durch die Menge. Er trug prachtvolle Kleider, deren Wert eine arme Familie mehr als sechs Monde ernähren konnte. Die riesigen,
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