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Eisfieber - Roman

Titel: Eisfieber - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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01.00 Uhr
     
     

     
     
     
     
     
    Zwei müde Männer sahen Antonia Gallo mit feindseligen, ja hasserfüllten Blicken an. Sie wollten nach Hause, aber das ließ Antonia nicht zu. Beiden war klar, dass sie Recht hatte – und das machte die ganze Sache noch schlimmer.
    Alle drei befanden sich im Personalbüro der Pharmafirma Oxenford Medical, eines kleinen, aber feinen Unternehmens, das im Börsenjargon »Boutique Company« genannt wurde. Antonia – Rufname Toni – war Abteilungsleiterin und Sicherheitsbeauftragte. Bei Oxenford Medical wurden Viren erforscht, die unter Umständen tödlich sein konnten. Sicherheit war daher eine todernste Angelegenheit.
    Bei einer unangemeldeten Bestandskontrolle hatte Toni festgestellt, dass zwei Proben aus einer Experimentierreihe fehlten – und das war eine schlimme Sache: Die Substanz, ein Reagens mit antiviraler Wirkung, unterlag größter Geheimhaltung, und die dazugehörige Formel war unbezahlbar. Gut möglich, dass die Proben mit der Absicht gestohlen worden waren, sie an eine Konkurrenzfirma zu verkaufen. Die dunklen Ringe um Tonis grüne Augen und der Ausdruck finsterer Betroffenheit in ihrem sommersprossigen Gesicht hatten jedoch eine andere Ursache. Es gab nämlich noch eine weitere Möglichkeit, und die war ungleich prekärer: Womöglich hatte der Dieb die Proben gestohlen, weil er sie für sich selber brauchte. Dafür aber gab es nur einen einzigen plausiblen Grund: Irgendjemand hatte sich mit tödlichen Viren infiziert, mit denen in den Labors von Oxenford Medical gearbeitet wurde.
    Die Labors befanden sich in einem riesigen Gebäude aus dem neunzehnten Jahrhundert, das einst als schottisches Ferienhaus für einen viktorianischen Millionär errichtet worden war. Weil es sich hinter zwei Zaunreihen aus NATO -Draht verbarg, die Eingänge von uniformierten Wachposten kontrolliert wurden und auch die elektronischen Sicherheitsvorkehrungen stets dem neuesten Stand entsprachen, hieß es im Volksmund »der Kreml«. Dabei sah es mit seinen Spitzbögen, den Türmchen und den zahlreichen Wasserspeiern, die das Dach säumten, eigentlich eher wie eine Kirche aus.
    Das Personalbüro war in einem Raum untergebracht, der einst als Schlafgemach gedient hatte. Die Fenster mit den Spitzbögen und die Faltwerk-Paneele stammten noch aus den Zeiten der ehemaligen Besitzer, doch deren Kleiderschränke waren inzwischen durch Aktenschränke ersetzt worden, und dort, wo sich einst Kristallfläschchen und Haarbürsten mit Silbergriffen gegenseitig den Platz auf der Frisierkommode streitig gemacht hatten, standen nun Computer und Telefone auf Büroschreibtischen.
    Toni und die beiden Männer waren damit beschäftigt, alle Mitarbeiter anzurufen, die zum Betreten der Hochsicherheitslabors berechtigt waren. Es gab vier Sicherheitsstufen, so genannte Bio Safety Levels . In der höchsten, BSL - 4 , arbeiteten die Wissenschaftler mit Viren, gegen die es keinen Impfschutz und keinerlei Gegenmittel gab, und mussten daher Schutzkleidung tragen, die an die Raumanzüge von Astronauten erinnerte. BSL - 4 war naturgemäß die am besten gesicherte Abteilung im Hause, daher waren die verschwundenen Proben auch dort gelagert gewesen.
    Nur ein kleiner Kreis von Mitarbeitern hatte zum BSL - 4 -Labor Zugang. Selbst für die Wartungscrew der Luftfilter und Autoklaven war ein spezielles Sicherheitstraining für biologische Störfälle unbedingte Voraussetzung. Auch Toni hatte sich dieser Ausbildung unterzogen, damit sie jederzeit die Sicherheitsvorkehrungen innerhalb des Labors überprüfen konnte.
    Insgesamt waren nur siebenundzwanzig der achtzig Firmenangehörigen berechtigt, das Hochsicherheitslabor zu betreten, doch viele von ihnen hatten sich schon für die Weihnachtsfeiertage verabschiedet, und der Montag war bereits zum Dienstag geworden, als die drei für die Klärung des Falles Verantwortlichen endlich auch den Letzten von ihnen aufspürten.
    Toni fragte sich bis in ein Feriencamp namens Le Club Beach auf Barbados durch, erwischte dort den Assistenten der Geschäftsleitung und überredete ihn mit Engelszungen, eine junge chemisch-technische Laborantin namens Jenny Crawford ausfindig zu machen und ans Telefon zu holen.
    Während sie wartete, betrachtete Toni ihr Spiegelbild im Fenster. Dafür, dass es schon so spät war, hielt sie sich ganz gut. Ihr schokoladenbrauner Anzug mit Kreidestreifen wirkte immer noch geschäftsmäßig, ihr volles Haar nach wie vor gepflegt, und auch ihrem Gesicht war die

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