Astrilandis Buch 1
Miatris jetzt nur noch kurze Kleider? Und - warum kommst Du in diesem Korb nach Astrilandis? Was ist geschehen?“ Doch Myadne konnte über Heros Scherz nicht lachen, mit trauriger Mine sagte sie: „Das ist eine sehr lange Geschichte und verzeih mir, wenn ich sie Dir nicht sofort in allen Einzelheiten erzählen kann. Vielleicht kann ich erst einmal etwas zum Anziehen bekommen?“ Hero antwortete: „Oh, das tut mir leid, ich bin ein richtiger Tölpel. Komm mit mir, damit Du hier nicht frieren musst.“ Mit diesen Worten warf er sich das Bündel mit Myadnes Habseligkeiten über die Schulter und legte seinen Arm um Myadne. Sie gingen zusammen den gewundenen Weg zum Palast hinauf. Noch auf den Stufen begann Myadne, Hero die Geschichte und den Grund ihrer Flucht von Miatris zu erzählen. „Ist die Kunde von Krotos Tod noch nicht bei Euch angekommen?“, fragte sie als Erstes. Hero wurde blass. „Nein“, stammelte er. „Was ist geschehen?“ Er blieb wie angewurzelt stehen und wurde blass. Auf Krotos hatte er noch immer seine Hoffnung gesetzt. Wenn er zurückgekehrt wäre, hätte er wenigstens einen Berater für viele unangenehme Entscheidungen gehabt. Doch Krotos Tod war eine schreckliche Nachricht. Hero blieb immer wieder stehen, schüttelte den Kopf als Myadne weitere Einzelheiten erzählte. Als sie im Palasthof standen, sagte Myadne: „Verstehst Du jetzt, dass das hier meine letzte Zuflucht ist?“ Hero nickte, er sagte: „Du kannst hier so lange bleiben wie Du willst, ich werde Dir sofort deine Gemächer wieder einrichten lassen und Dir neue Kleidung besorgen.“ Er war froh, dass Myadne nach Astrilandis gekommen war. Sie war seine Zwillingsschwester und obwohl er sie noch nicht gut kannte, fühlte er, dass sie ihm sehr ähnlich war. Vielleicht konnte sie ihm bei der Lösung der Probleme helfen, die ständig neu über ihn hereinbrachen. Er würde ihr vorerst nicht erzählen, was zwischen ihm und seinem Vater vorgefallen war. Myadne war selbst so niedergeschlagen, wie er sie noch nie gesehen hatte. Sie musste sich zuerst einmal ausruhen und wieder neuen Lebensmut fassen, bevor er ihr von den Problemen mit Pantheer erzählen konnte.
Dass seine Mutter die eigene Tochter verfolgte und für den Tod von Krotos verantwortlich machte, war ungeheuerlich. Hero verstand nicht, wie man einem solch freundlichem Geschöpf, wie es seine Schwester war, einen Mord zutrauen konnte. War seine Mutter durch die Liebe zu Krotos wirklich so ungerecht oder blind und verfolgte die eigene Tochter? Er fühlte großes Mitleid mit Myadne. Sie war verstoßen und heimatlos. Er beschloss, alles in seiner Macht stehende zu tun, um seine Mutter von der Unschuld seiner Schwester zu überzeugen. Doch zunächst musste er sich um Pantheer und Mita kümmern.
Als Myadne in ihren neuen Kleidern vor Hero stand, entfuhr ihm ein leiser Pfiff. Sie sah darin aus wie eine richtige Königstochter, nur der Schleier und der goldene Reif fehlte. Hero begleitete Myadne zum Palast des Estathos und sie setzten sich auf die frisch geschlagenen Stufen. Von hier konnte man über einen Hang, der mit Kiefern und Pinien bestanden war hinweg auf das Meer sehen, das sich nur leicht kräuselte und mit dem Horizont zu einer Fläche verschmolz. Hero erzählte Myadne von der letzten Schlacht und der Verletzung Pantheers, der seitdem nicht mehr aufgestanden war und nun auch geistige Verwirrung zeigte. Myadne sagte zu Hero: Nachdem ich jetzt hier bleiben werde, können wir künftig viele Dinge gemeinsam erledigen und ich kann Dir vielleicht helfen, Pantheer zu pflegen.“ Hero blickte seine Schwester dankbar an, denn nun war ihm ein Gedanke gekommen, wie er Mita von seinem Vater wegholen konnte. Er konnte noch immer nicht glauben, dass sein Vater Mita wirklich zu seiner Frau nehmen wollte. Nachdem er sie bereits wie sein Eigentum behandelte, fürchtete Hero, dass es seinem Vater mit seinen Hochzeitsabsichten Ernst war. Myadne hatte ihn durch ihre Erzählungen abgelenkt und für einige Zeit waren seine Gedanken nicht mehr bei Mita und seinem Vater gewesen. Doch der Schmerz in seiner Brust war wieder da, wenn er sich vorstellte, wie Mita am Lager seines Vaters ausharren musste. Wenn es ihm gelang, Mita gegen Myadne auszutauschen, konnte er vielleicht verhindern, dass sich sein Vater weiter in diesen Gedanken verrannte.
Doch wie konnte Myadne Pantheer pflegen, wo er ihr in der Vergangenheit so übel mitgespielt hatte? Wäre es nach ihm gegangen, wäre seine Tochter nicht mehr
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