Astrilandis Buch 1
Stirn. Sie war nicht fähig zu sprechen, als sie ihren Sohn so elend da liegen sah. Mit blutverspritztem Gesicht blickten Heros dunkle Augen seine Mutter fragend an. Sein Helm war verrutscht und gab den Blick auf sein neues Zeichen auf der Stirn frei. Laonira zuckte einen Augenblick zusammen. Hatte das Orakel eine Entscheidung gefällt und Hero endgültig zum Astrilandier erklärt? Sie verscheuchte den Gedanken wieder, denn jetzt brauchte ihr Sohn ihre Hilfe. Den Dolch hatte ein Krieger bereits aus Heros Brust entfernt und mit dem Teil seines Gewandes die Wunde notdürftig verbunden. Das Tuch war inzwischen blutgetränkt und Laonira entfernte es vorsichtig, um sich die Wunde genauer anzusehen. Es war ein tiefer Stich, der so tief in die Brust reichte, dass er nur knapp Heros Herz verfehlt hatte. Sie nahm aus ihrem Gewand zwei große Goldstücke und drückte sie auf die Wunde, dann legte sie einen neuen Verband aus ihrem Hüfttuch an. Cid, der sich zu Heros Fußende niedergelassen hatte, beobachtete mit aufgestellten Ohren, wie Laonira Hero versorgte. Pantheer war inzwischen auch auf das Boot herübergeklettert, um nach Hero zu sehen. Laonira blickte zu ihm auf. Angst und Verzweiflung war auf ihrem Gesicht zu lesen. Sie sagte: „Herr, Hero ist schwer verletzt, bitte erlaubt es mir, meinen Sohn mit nach Hause zu nehmen und ihn wieder gesund zu pflegen.“ Pantheer überlegte nur einen Moment, bis er antwortete: „Ich danke Dir, aber das kann nur auf Astrilandis geschehen. Hero wird Miatris nicht noch einmal betreten. Dieses Land bringt ihm kein Glück.“
Laonira schlug die Augen nieder, es hatte keinen Sinn, Pantheers Worten zu widersprechen. Ihr Wunsch, endlich bei ihrem Sohn zu sein, war so groß, dass sie jeder Bedingung zugestimmt hätte, auch wenn sie sich geschworen hatte, den Palast von Astrilandis nie wieder zu betreten. Sie nickte nur, um Pantheer ihr Einverständnis mitzuteilen. Noch immer fürchtete sie diesen Mann, den sie einmal so sehr geliebt hatte. In all der Zeit, wo sie ein Wiedersehen mit ihrem Sohn herbeigesehnt hatte, war sie nie auf den Gedanken gekommen, dass das auch bedeuten könnte, Pantheer wieder gegenüber zu stehen. Ihr Herz war zu einem Stein in ihrer Brust geworden, seit dieser Mann ihr Lebensglück und das ihrer Kinder zerstört hatte. Mit zitternder Hand strich sie Hero über das Gesicht und das lange Haar. Ihre Augen begegneten sich und Laonira spürte, dass ihr Sohn auch sie all die Zeit schmerzlich vermisst hatte.
Myadne hatte nur einen kurzen Blick auf Hero erhascht, stellte aber mit großer Verwunderung fest, dass es sich bei dem Verletzten um den jungen Mann handelte, den sie beim Perlentauchen schon ein paar Mal gesehen hatte. Nie wäre ihr in den Sinn gekommen, dass es der Sohn, des Herrschers sein könnte. Auch Hero hatte Myadne wieder erkannt. Welches Geheimnis ihn mit Myadne verband, ahnte er in diesem Moment jedoch nicht.
Pantheer trieb zur Eile an. Hero hatte viel Blut verloren und jeder Augenblick war kostbar, wenn sein Sohn überleben sollte. Man war noch weit von Astrilandis entfernt und er wollte vor Sonnenuntergang zurück sein, um sicher anlegen zu können. Sie kappten alle Leinen, die die Segler miteinander verbanden und lenkten die Boote wieder in den Wind. An eine Verfolgung von Karikootos war nicht mehr zu denken, er war mit einem wendigen Schiff der Unnitter schnell verschwunden und außerdem hatte Laonira Pantheer noch einmal dringend gebeten, Hero so schnell wie möglich an Land zu bringen, damit sie ihn besser versorgen konnte. Er war wieder in eine Ohnmacht gesunken. Pantheer kniete neben Hero nieder, er nahm dankbar Laoniras Hand und blickte ihr tief in die Augen. „Ich vertraue darauf, dass du unseren Sohn wieder gesund pflegen wirst.“, flüsterte er so leise, dass keiner der Seeleute verstehen konnte, was er sagte. Die Frauen von Miatris waren für ihre Heilerkräfte und ihre Magie bekannt. Laonira würde für ihren Sohn alles tun, um ihn zu retten. Er hoffte, dass Hero bei dieser Pflege bald wieder auf die Beine kommen würde. Seine eigene Verletzung am Arm hatte er schon fast vergessen. Krotos, der auf der gegenüberliegenden Seite des Schiffes lag, beobachtete, wie hingebungsvoll sich Laonira um Hero kümmerte. Laonira hatte nur noch Augen für ihren Sohn.
Myadne, die allein an der Reling stand, sah unglücklich und völlig erschöpft aus. Ihre Haare mit den schweren Perlen hingen wirr über ihr nasses Gewand, aber ihr stolzer Blick
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