Aszendent zauberhaft
Schutz vor der sengenden Mittagssonne suchten.
Wie sie vermutet hatte, war in der Menge von Clemmie nichts zu sehen.
»Ich fahr noch mal raus in Richtung Bagley, okay?«, fragte der Chauffeur über die Schulter. »Hat ja keinen Zweck, hier in Hassocks im Samstagsverkehr stecken zu bleiben. Wer ist denn eigentlich diese Clemmie?«
»Meine erste Brautjungfer.« Phoebe machte es sich wieder auf dem Rücksitz bequem. »Meine Brautführerin sollte ich wohl sagen, da sie mir mit dem Gang zum Altar ja schon
zuvorgekommen ist. Zeitlebens meine beste Freundin. Eine brillante Wissenschaftlerin und unglaublich gescheit, aber ein hoffnungsloser Fall, was praktisches Denken oder Selbstorganisation angeht. Hierfür schuldet sie mir aber eine dicke Wiedergutmachung!«
»Ach, seien Sie gnädig mit ihr, Schätzchen. Es gehen doch sowieso alle davon aus, dass die Braut zu spät kommt. Gehört einfach dazu.« Der Fahrer steuerte die Limousine fort von Hazy Hassocks High Street auf die schmalen Landstraßen Berkshires. »Fünf Minuten oder so spielen ja doch keine Rolle, oder?«
Phoebe seufzte und schüttelte den Kopf. Na schön. Was machte es schon. Aber eine Verzögerung ihres minuziös ausgearbeiteten Tagesplans fand sie doch ein wenig ärgerlich. Sie kam nie zu irgendwas zu spät. Niemals. Mögliche Störungen, Unterbrechungen und Katastrophen wurden grundsätzlich in all ihre Pläne mit einkalkuliert. Aber die schusselige Clemmie musste natürlich wieder alles durcheinanderbringen.
Das war das Problem, wenn man jemanden wie Clemmie zur besten Freundin hatte. Vor allem eine total verliebte, frisch verheiratete und neuerdings auch noch schwangere Clemmie.
Insgeheim war Phoebe ein ganz klein bisschen verschnupft, dass Clemmie innerhalb von nur sechs Monaten den göttlichen Guy Devlin kennengelernt, mit ihm gearbeitet, sich in ihn verliebt, ihn in Windeseile geheiratet hatte und im nächsten Moment nun auch schon das erste Kind von ihm erwartete, während sie und Ben – mit dem sie schon seit der Schulzeit zusammen war – den gemächlicheren, ordentlichen, wohl durchdachten Weg zur ewigen Liebe eingeschlagen hatten.
Nach fünfzehn Jahren fester Beziehung hatten sie sich verlobt, hatten die Traumhochzeit bis ins letzte Detail durchgeplant und vernünftig beschlossen in ein oder zwei Jahren
eine Familie zu gründen, wenn sie aus der Mietwohnung in Hazy Hassocks auszögen und genug gespart hätten, um die erste Sprosse der Hauseigentumsleiter zu erklimmen.
Clemmie, ohne jegliche Planung oder Organisation, war typischerweise in all das einfach so hineingerasselt. Das war insgesamt doch ziemlich irritierend für jemanden wie Phoebe, die selten auch nur entschied, was sie anzog, ohne vorher ihre astrologischen Tabellen zu Rate zu ziehen und Für und Wider mindestens dreimal gegeneinander abzuwägen.
»Nervös?« Bob Bowler unterbrach ihre Gedanken und drückte seiner Tochter die Hand.
»Wegen Clemmies Verspätung? Nein, natürlich nicht. Na ja, nicht wirklich.« Durch den schneeweißen zarten Schleier hindurch sah Phoebe ihren Vater gelassen an. War ja bei Clemmie nicht anders zu erwarten. »Wahrscheinlich leidet sie unter morgendlicher Übelkeit oder so was – halb so schlimm, solange sie es schafft, ihr Kleid dabei sauberzuhalten. Sie wird schon noch auftauchen. Warum in aller Welt sollte ich nervös sein?«
»Weil es dein Hochzeitstag ist und ich schlimmes Nervenflattern habe«, gluckste Bob Bowler mit leicht zittriger Stimme. »Ich war noch nie im Leben der Vater der Braut.«
»Tja, ich war auch noch nie die Braut und bin die Ruhe selbst.« Phoebe lächelte ihn an und tätschelte auf dem Rücksitz der rosengeschmückten Limousine sein graubehostes Bein. »Mach dir keine Sorgen, Dad. Es wird heute alles so glatt laufen wie bei einem militärischen Manöver. Verlass dich auf mich, alles wird gut.«
Bob schüttelte den Kopf und fuhr mit schwitzendem Finger rund um den engen Kragen seines Frackhemds. »Du bist beängstigend, Phoebe. Cool wie ein Kühlschrank. Bräute sollen doch angeblich immer die reinsten Nervenbündel sein.«
Während die Limousine über die flimmernden Landstraßen
Berkshires in Nähe ihres Elternhauses in dem winzigen Dorf Bagley-cum-Russett vorbeiglitt und erneut in Richtung der Kirche im nahen Hazy Hassocks steuerte, sah Phoebe hinaus in den strahlend blauen Himmel des Junimorgens. Sogar das Wetter war erstklassig. Ganz wie sie es sich vorgestellt hatte.
Sie lächelte selig. »Ich bin nicht
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