@ E.R.O.S.
recht«, sage ich, erleichtert, jemanden gefunden zu haben, dem man nicht alles vorkauen muß.
»Was hat es also mit diesem EROS auf sich? Live-Plaudereien, E-mail, Rollenspiele und so weiter?«
»Genau.«
»Mein Junge ist ein Computernarr. Ich logge mich dann und wann mal in CompuServe ein. Aber ich bin kein Experte.Erklären Sie es, als hätten Sie es mit einem Idioten zu tun.«
»Ich bin selbst einer, Detective. Ich habe Ihrem Anrufbeantworter gesagt, daß Karin Wheat Mitglied bei EROS war.«
»Und Sie haben gesagt, es sei eine vertrauliche Information.«
»Ist es auch. Ich meine, den Bestimmungen des Mitgliedervertrags zufolge. Es ist uns gesetzlich untersagt, die wahre Identität eines Kunden aufzudecken. Bei uns sind eine Menge verheirateter Leute online, die nicht gerade scharf darauf sind, daß ihre Ehepartner das mitkriegen. Und auch ziemlich viele Promis.«
»Aber Sie haben mir Karin Wheats Namen genannt.«
»Nur, damit Sie wissen, wie ernst es mir ist.«
»Bleiben Sie dran – fahr auf die Chartres, Harry. Da bin ich wieder, Mr. Cole. Sie haben gesagt, Karin Wheats Tod könnte mit einigen anderen Frauen im Zusammenhang stehen? Ihrem Verschwinden oder so was?«
»Genau. Ich möchte Ihnen – für den Anfang zumindest – die Namen dieser Frauen geben und Sie bitten, sie zu überprüfen. Heimlich, wenn das geht. Das können Sie doch, oder?«
Mayeux schwieg einen Moment lang. »Sie meinen, ich soll herausfinden, ob sie noch leben?«
»Genau.«
»Ja, das können wir. Aber warum haben Sie das noch nicht getan, wenn Sie sich solche Sorgen machen? Sie haben doch ihre Telefonnummern, oder?«
»Ja. Und ich habe auch schon daran gedacht. Aber ehrlich gesagt ... man hat mir gesagt, ich solle es bleiben lassen.«
»Wer hat das gesagt?«
»Jemand in der Firma. Hören Sie, können Sie sich einfach die Namen notieren? Vielleicht bin ich ja verrückt, aber ich würde mich dann besser fühlen, okay?«
»Schießen Sie los.«
Ich lese die Namen und Nummern von einem Notebook ab.Mayeux wiederholt alles, was ich ihm genannt habe; ich vermute, er spricht auf ein Tonbandgerät. »Das sind fünf verschiedene Bundesstaaten«, stellt er fest. »Sechs Frauen, fünf Staaten. Über den ganzen Kontinent verteilt.«
»Der Informations-Superhighway«, erinnere ich ihn.
»Kein Scheiß ... Na ja, ich melde mich wieder, wenn dabei was rumkommt. Muß aufhören, Mr. Cole. Wird Zeit, mit den Feen und Vampiren zu sprechen.«
Das Gespräch hat mich seltsam aufgewühlt.
Nach Wochen des Argwohns habe ich endlich etwas unternommen . Ich verspüre die Versuchung, Miles in Manhattan anzurufen und ihm geradeheraus zu sagen, was ich getan habe, lasse es aber bleiben. Falls Miles Turner recht haben sollte – falls all diese Frauen zufrieden in ihre Rollen als glückliche Hausfrauen oder erfüllte Karrierefrauen zurückgeschlüpft sind –, will ich ihm die Genugtuung nicht gönnen. Aber falls ich recht haben sollte ... falls diese Frauen alles andere als wohlauf sind ...
Ich bin mir nicht ganz sicher, ob Miles erfahren sollte, was ich weiß. Die Erkenntnis schockiert mich ein wenig. Ich kenne Miles Turner seit über zwanzig Jahren. Seit der Grundschule. Damals war er exzentrisch. Und während der letzten fünfzehn Jahre – seit er 1978 Mississippi verließ, um zum MIT zu gehen – habe ich ihn kaum noch gesehen. Es war Miles, der mich überhaupt dazu gebracht hat, für EROS zu arbeiten. Aber ich kann ihm keinen Vorwurf machen. Ich war ein willfähriger Faust.
Als ich den dumpfen Knall höre, mit dem Drewe draußen die Tür des Acura zuschlägt, beuge ich mich tief über die Tastatur des Gateway und nehme die Haltung ein, die meine Frau darauf schließen läßt, daß ich in den vergangenen acht Stunden wie ein Verrückter Warentermingeschäfte getätigt habe.
»Mit wem hast du telefoniert?« ruft sie aus der Diele.
Pech gehabt. Auf dem Nachhauseweg muß sie versucht haben, mich mit ihrem Handy zu erreichen. Das tut sie oft, dader Blick durch die Autofenster auf die träge im Sommersonnenschein liegenden Baumwollfelder so nach zehn bis zwölf Sekunden ziemlich langweilig wird.
Drewe beugt sich in mein Büro, weigert sich demonstrativ – wie schon seit ein paar Wochen –, die Domäne des EROS-Computers zu betreten. Meine Frau ist, wie so viele, auf die Zeit eifersüchtig, die ich am Computer verbringe. Aber bei diesem Konflikt geht es um mehr als um eine Frau und einen Computer. EROS ist nicht nur ein Rechner, sondern der
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