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@ E.R.O.S.

@ E.R.O.S.

Titel: @ E.R.O.S. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Iles
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Versailles. Kalis Hand legte sich auf mein unter dem Reißverschluß geschwollenes Glied. Sie drückte mich leicht, eine Krankenschwester, die den Puls fühlte.
    Ich erschauerte. »Wir müssen warten.«
    Ein kurzes Einatmen. »Wie lange?«
    Ich ging zwischen den dunklen Blättern in die Hocke, bootete den Computer und loggte mich wieder bei EROS ein. »Sie ist noch an ihrem Computer. Sie sucht nach mir.«
    »Dann soll sie dich doch finden.«
    Ich schaltete den Computer aus, legte ihn in die Aktentasche zurück und rief mir die fotokopierten Blaupausen in Erinnerung zurück, die das Archiv mir so pflichtbewußt geschickt hatte. »Das Fenster ganz oben rechts«, sagte ich. »Jetzt.«
    Die Aussicht, das offene Gelände zwischen dem Zaun und der Villa überqueren zu müssen, war für mich entmutigend. Für Kali war es nichts. Sie glaubt, wir seien in solchen Augenblicken unsichtbar. Weniger als Schatten. Wir seien nur noch Zweck.
    Unter dem Seitenbalkon öffnete ich den Aktenkoffer. Kali nahm das Seil heraus und warf den gummierten Haken über die Eisenstäbe des Balkongeländers. Sie klettert wie ein Dieb.
    Ich warf die Aktentasche hoch.
    Ein Koffer mit Utensilien für eine Vergewaltigung, so würde die Polizei den Inhalt bezeichnen.
    Aber es ist so viel mehr.
    Ich hatte mich auf Widerstand eingestellt, aber die gläserne Balkontür stand offen. So ist es oft: Man lädt das Böse geradezu ein.
    Kali zog das Seil hinter uns hoch.
    Wir gingen gemeinsam durch den Flur. Dicker Teppichboden. Die Klimaanlage flüsterte aus der Decke. Irgendwo das regelmäßige Ächzen eines sich langsam drehenden Deckenventilators.
    Ich folgte dem Ächzen.
    Es führte uns ins Schlafzimmer. Kali bezog ihren Posten neben der Tür. Ich sehe es immer wieder: Das Schicksal entwirrt sich zum Chaos.
    Ich öffne die Tür so leise wie möglich.
    Die Patientin sitzt vor ihrem Computer, mir den Rückenzugewandt. Sie trägt ein langes, fließendes Gewand, das einem ihrer frühen Romane hätte entnommen sein können. Du solltest einen Penny an eins der Ventilatorblätter kleben, damit dieses Geräusch aufhört, will ich sagen. Aber ich verzichte darauf. Statt dessen sage ich:
    »Ich bin da, Karin.«
    Der Stuhl kippt auf den Teppich, als sie in sprachlosem Entsetzen aufspringt. Ihre Augen sind hinter der Brille fast gänzlich weiß. Sie ist schwerer als auf ihren Publicityfotos. Ihr Blick fliegt zu meiner sichtbaren Hand, sucht nach einem Messer oder einer Pistole. Aber sie ist leer.
    »Wie sind Sie hier hereingekommen?« flüstert sie.
    Ich würdige sie keiner Antwort.
    »W-Wer sind Sie?«
    »Prometheus.«
    Ihre Augen wurden größer, als ich es für möglich gehalten hätte. »Aber ich habe doch gerade eben ...« Sie schaut zu dem Computer. »Wie ...?«
    »Das ist nicht wichtig. Ich bin endlich zu dir gekommen. Um dir zu geben, was du am meisten begehrst.«
    Sie starrt mich an; ihr Gehirn trommelt offenbar hinter den glasigen Augen. »Wie ... hast du einen Wagen für uns?« fragt sie schließlich.
    »Ich dachte, du könntest einen von deinen kommen lassen.«
    »Ja«, sagt sie. »Wenn du mich nur noch ein paar Dinge ...«
    »Nein.«
    Sie erstarrt neben ihrem Nachttisch. Ihre Blicke schießen nach unten, dann wieder zurück zu meinem Gesicht. Alles bricht zusammen. Kali hatte recht: Phantasie und Wirklichkeit sind zwei verschiedene Universen. Ich bin gekommen, um zu retten, aber wer erkennt schon einen großen Zweck, wenn die Sicht vor Entsetzen umwölkt ist? Meine Hoffnungen brechen um mich herum zusammen wie zerschmetterte Ikonen. Ich schiebe die rechte Hand hinter den Rücken und schließe die Finger um den Griff der Pistole.
    »Karin?« bitte ich, biete ihr eine letzte Chance.
    Dann zerbricht ihre Maske, enthüllt ihre Panik, und ihre Hand fährt zum Nachttisch. Ich sehe dort einen Schalter. Einen Alarmknopf.
    Ich habe keine andere Wahl, muß einfach schießen.
    Die Federn des Pfeils erblühen auf ihrem Leib, direkt über der Stelle, wo ihr Nabel sein muß. Die Patientin schaut mit animalischem Unverstand nach unten und zieht den Pfeil heraus, aber dafür ist es viel zu spät. Dann läuft sie. Das tun die Tapferen normalerweise immer.
    Sie läuft direkt zu mir. Eigentlich nicht auf mich zu, sondern direkt zu mir hin, weil ich zwischen ihr und der Tür stehe.
    Ich lasse sie an mir vorbei.
    Sie schnappt nach Luft.
    Ich drehe mich um.
    Kali steht auf der Schwelle. Die treue Kali. Safrangelber Sari, nußbraune Haut, pechschwarzes Haar, noch schwärzere

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