Atemlos - Toedliches Erbe
1
Monte Carlo
Rand Maguire sah schon die Schlagzeile:
MEGA-HOCHZEIT IN HOLLYWOOD: STARS LASSEN ALLE HÜLLEN FALLEN!
Eine undichte Stelle, ein Tweet, ein einziges gottverdammtes Bild auf Facebook, und schon würden einhundert Leben auf eine Weise in Mitleidenschaft gezogen, die kein Mensch vorherzusagen vermochte. Die Hochzeit hatte sich im wahrsten Sinne des Wortes zu einem hormonellen Chaos gigantischen Ausmaßes entwickelt.
Als Securityspezialist für die Stars war es Rands Job, alle Gefahren von den prominenten Gästen fernzuhalten, während diese den Hochzeitsfeierlichkeiten von Hollywoods heißestem jungen Paar beiwohnten.
Mögliche Gefahren? Paparazzi, Stalker, Ex-Geliebte, Kidnapper. Himmel noch mal, es gab jede Menge Unwägbarkeiten unterschiedlichster Art.
Nicht
auf der gottverdammten Liste potenzieller Gefahren standen allerdings: Aphrodisiaka.
Es war gerade mal sechs Uhr früh am Morgen nach dem Hochzeitsempfang. Mehr als vierzig Hauptdarsteller – Braut, Bräutigam, die unmittelbaren Angehörigen – hatten sich in der Präsidentensuite des Hotels in Monte Carlo eingefunden und starrten Rand nach Antworten suchend an. Und wer wollte es ihnen verdenken? Wie man die Sache auch betrachtete, verantwortlich für das Debakel war Maguire Security. Rands Existenz hing an einem seidenen Faden.
Bislang hatten er und seine Leute in den Stunden nach dem Empfang nur eines herausgefunden: Die Droge war in den Champagner zum Anstoßen gemischt worden. Mit anderen Worten, sämtliche Gäste hatten zumindest ein paar Schlucke zu sich genommen. Dann war innerhalb weniger Minuten die Hölle losgebrochen, als alle in einer spektakulären Zurschaustellung zügelloser Lust jegliche Hemmungen abgelegt hatten.
Kleider wurden zerrissen oder sich gleich ganz vom Leib gezerrt. Überall fielen Paare übereinander her, wo immer sie gerade standen, lagen oder sich auf Tischen und Stühlen rekelten. Die elegante Hochzeitsfeier schlug um in eine Massenorgie – ein »Bäumchen wechsel dich« in bester Pornostreifenmanier.
Rand hatte gar nicht genug Personal, um alle zu trennen, die sich ihrem hemmungslosen Liebesrausch hingaben. Und wo immer seine Truppe einen Versuch in dieser Richtung unternahm, wehrten diese sich, als hinge ihr nacktes Überleben davon ab. Was immer diese teuflische Droge sein mochte, so was hatte er noch nicht erlebt.
Es hatte ein paar krasse und arbeitsintensive Stunden gedauert, bis es ihm und seinen Männern gelungen war, die einhundert geladenen Gäste unter vertretbarer Gewaltanwendung in ihre Suiten zu befördern und sie dort zu ihrer eigenen Sicherheit einzusperren.
Ein Segen nur, dass Hochzeit und Empfang aus Sicherheitsgründen auf dieser Etage stattfanden – glücklicherweise in geschlossenen Räumen und nicht, wie von der Braut gewünscht, im Garten.
In Zusammenarbeit mit dem Hotelmanagement hatte er sämtliche nach draußen führenden Telefonleitungen sperren lassen, ein Ärzteteam hinzugezogen, das sich um die Gäste kümmern sollte, und eine umfassende Untersuchung der näheren Umstände des Vorfalls angesetzt. Es würde sich nicht umgehen lassen, die örtlichen Behörden einzuschalten, so viel war ihm klar; zunächst einmal aber blieben ihm – maximal – ein paar Stunden, um sich Klarheit über den Vorfall zu verschaffen.
Er blieb neben einer der verzierten Steinsäulen stehen, den Eine-Million-Dollar-Blick auf das Mittelmeer jenseits der geschlossenen Glastüren im Rücken. Auf diese Weise ließ sich der zerstrittene Haufen aus Promis und besserer Gesellschaft wenigstens besser im Auge behalten, während sie darüber debattierten, ob sie ihn auf der Stelle lynchen oder sich den Anschiss für später aufheben sollten, wenn sich auch die übrigen Hochzeitsgäste eingefunden hätten.
»… hatte völlig die Kontrolle über mich verloren …«
»Mein Lieblingskleid …«
Die Hochzeitsgäste, die in kleinen, übellaunigen Gruppen zusammenstanden, hatten ihren Sündenbock längst ausgemacht: eben jenen Mann, der für ihre Sicherheit bezahlt wurde. Ein Weitersuchen erübrigte sich.
Glamouröse Schauspielerinnen hatten darauf verzichtet, ihre Frisur zu richten und Make-up aufzulegen, um ihren Senf dazuzugeben, bevor die anderen Gäste aufwachten und seine Aufmerksamkeit einforderten. Die meisten verspürten noch immer einen Stich von Peinlichkeit und mieden jeden Blickkontakt. Und wer ihm dennoch in die Augen sah, hielt mit seinem Ärger – oder seiner nackten Angst – nicht hinter dem
Weitere Kostenlose Bücher