Atevi 2 - Eroberer
»Ich weiß, was ich tue.«
»Haben Sie Schmerzen, Bren-ji?« Jago hielt seine Hand gepackt und ließ nicht locker.
Und ob er Schmerzen hatte! So oft er Luft holte, der bandagierten Brust und versteiften Schulter wegen. »Das Ding muß runter«, sagte er.
»Na schön«, antwortete sie geduldig. »Aber vielleicht sollten Sie das lieber einem Arzt überlassen.«
»Ich brauche keinen Arzt.«
»Sind Sie sicher, Nadi?«
»Ich habe gerade den Krankenbericht gelesen und die Empfehlungen zur Nachsorge. Hätte ich doch bloß schon früher einen Blick hineingeworfen. Glauben Sie mir, es wird höchste Zeit, daß der Gips runterkommt.«
»Sie schneiden sich noch.«
»Als wüßte ich nicht mit einer Schere umzugehen!« Doch dann schämte er sich für seine ungehobelte Art, als er mit Blick zu Tür gewahr wurde, daß mehrere Dienerinnen die Szene verfolgten. »Bitte, Jago, lassen Sie mich nur machen. Ich paß schon auf.«
Auch Jago schaute zur Tür. »Nadiin, Sie können gehen. Ich komme allein klar.« Und als die Tür geschlossen war: »Bren-ji, geben Sie mir die Schere. Sie sind also sicher, daß der Gips abgenommen werden kann.«
Die Schere, an der er sich fast die Finger abgebrochen hatte, wirkte zierlich und klein in Jagos kräftiger Hand. Ein Knie auf die Bettkante gestützt, trennte sie mit kleinen Schnitten den Verband auf. Bis zum Oberarm. »Sie müssen jetzt das Hemd ausziehen«, sagte sie und half ihm unaufgefordert beim Aufknöpfen.
Statt der Schere nahm sie nun ein kleines Springmesser zur Hand, das sie gewiß zu anderen Zwecken mit sich führte, und zerschnitt mit sicherem Zugriff die oberen Lagen des Gipsverbands von der Schulter bis zum Ellbogen.
»Ich frage noch mal«, sagte sie. »Kann das Ding wirklich ab?«
»Aber ja doch. Ich könnte mich dafür ohrfeigen, daß ich den Krankenbericht nicht früher gelesen habe. Wenn Sie darauf bestehen, lese ich ihn in Übersetzung vor.«
»Auf Ihre Verantwortung«, entgegnete sie und langte nun wieder zur Schere, um die unteren Mullagen aufzutrennen. Dann griff sie mit den Fingerspitzen in den Spalt und zerrte die steife Hülle vorsichtig auseinander. Bren biß die Zähne aufeinander, als die Gipsform knirschend auseinanderbrach.
»Was ist denn das?« fragte Jago und deutete auf seinen Oberarm. Darauf klebte, wie er sah, ein maschinenbeschriebenes Stück Papier, zerknittert und schweißdurchtränkt.
Bren war nicht weniger verblüfft als sie, zog den Zettel von der Haut und las, was Shawn, sein Freund im Auswärtigen Amt, mit seinem Kürzel unterzeichnet hatte: Setz Dich mit aller Kraft dafür ein, daß der Vertrag Gültigkeit behält. Ich halte Dir die Stange, aber es wird eng für mich. HD versucht, mich kaltzustellen. Im Notfall bin ich zu erreichen unter der Codenummer Troja 987865/UY.
HD. Hampton Durant. Brens Hand fing zu zittern an, was Jago bemerken mußte, darum beeilte er sich zu sagen: »Ein kleiner Scherz. Von einem Mitarbeiter aus meinem Büro. Er wünscht mir viel Erfolg.« Achtlos warf er den Zettel zu Boden. »Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie mir jetzt auch noch diese verdammte Bandage von den Rippen nehmen würden.«
Jago setzte die Schere an, zerschnitt den Klebestreifen am Rand der Bandage und zog ihn vorsichtig ringsum von der Haut. Unwillkürlich schnappte Bren nach Luft. Die vor kurzem gebrochenen Rippen wölbten sich schmerzhaft unter dem nachgebenden Druck der von Jago abgewickelten Bandage.
Ihm wurde schwarz vor Augen. Er hielt den Ellbogen der verletzten Seite gefaßt und sank stöhnend auf die Matratze zurück.
»Nadi?« fragte Jago alarmiert. »Wir sollten wohl doch lieber den…«
»Nein!« fiel er ihr ins Wort, gereizt und mit schmerzverzerrtem Gesicht. »Kein Arzt.« Darauf hörte er Jago das Zimmer verlassen und fürchtete, sie vergrätzt zu haben. Doch nach einer Weile – er lag eingerollt und in sich kauernd auf der Seite – kehrte sie zurück und machte sich sofort daran, seinen Arm mit einer Salbe einzureiben – was in Anbetracht der für Menschen häufig nachteiligen Wirkung atevischer Medikamente womöglich keine gute Idee war. Er wollte Protest einlegen, spürte aber dann die Schmerzen auf wundersame Weise schwinden. Er hob das Gesicht vom Kissen, bemerkte den Auflauf der Dienerinnen vor dem Bett und richtete sich auf, was die Frauen zum Anlaß nahmen, die Decke zurückzuschlagen und das Laken glattzuziehen.
Aber er hielt es nicht lange aus im Sitzen; die Schulter wurde ihm allzu schwer. Und so legte er sich
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