Atevi 2 - Eroberer
sauren Apfel beißen.
Er gab der Telefonistin den Auftrag, ihn zu verbinden, und wartete. Nach sechsmaligem Läuten wurde abgehoben.
»Hallo?« sagte Barb.
Bren spürte, wie es ihm den Hals zuschnürte. »Hallo, Barb. Wie geht’s dir?«
»Bren, wie schön, daß du anrufst. Ich hoffe, du bist mir nicht gram.«
»Nein…« Ihm fiel auf die Schnelle nichts Besseres zu sagen ein als: »Paul ist ein netter Kerl. Ich hoffe, ihr seid glücklich miteinander. Schade, daß ich zur Hochzeit nicht da sein konnte. Herzlichen Glückwunsch nachträglich.«
»Wenn wir uns doch bloß einmal richtig ausgesprochen hätten. Aber dazu gab’s ja kaum Gelegenheit.«
»Tja, leider, aber was soll’s? Es war bei meinem Job halt nicht anders einzurichten.«
»Ich weiß, aber… Bren, ich bin mir nicht mehr sicher, ob…«
»Kommen die Bedenken nicht ein bißchen spät?«
»Ich muß mit dir reden. Unter vier Augen, wenn du wieder auf der Insel bist. Ich bin mir über so vieles noch nicht im klaren.«
»Das hat doch keinen Sinn, Barb. Ein Zurück gibt es nicht. Du hast deine Entscheidung getroffen.« Seine Stimme klang bitter, unwillkürlich. Er biß die Zähne aufeinander und setzte neu an: »Ich habe aus einem anderen Grund angerufen. Wegen meiner Mutter; sie ist nicht zu erreichen, und ich mache mir Sorgen. Hast du vielleicht in letzter Zeit mit ihr gesprochen?«
Mit der Antwort auf sich warten zu lassen, war ein Tick von Barb und ein Zeichen schlechter Laune. Aber dann sagte sie betont heiter: »Oh ja, vorgestern erst. Es geht ihr gut.«
»Du hast bei ihr angerufen?«
»Ja… «
»Toby sagt, daß sie am Telefon belästigt worden sei. Jetzt ist ihr Anschluß offenbar gesperrt. Barb, ich habe eine Bitte. Es ist wohl reichlich viel verlangt, aber würdest du mir den Gefallen tun, bei ihr vorbeizuschauen und nachzusehen, ob alles in Ordnung ist?«
Es entstand wieder eine längere Pause. »Wenn’s dich beruhigt.«
»Barb, sei bitte ehrlich. Ich tappe hier im dunklen. Gibt es Probleme bei euch?«
Daß sie ihre Antworten so lange hinauszögerte, sollte ihn wohl provozieren. »Ach ja, du tappst im dunklen«, sagte sie attackierend. »Freu dich, daß du nicht im öffentlichen Telefonbuch stehst und dir nicht anhören mußt, was die Leute hier von dir halten.« »Ihr werdet also doch belästigt.« »Allerdings, pausenlos«, sagte Barb, und ihre Wut war unüberhörbar. »Weshalb?«
»Tu nicht so naiv. Die Leute können sich ja nicht bei dir persönlich beschweren, also müssen wir herhalten, deine Freunde und Verwandten. Ich habe meine Rufnummer ändern lassen, aber jetzt belästigt man mich schon am Arbeitsplatz. Das halte ich nervlich nicht mehr durch. Die Leute sind aufgebracht. Sie verstehen nicht, was in dich gefahren ist, Bren, fühlen sich von dir verraten und verkauft.«
»Dummes Zeug.« Was wußten die Leute auf Mospheira? Wer informierte sie? »Was soll das heißen: >verraten und verkauft?<«
»Daß du nicht in ihrem Interesse handelst, sondern ausschließlich im Interesse der Atevi mit dem Ergebnis, daß sie ganz allein mit dem Schiff ins Geschäft kommen und uns außen vor lassen.«
»Wer hat denn diesen Unsinn in die Welt gesetzt?«
»Im Fernsehen ist von nichts anderem mehr die Rede. Leute wie Bruno Previn…«
»Bruno Previn! Um Himmels willen, welche Sender guckst du dir denn an?«
»Der treibt sich mittlerweile überall rum.«
»Er ist ein ausgemachter Blödmann.«
»Kommt aber ständig zu Wort. Und nicht nur er, sondern auch Dorothy Durer-Dakan, Brandt-Topes…«
Nicht zuletzt wahrscheinlich: »Gaylord Hanks?«
»So ist es. Er fordert die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses und will geklärt wissen, warum man dich zurückgeschickt hat, obwohl doch seine Tochter schon in Shejidan war, und wo sie inzwischen abgeblieben ist.«
»Deana wollte sich heute bei ihrer Familie gemeldet haben. Für den Fall, daß sie nicht durchgekommen ist: Bitte richte den Eltern aus, daß es ihr gut geht. Ich habe mit ihr zu Mittag gegessen und kann sagen: Sie ist immer noch ganz die alte.«
»Bren, mir gefällt das nicht.«
»Hast du mit meiner Mutter gesprochen?«
»Komm mir nicht wieder damit, und hör mir zu… «
»Hast du mit ihr gesprochen?«
»Nicht direkt, aber ich habe über den Hausmeister erfahren, was los ist. Erkundige dich bei dem.«
Daran hatte er noch nicht gedacht. »Unter welcher Nummer?«
»Moment… hier: 1-6587-38-48.«
Er klemmte den Hörer zwischen Gips und Wange und notierte die Nummer.
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