Atevi 2 - Eroberer
»Danke, Barb.«
»Keine Ursache… Bren, ich will dich sehen. Wann kommst du? Wir müssen… ach, ich weiß nicht.«
»Was soll das, Barb?«
»Ich fürchte, ich habe einen schrecklich dummen Fehler gemacht.«
»Ich komme nicht zurück. Verstehst du? Es hat sich vieles verändert. Nicht nur zwischen uns. Das müssen wir akzeptieren.«
»Ich liebe ihn nicht.«
»Darüber hättest du dir früher im klaren sein sollen. Tut mir leid, ich kann da nicht helfen. Auch das müßte dir längst klar sein.«
Sie schwieg, und er wußte nichts mehr zu sagen, fügte aber schließlich hinzu: »Ich wünschte, es wäre anders gekommen, Barb. Sei’s drum. Du hast Paul geheiratet. Jetzt sei ihm gegenüber wenigstens fair.«
»Fahr zur Hölle!« platzte es aus ihr heraus. Darauf war Verlaß: Barb würde sich schon zu behaupten wissen und gewiß nicht in Selbstmitleid verkümmern.
»Gute Nacht, Barb.«
»Gute Nacht.« Und dann: »Bren, ich werde nach deiner Mutter sehen. Versprochen.«
»Danke, Barb.«
Er legte auf. Seltsames Gefühl: Leere und Gleichgültigkeit machten sich breit. Er kam sich verloren vor, so, als hätte es ihn an einen fremden Strand verschlagen, und da war niemand, der ihm sagte: Da geht’s lang, Bren.
Und es kümmerte ihn nicht.
Ein weiteres Gewitter. Das Donnergrollen über den Dächern klang wie ein permanenter Vorwurf. Er verließ das Büro und bestellte bei einer Dienerin ein Glas Shibei, dunklen, bitteren Likör, der auch für ihn genießbar war. Die junge Frau, die sich beeilte, seinen Wunsch zu erfüllen, hieß Caminidi – er wußte inzwischen fast alle Bediensteten beim Namen zu nennen -; sie war eines jener feenhaften Wesen, die immer zur Stelle zu sein schienen, leere Teekannen wegräumten, Waffelkrümel von den Tischen fegten und in den unscheinbaren Tapetentüren auftauchten und wieder verschwanden.
Mit dem Glas in der Hand ging er, des schönen Ausblicks wegen, ins Frühstückszimmer, wo sich eine Dienerin anerbot, Licht für ihn zu machen. »Nein, Nadi«, sagte er. »Ich möchte den Ausblick genießen.«
Er hatte noch einiges zu erledigen. Für den nächsten Morgen war der Flug in die Berge terminiert, und obwohl er nur für einen Tag weg sein würde, galt es, ein paar Sachen zusammenzupacken. Außerdem wollte er noch den Bericht des Industrieausschusses lesen, der auf seine Bitte hin eine Liste zusammengestellt hatte von allen Herstellern raumfahrtrelevanter Produkte. Daran würde bestimmt auch Jason Graham interessiert sein.
Bren war entschlossen, als Paidhi darauf hinzuwirken, daß den Atevi die Entwicklung der zu bauenden Fähre weder von Mospheira noch von den Fremden an Bord des Schiffes aus der Hand genommen würde. Maßgeblich waren nicht irgendwelche extravaganten Vorschläge und Wünsche von außen, sondern allein die Möglichkeiten der atevischen Industrie. Um diese Möglichkeiten koordinieren zu können, mußte er sie zunächst einmal kennenlernen, vor Ort. Er würde also in nächster Zeit viel unterwegs sein und sich mit Ingenieuren und Werksmanagern unterhalten müssen. Schon aus dem Grund kamen private Ausflüge nach Mospheira nicht in Frage.
Er hatte Barb, verdammt noch mal, von Anfang an gesagt, daß sie mit regelmäßigen Besuchen von ihm nicht würde rechnen können. Und jetzt schien sie doch tatsächlich zu erwarten, daß er sie hin und wieder aus ihrem biederen Vorstadthäuschen und von ihrem langweiligen, auf Computer fixierten Ehemann entführte zu einer Sause aus Lust und Laune in Nachtclubs oder sonstwohin. Ausgeschlossen.
Er versuchte, gegen seine Wut auf sie anzugehen, indem er sich klarmachte, daß mehr Nachsicht angebracht war. Schließlich hatte sie jahrelang auf ihn gewartet. Wie ihr dabei zumute war und was sie in ihrer Freizeit anstellte, war für ihn nie ein Thema gewesen, jedenfalls hatte er nie danach gefragt. Es war ihm nie in den Sinn gekommen, daß sie sich womöglich mit anderen tröstete – vielleicht des längeren schon mit Paul. Wer weiß?
Wie dem auch sei, es war kein Denken daran, daß er sich jetzt auf Seitensprünge einließ, auch wenn vorläufig noch nicht auf Kinder Rücksicht zu nehmen war. Eine solche Affäre würde sich nicht geheimhalten lassen, schon gar nicht vor Paul. Und der war ein verletzlicher Typ, ein Kopfmensch, der mit Gefühlen kaum zurechtzukommen vermochte, zumal er sonst niemanden hatte, dem er sich anvertrauen konnte.
Wer konnte dem besser nachempfinden als er, Bren?
Trotzdem, er war nicht an Pauls Stelle, zum
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