Atevi 2 - Eroberer
Barb-daja zusammen. Mir ist aufgefallen, daß Sie sehr bestürzt waren, als Sie ihn gelesen haben.«
Sein erster Impuls war, ihr zu widersprechen. Doch es kam hier in Shejidan nicht häufig vor, daß man ihm mit persönlicher Anteilnahme begegnete; also antwortete er ehrlich: »Ich habe, wie es bei uns sprichwörtlich heißt, wenn nicht alle, so doch einige Brücken hinter mir abgerissen.«
»Das Halteseil durchtrennt, würden wir sagen.«
Darauf war Verlaß: Unglück und Mißgeschick ließen sich problemlos übersetzen.
»Kam das für diese Frau überraschend, oder hat sie damit rechnen müssen?«
»Wer? Hanks?« Die Frage war nur vorgetäuscht.
»Barb-daja.«
Wahrscheinlich wunderte sich Jago darüber, daß Beziehungen zwischen Menschen in die Brüche gehen konnten. Unvorstellbar für Atevi.
»Barb ist…« – ihm fehlte das passende Wort -»immer noch auf meiner Seite. So auch der Mann, den sie geheiratet hat. Es sind gute Leute.«
Jago rührte sich nicht vom Fleck; es schien, als zweifelte sie an seinen Worten. Er war geneigt zu fragen, warum sie ihm nicht glaubte, sagte aber statt dessen: »Jago, seien Sie mir bitte nicht böse. Mir liegt sehr viel daran, daß Sie eine gute Meinung von mir haben.«
Fast wie Barb, aber ungleich wirkungsvoller zögerte sie ihre Antwort hinaus. »Ich bin Ihnen nicht böse. Gute Nacht, Bren-Paidhi«, sagte sie, ging hinaus und zog die Tür hinter sich zu.
Bren blieb dem quälenden Gedanken überlassen, womöglich doch einiges falsch verstanden und Jago vor den Kopf gestoßen zu haben, was ihm schrecklich leid täte, nicht nur ihretwegen.
Er wälzte sich auf die Seite und legte den Kopf auf den Arm. Immerhin, der Verband war ab. Ein beklemmender Umstand weniger.
15
Tabini hatte seine Privatmaschine zur Verfügung gestellt. Tano und Algini sorgten für den Begleitschutz. Auf Reisen seien die Sicherheitsrisiken für den Paidhi geringer als im Bu-javid, hatte Jago gesagt.
Eine seltsame Bemerkung, fand Bren, der in jeder Geste, in jedem ihrer Worte einen verborgenen Hinweis witterte, der die offenen Fragen der vergangenen Nacht würde klären helfen.
Das Flugzeug rollte auf die Startbahn. Statt sich gedanklich vorzubereiten auf das Treffen, zu dem er aufgebrochen war, gingen ihm Jago und Banichi durch den Kopf. Wie die beiden zueinander standen, war ihm immer noch ein Rätsel, zumal er insgesamt kaum etwas wußte über die atevische Art intimer Beziehungen. Machimi-Dramen gaben Aufschluß über psychologische und politische Verwicklungen, sparten aber romantische Bezüge gänzlich aus. Ähnlich verschwiegen war die erzählende Literatur, und auch in Gesprächen ließ sich darüber kaum etwas in Erfahrung bringen. Tabini und Damiri hatten schon seit Jahren eine Liaison gehabt, als sich Damiri endlich öffentlich dazu bekannte. Eine Heirat kam für die meisten Atevi erst dann in Betracht, wenn Nachwuchs unterwegs war. Andere hatte das nicht zu interessieren, und Fragen in diese Richtung gehörten sich nicht. Daß Tabini ihm gegenüber einmal von sich aus auf sein Verhältnis zu Damiri zu sprechen gekommen war, hatte sich aus einer besonderen Stimmung heraus ergeben.
Bren war versucht, Tano um Auskunft zu bitten. Ihm würde sich am ehesten der eine oder andere Hinweis entlocken lassen. Doch er hielt sich zurück, denn Tano war nicht auf den Kopf gefallen und würde schnell begriffen haben, worauf er, Bren, mit einer solchen Frage in Wirklichkeit abzielte. Tano wäre wahrscheinlich in Verlegenheit gebracht. So auch Algini.
Banichi zu fragen, kam erst recht nicht in Betracht. Dann schon eher Tabini, dachte Bren, als die Maschine abhob.
Doch das würde möglicherweise Jago in Schwierigkeiten bringen. Günstiger war es, sie direkt anzusprechen, um ein offenes Wort zu bitten.
Was aber alles andere als vernünftig wäre und einem Verstoß gegen seine Amtsvorschriften gleichkäme. Als Paidhi war er zur Neutralität verpflichtet, und die durfte nicht korrumpiert werden von persönlichen Gefühlen. Wenn Deana Hanks Wind bekäme von dem, was letzte Nacht passiert war…
Ja, was denn schon? Was ließe sich daran beanstanden, daß er zu einer Ateva freundschaftlichen Kontakt unterhielt…
Freundschaft. So etwas gab es unter Atevi nicht. Nein, auf ein solches Verhältnis nach menschlichem Muster würde er sich nicht berufen können.
Ja, er empfand Zuneigung für sie, und die war tiefer als ihm recht sein konnte – momentan, da es, weiß Gott, andere Probleme zu
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