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Atlantis

Titel: Atlantis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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der Schulkapelle und den Leuten vom Anah Temple Shrine auf ihren winzigen Motorrädern einher und schien mit seinem bestirnten blauen Zylinder mindestens drei Meter groß zu sein, doch wenn ihm der Wind die Hose gegen die Beine wehte, sah man den Trick. So sahen Stoke Jones’ Beine in seiner nassen Hose aus: wie ein Trick, ein schlechter Scherz, abgesägte Stelzen mit Turnschuhen unten dran.
    »Woher weißt du das?«, fragte Skip. »Hat er’s dir erzählt, Natie?«
    »Nein.« Nate schaute beschämt drein. »Er hat’s Harry Swidrowski erzählt, nach einer Sitzung des Widerstandskomitees. Sie - wir - waren im Bear’s Den. Harry hat ihn rundheraus gefragt, was mit seinen Beinen passiert ist, und Stoke hat’s ihm erzählt.«
    Ich glaubte, Nates Gesichtsausdruck zu verstehen. Nach der Sitzung, hatte er gesagt. Danach. Nate wusste nicht, was bei der Sitzung besprochen worden war, weil er nicht daran teilgenommen hatte. Nate war kein Mitglied des Widerstandskomitees; Nate war ein Außenstehender, ein Zuschauer. Schon möglich, dass er mit den Zielen und der Politik des Widerstandskomitees übereinstimmte … aber er musste auch an seine Mutter denken. Und an seine Zukunft als Zahnarzt.
    »Eine Rückenmarksverletzung?«, fragte der Arzt. Energischer denn je.
    »Ich glaube, ja«, sagte Nate.
    »Gut.« Der Doc scheuchte uns mit einer Handbewegung weg, als wären wir eine Gänseherde. »Na los, geht in
eure Wohnheime zurück. Wir werden uns gut um ihn kümmern.«
    Wir machten uns auf den Rückweg zur Aufnahme.
    »Warum habt ihr gelacht, als ihr ihn reingebracht habt?«, fragte die Krankenschwester auf einmal. Sie stand mit der Blutdruckmanschette in der Hand neben dem Arzt. »Und warum grinst ihr jetzt?« Sie klang wütend. Zum Teufel, sie sprühte geradezu vor Zorn. »Was war so komisch am Missgeschick dieses Jungen, dass es euch zum Lachen gebracht hat?«
    Ich glaubte nicht, dass ihr jemand eine Antwort geben würde. Wir standen nur da, traten von einem Bein aufs andere und senkten den Blick auf unsere Füße, weil wir merkten, dass wir noch keineswegs so weit über die vierte Klasse hinaus waren, wie wir vielleicht geglaubt hatten. Aber dann antwortete doch jemand. Skip antwortete. Er brachte es sogar fertig, sie dabei anzusehen.
    »Sein Missgeschick, Ma’am«, sagte er. »Das war es, Sie haben recht. Es war sein Missgeschick, was so komisch war.«
    »Wie schrecklich«, sagte sie. Tränen des Zorns standen in ihren Augenwinkeln. »Wie schrecklich ihr seid!«
    »Ja, Ma’am«, sagte Skip. »Ich glaube, da haben Sie ebenfalls recht.« Er wandte sich von ihr ab.
    Wir folgten ihm in die Aufnahme zurück, eine nasse, geschlagene kleine Gruppe. Ich kann nicht behaupten, dass es der Tiefpunkt meiner College-Laufbahn gewesen wäre, als schrecklich bezeichnet zu werden (»Wenn du dich noch gut an die Sixties erinnerst, dann hast du sie nicht miterlebt«, sagte der Hippie Wavy Gravy einmal), aber vielleicht war es der Tiefpunkt. Das Wartezimmer war immer noch leer.
Auf dem Bildschirm war jetzt Little Joe Cartwright zu sehen, und er war genauso grün wie sein Dad. Michael Landon ist auch an Bauchspeicheldrüsenkrebs gestorben - das hatte er mit meiner Mutter gemein.
    Skip blieb stehen. Ronnie schob sich mit gesenktem Kopf an ihm vorbei zur Tür, gefolgt von Nick, Billy, Lennie und den anderen.
    »Bleibt stehen«, sagte Skip, und sie drehten sich um. »Ich will mit euch über etwas reden.«
    Wir versammelten uns um ihn. Skip warf einen Blick zu der Tür zurück, die zum Untersuchungsbereich führte, vergewisserte sich, dass wir allein waren, und begann dann zu sprechen.

36
    Zehn Minuten später gingen Skip und ich allein zum Wohnheim zurück. Die anderen waren schon vorgegangen. Nate blieb noch eine Weile bei uns, dann muss er eine Schwingung aufgefangen haben, dass ich unter vier Augen mit Skip sprechen wollte. Nate war schon immer gut darin, Schwingungen aufzufangen. Er ist bestimmt ein guter Zahnarzt, und ich wette, dass besonders die Kinder ihn mögen.
    »Für mich ist jetzt Schluss mit Hearts«, sagte ich.
    Skip schwieg.
    »Ich weiß nicht, ob es schon zu spät ist, meine Noten noch so weit rauszureißen, dass ich mein Stipendium behalten kann, aber ich werd’s versuchen. Und es ist mir so oder so ziemlich egal. Es geht nicht um das verdammte Stipendium.«

    »Nein. Es geht um sie , stimmt’s? Um Ronnie und all die anderen.«
    »Nur zum Teil, glaube ich.« Es war so kalt dort draußen, während dieser Tag in die Nacht

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