Atlantis
der umgebogenen Ecke. Der Mann mit der Melone drehte sie um und deckte die Herz-Dame auf.
»Gut gemacht!«, sagte er. »Du hast ein scharfes Auge, Püppchen, wirklich, ein scharfes Auge.«
»Danke«, sagte Yvonne. Sie errötete und sah fast so glücklich aus wie Carol, als Bobby sie geküsst hatte.
»Wenn du bei dem Durchgang zehn Cent gesetzt hättest, würde ich dir jetzt zwanzig Cent zurückgeben«, sagte der Mann mit der Melone. »Warum, fragst du? Weil heute Samstag ist, und Samstag heißt bei mir Zwo-zu-eins-Tag! Na, möchte eine der Ladys vielleicht zehn Cent in einem Wettrennen zwischen ihren jungen Augen und meinen müden alten Händen riskieren? Ihr könnt euren Männern erzählen - Glückspilze sind sie, dass sie euch haben, wenn ich das sagen darf -, dass Mr. Herb McQuown, der Monte-Mann von Savin Rock, die Parkgebühren für euch bezahlt hat. Oder wie wär’s mit einem Vierteldollar? Zeigt mir die Herz-Dame, und ich gebe euch fünfzig Cent zurück.«
»Einen halben Stein, ja!«, sagte Sully-John. »Ich hab einen Vierteldollar, Mister, und ich bin dabei.«
»Johnny, das ist ein Glücksspiel«, sagte Carols Mutter unschlüssig. »Ich glaube wirklich nicht, dass ich dir das erlauben …«
»Ach was, der Junge soll ruhig eine Lektion kriegen«, sagte Rionda. »Außerdem kann es sein, dass der Kerl ihn gewinnen lässt. Damit wir auch einsteigen.« Sie gab sich keine Mühe, die Stimme zu senken, aber der Mann mit der Melone - Mr. McQuown - sah sie nur an und lächelte. Dann wandte er seine Aufmerksamkeit wieder S-J zu.
»Zeig uns dein Geld, Kleiner - na los, her damit.«
Sully-John gab ihm seinen Vierteldollar. McQuown hob ihn kurz ins Nachmittagslicht, ein Auge geschlossen.
»Ja, sieht mir wie’n echter aus«, sagte er und knallte ihn links von der Dreierreihe der Karten aufs Brett. Er schaute in beide Richtungen - vielleicht hielt er Ausschau nach
Cops - und zwinkerte dann der zynisch grinsenden Rionda zu, bevor er seine Aufmerksamkeit wieder auf Sully-John richtete. »Wie heißt du, Kumpel?«
»John Sullivan.«
McQuown riss die Augen auf und kippte seine Melone auf die andere Seite des Kopfes, sodass die Plastiksonnenblume auf ulkige Weise nickte und sich krümmte. »Ein bedeutender Name! Weißt du, wovon ich spreche?«
»Klar. Eines Tages werde ich vielleicht auch mal ein großer Boxer«, sagte S-J. Er schlug eine Linke und dann eine Rechte in die Luft über McQuowns behelfsmäßigem Tisch. »Pow, pow!«
»Jawoll, pow-pow«, sagte McQuown. »Und wie sind deine Augen, Master Sullivan?«
»Ziemlich gut.«
»Dann mach sie mal bereit, denn das Rennen geht los! Jawoll! Deine Augen gegen meine Hände! Auf und ab, klipp und klapp, heraus, hinein, wo mag sie sein?« Die Karten, die sich diesmal viel schneller bewegt hatten, wurden langsamer und blieben liegen.
Sully wollte schon auf eine zeigen, aber dann zog er die Hand zurück und runzelte die Stirn. Jetzt hatten zwei Karten einen kleinen Knick in der Ecke. Sully blickte zu McQuown auf, der die Arme vor seinem schmutzigen Unterhemd verschränkt hatte. McQuown lächelte. »Lass dir Zeit, mein Junge«, sagte er. »Heute Vormittag ging die Post ab, aber der Nachmittag ist ziemlich ruhig.«
Männer, die Hüte mit Federn in der Krempe schick finden, erinnerte sich Bobby an Teds Worte. Die Art Männer, die in einer Seitengasse würfeln und während des Spiels eine Flasche Schnaps in einer Papiertüte kreisen lassen. McQuown
hatte eine lustige Plastikblume statt einer Feder in seinem Hut, und von einer Flasche war nichts zu sehen … aber er hatte eine in der Tasche. Eine kleine. Bobby war sich da sicher. Und gegen Ende des Tages, wenn das Geschäft abebbte und die absolut präzise Koordination von Hand und Auge nicht mehr so wichtig für ihn war, würde McQuown immer öfter daraus trinken.
Sully zeigte auf die Karte ganz rechts. Nein, S-J, dachte Bobby, und als McQuown diese Karte umdrehte, war es der Pik-König. McQuown drehte die Karte ganz links um und zeigte ihnen den Kreuz-Buben. Die Dame lag wieder in der Mitte. »Tut mir leid, mein Junge, war’n bisschen lahm, aber nur keine Scham. Willst du’s noch mal probieren, wo du dich jetzt aufgewärmt hast?«
»Mann, ich … Das war meine letzte Kohle.« Sully-John schaute geknickt drein.
»Ist bloß gut für dich, Kleiner«, sagte Rionda. »Er würde dir alles abnehmen, was du hast, und dich in der Unterhose hier stehen lassen.« Die Mädchen kicherten wie wild; S-J errötete. Rionda beachtete
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