Atlantis in London
bedeckt gewesen war.
***
Trotz der radikal veränderten Situation verfiel ich nicht in Panik. Es wäre das Letzte gewesen, was ich hätte gebrauchen können. Ich musste in dieser Lage cool bleiben.
Ich hatte vom Büro aus auf das Bild sehen und auch erkennen können, dass es eine sehr große Tiefe besaß. Umgekehrt war es nicht der Fall. Es war mir nicht möglich, aus dem Bild heraus zurück in das Zimmer zu schauen. Da hatte sich eine Grenze aufgebaut. Sie sah aus, als hätte jemand eine blaue Wand vor mich hingestellt.
Ich war gefangen, und ich war zudem gefangen in einer anderen Dimension und Zeit.
Ich konnte mir vorstellen, dass durch das Verschwinden des Götterboten Hermes diese Welt zu einem Kerker geworden war, der mich nun umfing und der mich freiwillig nicht mehr hergeben würde. Ich stand auf dem Felsen wie eine Figur. Die Klammer umschloss mein linkes Bein in Höhe des Knöchels, und sie war so fest, dass ich den Fuß nicht herausziehen konnte. Bewegen konnte ich das Bein, denn die Kette ließ einen genügenden Spielraum zu. Sie war mit ihrer einen Seite unter mir am Fels angebracht worden.
Eine verdammt raffinierte Art, mich auszuschalten. Die Waffen hatte man mir gelassen, und ich glaubte auch nicht, dass man mich unbedingt schon jetzt töten wollte. Meine Gegner wollten mich einfach außer Gefecht setzen, damit ich ihnen nicht gefährlich werden konnte. Ich war ihnen eben zu nahe gekommen.
Ob ich mich überhaupt noch auf oder in der Wand befand, war ebenfalls nicht festzustellen. Ich konnte genauso gut durch irgendeine Welt oder Dimension treiben, ohne dass ich etwas davon merkte. Ich konnte mich auch in der Vergangenheit, in Atlantis, befinden, wo der Kontinent noch Bestand gehabt hatte.
Und plötzlich wurde ich fortgetrieben! Ich merkte, wie ich anfing zu schweben und trotzdem noch auf dieser komischen Steinbrücke stand. Unternehmen konnte ich nichts. Man spielte mit mir, ich musste den anderen Gesetzen Tribut zollen.
Wenn ich meinen gefesselten Fuß bewegte, hörte ich das Klirren der Ketten. Für mich hörte es sich an, als würden hohle Knochen gegeneinander schlagen und mir eine Botschaft des Todes übermitteln…
***
Die Gegend war ruhig, sie war schön, und eine herrliche Märzsonne überdeckte sie wie helles Krepppapier. Suko hatte die Sonnenbrille aufsetzen müssen, um nicht geblendet zu werden. In der klaren Luft tummelten sich die ersten Vögel, die bereits ihren Platz im Süden verlassen hatten und wieder nach Norden gezogen waren, Es war ein Tag, der nicht gerade zur Arbeit einlud. Da die Temperaturen zweistellig geworden waren, hätte man ihn sogar draußen in der Sonne verbringen können.
Suko konnte sich vorstellen, dass die Familie Hazelwood darauf zurückgriff. Überhaupt war er gespannt darauf, die Leute kennen zu lernen, besonders natürlich Thelma, das Kindermädchen. Er hatte beschlossen, sich nichts anmerken zu lassen. Er wollte auch nicht, dass man ihn ihr gegenüber als Polizisten vorstellte, Thelma sollte völlig ahnungslos sein.
Das Haus der Hazelwoods besaß ein großes Walmdach. Es hätte eher an die Küste gepasst. Ein Nachbarhaus war nicht zu sehen. Wenn eines in der Nähe stand, dann war der Blick darauf durch die hohen Bäume genommen, die sich um das Haus der Hazelwoods verteilten. Die Sonne hatte dem kiesbestreuten Platz vor dem Haus einen hellen Schimmer gegeben, der an manchen Stellen aussah wie ein Spiegel. Einige Wagen parkten dort. Aus zwei von ihnen wurden Kisten ausgeladen und um das Haus in den Garten gebracht, wo bereits Popmusik erklang und den Garten ausfüllte.
Von den Hazelwoods hatte Suko bisher nichts gesehen. Er stellte seinen Wagen ab und schritt auf die breite Haustür zu, die aus hellem Holz bestand, in der Mitte allerdings zwei Fenster mit getönten Scheiben aufwies. Er sah eine Klingel und wollte den Zeigefinger auf den Knopf legen, als die Haustür von innen aufgezogen wurde. Eine Frau stand vor ihm. Helle Jeans, Sweatshirt, eine Weste aus dunklem Samt, auf dem Strass schimmerte. Die Frau hatte rotbraune Haare, ein leicht geschminktes Gesicht und machte einen nervösen Eindruck.
»Mrs. Hazelwood?«
»Ja - und wer sind Sie?«
Suko holte seinen Ausweis hervor. »Bitte leise, Mrs. Hazelwood. Ich bin Inspektor Suko.«
»Vom Yard, nicht?«
»Genau.«
»Mein Mann rief mich an und sagte mir, dass er etwas in die Wege geleitet hätte.« Sie schaute ihn skeptisch an, so, als würde sie ihm nicht viel zutrauen. »Nun ja, dann kommen
Weitere Kostenlose Bücher