Atlantis
gelingen, ihn unverstümmelt zu hören.«
Er reichte Tredrup die Hand.
»Klaus, ich danke dir.«
»Dank’s Tredrups neugieriger Nase!« erwiderte der lachend. »Ja, ja! Tredrups neugieriger Nase. Du bist nicht der erste und einzige in der Welt, der diese Eigenschaft konstatiert. Aber…«
Er zuckte die Achseln. »Wieder einmal ist der Beweis erbracht, daß manchmal dabei etwas herauskommt.«
Er schielte leicht zu der Gestalt des anderen.
»…manchmal freilich auch nicht.« Er schüttelte sich wie ein Hund, der im Wasser war.
»Glück auf, Walter Uhlenkort!«
Er ging mit ihm zur Tür, reichte ihm zum Abschied die Hand.
»Tredrups Nase«, er warf einen scheuen Blick zu dem Raum zurück, flüsternd kamen die Worte aus seinem Mund. »Tredrups Nase verspürt guten Wind, Uhlenkort. Mir träumte gestern, es wäre nicht das letzte Mal, daß ich hier oben in Spitzbergen war.«
»Klaus Tredrup, hast du die nächtliche Fahrt ganz vergessen, jene Fahrt nach Süden? Sei gewarnt!«
Uhlenkort sagte es, halb war es Scherz, halb Ernst.
»Und wenn ich hundert Jahre alt würde, ich werde sie nie vergessen. Werde auch immer daran denken, wenn ich mit ihm zu den Antillen fahre… Uhlenkort-Welle, Glückauf!«
»Danke dir, Klaus, auf Wiedersehen! Wäre möglich, daß wir uns bald wiedersehen.«
Tredrup wollte fragen, da schritt Uhlenkort schon die Stufen hinunter.
*
Noch brannte die Sonne auf das Atoll. Ein Pfiff gellte über die Lagune, rief die Besatzung zur Mahlzeit. In dem Höhleneingang erschien die Gestalt Christies.
Ihr Notruf, in den Tagen stets um die Mittagszeit gerufen, blieb erfolglos. Andere Stunden, bei Tag, bei Nacht, soweit es anging, hatte sie benutzt, erfolglos. Die Sendeenergie zu schwach? Nicht anders konnte sie es sich erklären. Die vierte Nachmittagsstunde. Ein letzter Versuch. Sie blickte auf die Armbanduhr. Halb vier. Zu früh! Sie wandte sich zu dem schmalen Pfad, der zum Rand der Klippen führte, schritt ihn empor.
Ihr Blick flog über die weite wüste Wasserfläche. Kein Schiff, so weit ihr Auge schaute. Hier, abseits von allem Verkehr… nur ein Schiff, das der Sturm verschlagen, konnte hier vorüberkommen. Und wenn es käme? Und wenn es glückte, sich ihm durch Winken bemerkbar zu machen? Es bestand keine Möglichkeit, die Insel zu betreten. Nach allen Seiten reckten sich die Korallenriffe steil, unbesteigbar in die Höhe.
Aber die Seeräuber? Wie kamen die an Land, in die Lagune? Mit eigenen Augen hatte sie das U-Boot der Räuber mitten aus der Lagune auftauchen sehen, wieder Niedertauchen zu neuer Fahrt. Irgendwo in dem Korallenkranz des Atolls mußte eine unterseeische Durchfahrt sein. Aber wo?
Wo war diese? Wie oft hatte sie zur Nachtzeit in der Lagune gebadet, war als geübte Taucherin unter Wasser an den Wänden entlanggeglitten. Nie hatte sie den unterirdischen Paß gefunden. Und hätte sie ihn erfunden, was hätte es ihr geholfen? Draußen um den Kranz eine wilde Brandung, dahinter die unermeßliche Ode des Ozeans. Sie schritt zurück, mutlos, niedergedrückt. Kaum noch ertrugen ihre Nerven dieses qualvolle Warten. Einmal mußte sie hier wegkommen, weggeführt werden von dem, der sie raubte. Woandershin, wo die Gelegenheit zur Flucht vielleicht günstiger wäre.
Sie kam zur Hängematte, legte sich hinein, das kleine Mikrofon im Taschentuch. Sprach mutlos, hoffnungslos den ewigen Notruf. Und dann! Ihr Körper schnellte empor.
»Hier Uhlenkort«, die Antwort. Atemlos sank sie zurück, suchte nach Worten. Eine fremde Stimme rief ihr Antwort. Die Laute klangen verwirrt. Kaum, daß sie den Sinn verstand. »Weitersprechen! Peilen. Gut Freund hier.«
Sie preßte die Hand aufs Herz. Der unverhoffte Erfolg verwirrte, betäubte sie.
»Weitersprechen!« Immer wieder klang die Weisung an ihr Ohr.
»Weitersprechen, damit ich peilen kann.« Sie raffte sich zusammen. Alles, was sie in langer Beobachtung festgestellt, sprachen ihre Lippen in das Mikrofon. Sie sprach, sprach weiter, immer wieder ermutigt durch die Antwort von da drüben: »Gut! Gut! Weitersprechen.« Sie merkte es nicht, daß ihre Stimme lauter und lauter wurde, daß sie, in der Erregung alles vergessend, die Worte, die sie sprechen wollte, schrie. Merkte es nicht, daß der Offizier der Besatzung am anderen Ufer der Lagune aufmerksam wurde durch den Schall, der sich dort an den Wänden brach… Daß er um das Wasser herum schritt… auf sie zu. Der weiche Sand dämpfte seine Schritte. Die Hand, die Taschentuch und
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