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Attila - Die Welt in Flammen

Attila - Die Welt in Flammen

Titel: Attila - Die Welt in Flammen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Napier
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ein?»
    «Genug für einen, der nur Wasser trinkt.» Dann wandte Sabinus seine Aufmerksamkeit dem anderen Mann zu, der sich still im Hintergrund hielt, und bedeutete ihm vorzutreten.
    Ein prächtiger Mensch mit olivenfarbiger Haut, groß und schlank, mit kerzengerader Haltung, die seine Körpergröße noch mehr zur Geltung brachte. Ein Orientale, keine Frage. Am Gürtel ein Langschwert in einer Damaszenerscheide. Er hatte glatte, ebenmäßige Züge und eine kühn vorspringende Adlernase, sein schwarzes Oberlippenbärtchen war penibel gestutzt und eingeölt, kurzum, er gab eine durch und durch aristokratische Erscheinung ab.
    «Und du? Wer bist du?»
    «Graf Grigorius Khachadour Arapovian», erwiderte der Neuankömmling würdevoll.
    Faustriemen hinter ihm prustete abschätzig.
    «Ruhe, Soldat», blaffte Sabinus ihn an und fixierte den Mann aufmerksam. «Armenier?»
    «Armenien war das Land meiner Geburt und die Heimat von sechzig Generationen meiner Vorfahren seit den Tagen Adams. Jetzt aber habe ich keine Heimat mehr. Sie hat ihre Seele an den Meistbietenden verschachert. Heute streite ich nur noch für Christus, meinen Herrn.»
    «Heiland!», entfuhr es Sabinus.
    «Für keinen anderen», bestätigte der Armenier ernst.
    «Schön», sagte Sabinus, «ihr seid beide rekrutiert. Wir brauchen jeden Mann, den wir kriegen können. Fürs Erste bist du mit ihm zusammen für den Nachschub eingeteilt, auf dem Südwall. Also, an die Arbeit.»
    Arapovian würdigte Faustriemen keines Blicks, sondern erklärte schlicht: «Mit diesem rülpsenden Ochsen wünsche ich nichts zu tun zu haben. Er verursacht mir Ekel.»
    «Ihr beide kennt euch?» Sabinus musste lachen. «Lass mich raten, ihr habt zusammen Wein geschmuggelt? Ihr wart Geschäftspartner?»
    «Kein einziger Sohn aus dem Geschlecht der Arapovians hat sich in sechzig Generationen jemals die Hände mit Handel schmutzig gemacht», stellte der Armenier kühl fest. «Ich habe mich von diesem Vieh bloß ein Stück Wegs mitbefördern lassen. Eine halbe Nacht nur habe ich in seiner Gesellschaft verbracht, bis unsere Wege sich wieder trennten. Aber das hat vollauf gereicht, in mir den Wunsch zu nähren, diesen Kerl niemals wiederzusehen.»
    «Was stimmt denn nicht mit ihm?»
    Der Armenier schürzte die schmalen Lippen. «Er ist ein Affe.»
    Sabinus warf einen raschen Blick auf Faustriemen. «Du schmeichelst ihm.»
    Arapovian lächelte nicht. Er sah regelrecht gequält aus.
    Sabinus aber grinste inzwischen breit. «Genug davon. Ihr zwei bildet ein Gespann. Und jetzt an die Arbeit.»
    Zögernd, sichtlich in seiner Würde gekränkt, drehte Arapovian sich um und ging die Treppe hinab. Faustriemen trottete ihm nach.
    «Das war kein Fahnenflüchtiger», bemerkte Sabinus über die Schulter hinweg zu Tatullus. «Du weißt, wie eine tatsächliche Fahnenflucht aussieht. Das war ein Rückzug.»
    Der Zenturio blieb unerbittlich. «Ihm war kein Befehl zum Rückzug erteilt worden.»
    «Weil es keine Rückzugsmöglichkeit gab. Genau wie jetzt und hier.»

4. ZEHNTAUSENDE
    I m Turm am Südtor schleppten Faustriemen und der Armenier Steinbrocken von je hundert Pfund Gewicht die schmale Treppe hinauf. Nachdem sie oben angelangt waren und ihre Last abgesetzt hatten, wischte sich Letzterer den Schweiß aus den fein geschwungenen Augenbrauen und ließ seinen Blick zu den Bergen hinüberschweifen, die sich geisterhaft unter dem aufgehenden Sommermond abzeichneten.
    «Dass ich, Grigorius Khachadour Arapovian, Sohn des Grigorius Nubar Arapovian, wiederum Sohn des Grigorius Ardzruni Arapovian, eines Tages einmal Steine schleppen würde wie ein Sträfling! Zusammen mit einem Bauern, der nicht einmal weiß, wer sein Vater war.»
    Beleidigungen prallten an Faustriemen freilich ähnlich wirkungslos ab wie an einem Steinklotz. «Schon richtig», brummte er und wischte sich das Gesicht in der Achselhöhle trocken. «Aber dafür weiß ich, dass meine Mutter eine Hure war. Und auch die Tochter einer Hure, entsprossen einer langen, sechzig Generationen zurückreichenden Linie überaus geschätzter Huren aus dem Rheinland.» Er rülpste und grinste dann.
    Arapovian lächelte nicht.
    * * *
    Sabinus streifte im Dämmerlicht an den Zinnen des Kastells entlang und starrte unruhig hinaus in die sich vertiefende Dunkelheit. Margus, knapp über dem Horizont, brannte nach wie vor; Flammen loderten, Rauch quoll in Schwaden empor, und der orangerote Feuerschein dieses mörderischen Infernos vermählte sich mit dem letzten

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