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Attila - Die Welt in Flammen

Attila - Die Welt in Flammen

Titel: Attila - Die Welt in Flammen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Napier
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eine Möglichkeit, das wussten sie beide.
    Schließlich lehnte Sabinus sich wieder zurück. «Also gut. Wir bleiben hier im Kastell. Wir halten sie in Schach und warten, bis sich die Kunde von der Lage hier bis nach Marcianopolis verbreitet hat, was nicht lange dauern dürfte. Und dann rückt auch schon die Feldarmee heran. Sobald die hier sind … löschen wir sie aus.»
    «Kinderspiel», sagte Tatullus.
    Sabinus sah seinen Zenturio von der Seite an. Es war unmöglich, aus seiner Miene schlau zu werden.
    * * *
    Der Legat nahm oben auf der Turmplattform im Stehen ein leichtes Abendessen zu sich. Brot, Linsen, ein paar Scheiben Täubchenbrust. Kein Alkohol. Nicht heute Abend.
    Er zermarterte sich das Gedächtnis nach dem Namen, aber er wollte ihm nicht einfallen. Gerüchte gab es jede Menge. Kaiser Valentinians furchterregende alte Mutter, Galla Placidia – zugleich die Cousine des oströmischen Kaisers –, hatte angeblich immer eine Schwäche für die Hunnen gehabt, so hieß es.
    Und ihr Heermeister – natürlich
des Kaisers
Heermeister –, General Aëtius, sprach sogar Hunnisch, neben einigen anderen Sprachen. Er hatte als Junge eine Zeit lang bei diesem Volk gelebt. Früher einmal waren sie sogar Verbündete gewesen, aber damit war es längst vorbei. Nunmehr hatten die Hunnen Rom bittere Feindschaft geschworen, darauf sollte Rom sich wohl besser einstellen.
    Wie hieß nochmal ihr Anführer?
    Er schickte einen jungen Offizier in sein Büro, um den Schriftwechsel herauszusuchen.
    * * *
    Genau, das war es. Sabinus schlug mit der flachen Hand auf das Dokument. Der neue Kriegsherr des Hunnenvolkes.
    Sein Onkel, Ruga, war ein Säufer und willfähriger Klient Roms gewesen, und alles deutete darauf hin, dass sein ältester Neffe, Bleda, ihn als ebenso trinkfreudiger und serviler Nachfolger beerben würde. Dann tauchte auf einmal ein jüngerer Bruder aus der Wildnis auf. Dreißig Jahre lang war er verschollen, in Rom oder Ravenna aber anscheinend bis heute unvergessen. Damals, zu Honorius’ Zeiten, hatte man ihn als Gefangenen – oder als Geisel vielmehr – in der Hauptstadt gehalten, im Kaiserlichen Palast selbst. Nach wiederholten Fluchtversuchen gelang es ihm schließlich tatsächlich, zu entkommen und sich inmitten der schlimmsten Wirren während des Goteneinfalls in Italien nach Norden durchzuschlagen. Listig entzog er sich allen Versuchen seiner Häscher, ihn wieder einzufangen, der kleine Racker, und kehrte in seine Heimat zurück. Sabinus erinnerte sich dunkel an die Geschichte. Der Knabe war gerade einmal zehn oder zwölf Jahre alt, als ihm das geglückt war. Die Kaiserinmutter, so hieß es, dachte bis heute voll Bitterkeit an ihn zurück, wünschte ihm noch immer den Tod. Und auf die eine oder andere Weise, irgendwie, war der alte Trunkenbold Ruga ihn hilfsbereiterweise losgeworden, für ein paar Fässer billigen Weins vermutlich.
    Aber nicht für immer, wie es aussah.
    Jetzt war er zurück, und nach all den Jahren offenbar kein bisschen milder gestimmt. Nach Aussage von Spionen hatte er umgehend erst seinen Onkel und dann seinen Bruder umgebracht, sich selbst zum König gekrönt, aus der gottverlassenen Wildnis eine ganze Horde verschiedenster Stämme unter seiner Führung vereint und war an der Spitze dieser Völkerschar dann über die Karpaten zurück in die alten Weidegründe der Hunnen nördlich der Donau gezogen. Eine bewusste Provokation. Und Valentinian hatte den Köder geschluckt und eine Strafaktion angeordnet. Eine Idee, der Theodosius zugestimmt hatte. Esel, alle beide. Valentinian dumm und verdorben, Theodosius nur dumm. Und ihre größte Dummheit überhaupt bestand darin, dieses Volk, das eine latente Gefahr für Rom darstellte, so lange Sabinus zurückdenken konnte, zu unterschätzen. Nun blieb es der Siebten überlassen, die Angelegenheit zu bereinigen.
    Alles wie gehabt also. Könige und Kaiser begingen leichtfertig die dümmsten Eseleien, und ihre Soldaten durften die Suppe am Ende auslöffeln.
    Sabinus gönnte sich einen letzten großen Bissen Brot.
    Nächtliches Dunkel senkte sich herab.
    Attila. Das war sein Name.
    Am Himmel im Westen loderten weiterhin Flammen.

5. GNADE UND SCHRECKEN
    I n einer Mulde in den Bergen drängten sich kauernd einige Dutzend versprengte Flüchtlinge zusammen. Sechs oder sieben Familien, Kinder und Kleinkinder, Hunde, ein Zicklein, ein einzelner Handkarren, beladen mit Hausrat, hauptsächlich Küchengerätschaften, die man in der Panik und

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