Auch Frauen wollen nur das eine
Wehrpflicht hätte nie abgeschafft werden dürfen. Dennoch, typisch für die britische Heuchelei, schauten sich dieselben Väter Up Pompeii! an. Zumindest in diesem Punkt konnte man die Jungs von den Mädchen unterscheiden. Aber die Erwachsenen verstanden immer alles falsch. Wenn eine dreizehnjährige Jungfrau wie ich wusste, dass Alice Cooper unverhohlen und auf gefährliche Weise heterosexuell war, wieso wussten das dann meine Eltern nicht? Glaubten sie wirklich, seine Band aus dreckigen Truckern bestand nur aus Schwuchteln, bloß weil sie lange Haare hatten?
Von meinem Standpunkt aus – in meinen Plateauschuhen und Wildleder-Hotpants – sah es so aus, als hätten die Kids den Durchblick. Die Luft knisterte überall von dem Gerede von Revolution: in der Gesellschaft, am Arbeitsplatz, in den Schulen und Colleges – und ich wollte meinen Anteil davon haben. Ich wollte nicht, dass meine Zukunft nur das Abbild von der Plackerei wurde, die die Frauen aus der Generation meiner Mutter auszuhalten hatten. Mir war klar, dass mein Leben anders sein könnte. Ich nahm mir vor, die Kontrolle über meine Wünsche zu bekommen und all die Möglichkeiten der modernen sexuellen Beziehungen zu erforschen, über die ich in Magazinen las. Andere Quellen waren das Fernsehen oder die Popmusik. Ich konnte es gar nicht abwarten, erwachsen zu werden.
Bilder, auf denen Männer zu sehen waren, übten zu jener Zeit wenig Faszination auf mich aus (in Wirklichkeit war es fast unmöglich, übermäßig sexualisierte Bilder von Männern zu bekommen). Doch von bestimmten Bildern, die einen gewissen Typ Frau zeigten, war ich fasziniert. Man kann sagen, dass ich von einem Schwarm üppiger weiblicher Schönheiten genauso besessen war wie jeder masturbierende Junge meines Alters. Ob es nun die Bond-Girls waren, Supermodels der 70er oder die lüsternen Vampirfrauen aus den Filmen der Hammer-Studios, ich konnte sie mir stundenlang anschauen und projizierte meine Wünsche und Sehnsüchte auf diese übertrieben potenten Ikonen der Weiblichkeit.
Ich wusste, dass sexy Frauen mächtig waren und einflussreiche Frauen sexy daherkamen. Also wollte ich auch so sein und dieselbe Machtfülle besitzen; ich freute mich auf eine aufregende Welt, in der die Erwachsenen ihren Spaß hatten. Als ich dann alt genug war, an diesem Spaß teilhaben zu können, musste ich feststellen, dass es engstirnige Ansichten darüber gab, welche Arten der Sexualität erlaubt waren. Man musste körperlich beeindruckend sein und eine nicht bedrohliche Persönlichkeit besitzen; deine sexy Ausstrahlung musste für Männer genießbar sein. Wenn sie nicht dem Ideal der Weiblichkeit entsprach, die angesagt war – oder wenn du unsicher warst, ob du lesbisch oder hetero warst –, dann war es besser, die sexy Ausstrahlung für dich zu behalten. Wir hatten vielleicht sexuelle »Freizügigkeit«, aber den Briten war immer noch nicht wohl bei dem Gedanken, die sexuelle Vielfalt auszuleben. Vielfalt bedeutete Subversion … und Perversion.
Im Arbeitermilieu, in dem ich aufwuchs, wurden Single-Mädchen, die Sex mochten, als »Nutten« bezeichnet. Vorstellungen von weiblicher Emanzipation waren damals noch nicht im allgemeinen Vokabular, und wenn man offen über die eigene Sexualität sprach, machte man sich lächerlich oder zog Zorn und Verachtung auf sich. Mir wurde eingebläut, ich könne kein aktives Sexleben führen, ohne ausgenutzt zu werden. Aber gleichzeitig bestand ich darauf, das Verlangen einer Frau gehe niemanden etwas an, es sei denn, die Frau wollte es so. Wie viele andere Teenager stieß ich zufällig auf Pornohefte, aber nachdem die erste Reaktion abgeebbt war – und wir über etwas Unanständiges gelacht hatten –, fühlte ich mich betrogen: Ich hatte das Gefühl, meinem Geschlecht sei es nicht erlaubt, an der aufregenden Welt der Erwachsenen und ihrem Spaß teilzuhaben. In den 70ern waren die Frauen im Bereich der sexuellen Erregung unterversorgt: Feministinnen glaubten, der Gedanke sei ein falsches Bewusstsein, und Männer fürchteten sich davor. Niemand wagte sich in die Nähe oder traute sich, darüber zu diskutieren, was es auf sich hatte. Die neue angesagte und ironische Fotografie in den Pornoheften jener Zeit – und die Mentalität, die diesen eingeschlechtlichen Zeitvertreib durchdrang – war allein den Männern vorbehalten. Die Vorstellung, dass Frauen etwas für sich selbst produzierten, sollte sich erst fünfzehn Jahre später durchsetzen.
Obwohl der Feminismus
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