Auf dem Maniototo - Roman
ich dann Himmel und Erde nach Engeln abgesucht und keine gesehen oder gehört hatte, beschloss ich, das, was ich mir einbildete, als Tatsache zu verkünden, und schließlich glaubte ich an meinen eigenen Glauben und konnte, zur großen Freude meines Vaters, zur christlichen Religion zurückkehren.
‹Nicht jeder ist auserwählt›, sagte Vater. Wie stolz er auf mich war!
Ich habe gesagt, dass ich ein Mensch ohne Geheimnisse bin. Ich sollte hinzufügen, dass das einzige Geheimnis, das ich vor den meisten Menschen verberge, die Tatsache ist, dass mein Leben der Schatten einer ganz normalen, gut dokumentierten Wirklichkeit ist. Ich bin das, was die Gelehrten eine ‹Person aus dem Lehrbuch› nennen. Es gibt solche Menschen; häufig werden sie auf physiologische Weise ermittelt – ihre Gehirnströme fließen in exakten Mustern, ihr Pulsschlag liegt genau im Mittelwert, ihr Kardiogramm zeigt das Schlagen eines ‹Lehrbuchherzens› an. Sogar mein Name beschreibt mich, wenn er mechanisch im Funkverkehr verwendet wird – ‹Roger over and out›, ‹Come in Roger›. Ich bin der ‹typische› freie Journalist mit einer Frau und zwei Kindern; erfolgreich mit meinen Artikeln über Kricket, Musik und Religion. Die kleine Auflage meines Buches
Der Prestwick-Report über den Musikunterrichtin Neuseeland
wurde zur Gänze verkauft, hauptsächlich in Neuseeland. Ich kann sagen, dass ich mich wieder mit Musik beschäftigte, als mir klar wurde, dass Musik und Kricket ‹zusammenpassten›, und in Anlehnung an einen weiteren dieser selten bestrittenen Lehrsätze, nämlich ‹Schach und Musik passen zusammen›, erweckte ich mein Kindheitsinteresse am Schachspiel zu neuem Leben. Meine Rückkehr zur Musik gefiel meiner Mutter, ebenso wie es ihr, so glaube ich, gefiel, als mein Leben die drei gesellschaftlich anerkannten, traditionellen Stadien Kindheit, Jugendzeit und Mannesalter durchlaufen hatte. Journalist wurde ich jedoch, um mir selbst zu gefallen, und nicht, um in ein Muster zu passen, ein Journalist mit besonderem Interesse für ungewöhnliche Menschen, Orte und Ideen, der das Klischee der Masse auf indirektem Wege hinter sich ließ, indem er sich dem Individuum zuwandte und innerhalb des breiten Spektrums der Konventionen zu einem konventionellen Exzentriker wurde. In den letzten Jahren verbrachte ich einige Zeit in Europa und Asien, und Doris und ich nahmen die Einladung der Garretts zu einem Besuch an, bei dem ich die Erforschung der Wüste erproben wollte. Vielleicht hat Doris dir schon erzählt, dass ich beabsichtige, nächstes oder übernächstes Jahr allein eine der großen Wüsten der Erde zu durchqueren. Du wirst zugeben, dass es sich dabei um ein konventionell-exzentrisches Unterfangen handelt. Ich war noch nie in einer Wüste. Ich werde kurz eine in Kalifornien aufsuchen, um einen echten Vorgeschmack davon zu bekommen, nachdem ich darüber viel gelesen und gehört, Filme gesehen und geträumt und immer wieder davon geträumt habe.
Mein Aufenthalt in Neuseeland, bei dem ich Doris kennenlernte und heiratete, war ein Höhepunkt meines Lebens. Ichliebte die grüne Landschaft, diese Wälder, die nicht das unschuldige Kindheitsgrün unserer Frühlingswälder haben mit ihren Wolken aus seidigen Espen, umnebelten Eichen und Birken mit frischen hellgrünen Blättern, deren Oberfläche feucht ist. Doch unsere englischen Bäume gedeihen dort prächtig, fühlen sich zu Hause im Schatten der schneeblauen Bergspitzen und Gletscher und in den parkähnlichen Gärten, die jede Stadt mit so großem Stolz anlegt und pflegt, und sei es nur (vielleicht halten Sie mich jetzt für sarkastisch) in der Hoffnung, dass Ihre Königliche Hoheit bei einem Besuch gnädigerweise Orchideen und Begonien aus den Gewächshäusern als Geschenk entgegennimmt. In einem weitgehend konservativen, extrovertierten Land, wo man sein Leben draußen mit Sport, Rasenmähen, Anstreichen, Segeln und Heckenschneiden verbringt und drinnen mit Fernsehen oder Nähen, werden etliche städtische Träume genährt, zum Beispiel jener von den preisgekrönten, unter Glas gezüchteten tropischen Blumen, von Wüstenpflanzen, der ganzen phantastischen Vegetation von anderswo; und so birgt jede Stadt ihre klimatischen Gefahren, ihre verhängnisvollen Schwächen; das Fremde, Verdächtige, Beneidete, Ersehnte und Verbotene. Wie arm wären diese Städte doch ohne ihre Gewächshäuser! Ich entsinne mich, einen Artikel für meine Zeitung geschrieben zu haben,
Der
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